Portrait von Frank Junge
Frank Junge
SPD
100 %
22 / 22 Fragen beantwortet
Frage von Alexander K. •

Wie möchten Sie die Ambitionslücke im Klimaschutzgesetz schließen (zwischen erlaubtem THG Ausstoß bis 2045 und Überschreitung der 1,5-Grad-Grenze des Pariser Abkommens bis 2030)?

Sehr geehrter Herr Junge,

nach der Sommerpause soll der Bundestag noch über die Entkernung des Klimaschutzgesetzes abstimmen. In der neuen Vorlage geht es u.a. um die Aufhebung der jährlichen Sektorenziele.
Wie soll Ihrer Meinung nach das 1,5 Grad Limit von Paris, dem Ihre Partei ja auch zugestimmt hat, eingehalten werden, wenn

a) das künftige KSG noch weicher formuliert wird als das aktuelle KSG
und
b) das aktuelle KSG schon nicht ausreicht, weil es noch bis 2045 erlaubt Treibhausgase auszustoßen, während wir die maximalen 1,5 Grad wahrscheinlich bis 2030 überschreiten werden?

https://www.mcc-berlin.net/forschung/co2-budget.

Portrait von Frank Junge
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihre Nachricht und die Nachfragen zum Klimaschutzgesetz, auf die ich gern antworte.

Entgegen der vielfach erhobenen Behauptung, die Sektorziele würden dadurch abgeschafft werden, haben wir ihre Beibehaltung vereinbart. Wir müssen aber anerkennen, dass die Pflicht bei Zielverfehlung jährlich neue Programme in einzelnen Sektoren aufzulegen, nicht automatisch zur Einhaltung unserer Klimaziele führt. Insbesondere im Gebäude- und Verkehrsbereich sind neben kurzfristigen Maßnahmen insbesondere auch mehrjährige Programme erforderlich, die erst im Laufe der Jahre ihre Wirkung entfalten können. Deshalb wollen wir das Klimaschutzgesetz weiterentwickeln und besser machen.

Das Bundes-Klimaschutzgesetz hat das Ziel, bis zum Jahr 2045 Treibhausgasneutralität in Deutschland zu erreichen. Im Koalitionsvertrag haben die Koalitionspartner vereinbart, das Klimaschutzgesetz weiterzuentwickeln. Die nun vorliegende Novelle des Gesetzes entspricht dem Koalitionsvertrag und den Beschlüssen der Ampelkoalition für ein Modernisierungs- und Klimaschutzpaket vom 28. März 2023. Mit dem neuen Klimaschutzgesetz wird eine zukunftsgewandte, mehrjährige und sektorübergreifende Gesamtrechnung ausschlaggebend für weitere Maßnahmen zur Verminderung der Treibhausgasemissionen. Im Mittelpunkt stehen nicht länger die Zielverfehlungen in der Vergangenheit. Vielmehr soll der Blick in die Zukunft ermöglichen, dass bereits bei absehbaren Schwierigkeiten bei der Zielerreichung gegengesteuert werden muss. Klar ist: Durch die Reform darf nicht eine Tonne mehr CO2 ausgestoßen werden als mit dem bisherigen Gesetz. Die Gesamtemissionsmengen gelten und müssen von 2021 bis 2030 über alle Jahre hinweg in der Summe eingehalten werden. Das Niveau der Klimaschutzanstrengungen bleibt damit gleich, bei der Auswahl der Maßnahmen wird mehr Flexibilität geschaffen. Indem die Emissionen insbesondere dort gemindert werden, wo die größten Einsparpotentiale vorhanden sind, können die Klimaziele in Gänze schneller und volkswirtschaftlich effizienter erreicht werden.

Das neue Klimaschutzprogramm bündelt alle Maßnahmen zur Erreichung der nationalen und europäischen Klimaschutzziele. Viele davon sind mitten im Prozess oder schon umgesetzt: der schnellere EE-Ausbau, das Deutschlandticket und das Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz. Das GEG, die Klimaschutzverträge für die Industrie, sowie die CO2-orientierte LKW-Maut sind ebenfalls auf den Weg gebracht. Auch auf EU-Ebene haben wir viel erreicht: Deutschland war maßgeblich an der ambitionierten Ausgestaltung des Fit-for-55 -Pakets beteiligt. Die strukturellen Weichen für die Dekarbonisierung sind in allen wichtigen Sektoren – Energie, Industrie, Gebäude, Verkehr –gestellt. Berechnungen für den diesjährigen Projektionsbericht zeigen: Seit dem Jahr 2021 gibt es deutliche Fortschritte in der Klimaschutzpolitik. Die Klimaschutzlücke (kumulierte Emissionsverfehlung bis 2030) betrug zu Beginn dieser Legislaturperiode über 1100 Mio. t. CO2- Äquivalente. Unterstellt man nur alle bereits beschlossenen Maßnahmen sinkt die Klimaschutzlücke um 70%. Berücksichtigt man auch die politisch vereinbarten Maßnahmen, verkleinert sich die Klimaschutzlücke bis 2030 auf etwa 200 Millionen Tonnen – also um bis zu 80 Prozent. Das heißt, 70% aller Emissionen, die es in den kommenden 7 ½ Jahren zu verringern gilt, sind schon heute mit umgesetzten Maßnahmen unterlegt. Für weitere 10 Prozent sind Maßnahmen politisch vereinbart, die jetzt konsequent umgesetzt werden müssen. Deutschlands selbstgestecktes Klimaziel – alle Klimagasemissionen bis 2030 gegenüber 1990 um 65% zu reduzieren – ist damit endlich in Reichweite gerückt.

Wir werden bei dem nun anstehenden Gesetzgebungsverfahren genau darauf achten, dass das von uns auf den Weg gebrachte Klimaschutzgesetz nicht verwässert, sondern sogar besser als bisher wird. Zugleich müssen wir uns als Politik dafür einsetzen, dass die Veränderungen von der Gesellschaft mitgetragen werden und sowohl für Privathaushalte als auch Unternehmen finanziell tragbar sind.

 

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Zeilen näherbringen, warum die Änderung des Klimaschutzgesetzes notwendig ist und wie wir dabei Verbesserungen für die Einhaltung der Klimaziele auf den Weg bringen.

 

Mit freundlichen Grüßen

Frank Junge

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Frank Junge
Frank Junge
SPD