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Frank Hiemer
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Frage von peter k. •

Frage an Frank Hiemer von peter k. bezüglich Soziale Sicherung

Hallo,

mir geht es in Jenfeld gut, ich fühle mich wohl, wir haben keine Probleme. Ich denke hier an andere.

Es gibt in Jenfeld viele, die im Dunklen leben und die den Sozialhilfestatus schon in 2. und 3. Generation vererben. Der Fall Jessica hat uns gezeigt, wie die soziale Entwürdigung zur Abstumpfung und Gleichgültigkeit sogar gegenüber eigenen Kindern führen kann.
Jeder ist verantwortlich für das, was er tut. Nicht jeder ist stark genug diese Verantwortung ein Leben lang zu tragen und versagt.

Die Leidensgeschichte der Jessica ist dennoch jenfeldtypisch, sie käme in Volksdorf oder Pöseldorf nicht vor. Die Wohlstandsverwahrlosung von Kindern sieht ganz anders aus als die Armutsverwahrlosung. Die einen werden nicht geliebt, aber fremdbetreut, die anderen werden geschlagen oder sterben.

Meine Frage: Können Wahlen etwas daran ändern? Wollen Grüne etwas daran ändern? Wäre für die Beschaffung von mehr Arbeitsplätzen und damit für eine geregeltes soziales Leben eine deutliche Arbeitszeitverkürzung von Vorteil? Streben Grüne das an?

Mit freundlichen Grüßen
Peter Klemm

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Hallo Herr Klemm,

bei Ihrer ersten Frage fällt mir der alte Sponti-Spruch ein : Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie längst verboten!! Ich kann nicht verhehlen, dass ich dafür durchaus Sympathie empfinde, dennoch ist die Wirklichkeit natürlich differenzierter zu sehen.

Die zunehmend größer werdende Schere zwischen Arm und Reich in unserem Land ist ein Skandal. In der Tat haben weder die grün-rote noch die gegenwärtige schwarz-rote Bundesregierung diesen Trend gestoppt sondern eher noch befördert. Die Diskussion über die völlig überzogenen Managergehälter auf der einen und die Auseinandersetzung um Mindestlohn bzw. auskommensfähige Löhne auf der anderen Seite macht deutlich, dass die Menschen diese Entwicklung nicht mehr hinnehmen wollen.

Unter dem öffentlichen Druck - der sich in den bevorstehenden Landtagswahlen durchaus artikulieren kann - scheinen alle Parteien bereit, sich mit dem Problem auseinanderzusetzen. Ich gehe davon aus, dass die GRÜNEN/ GAL im Bund und in Hamburg diese Diskussion aufgreifen und mit eigenen Initiativen unterstützen.
Wahlen können schon etwas ändern, nur muss der gesellschaftliche Druck entsprechend groß und der Wählerwille klar sein.

Zur zweiten Frage: Mit dem Problem der Schaffung bzw. dem Erhalt von Arbeitsplätzen beschäftigen wir uns seit Jahrzehnten. Ich halte es mit der Auffassung: Arbeit ist genug da, sie muß nur anders verteilt - und auch richtig bezahlt werden. In meiner kommunalpolitischen Praxis treffe ich immer wieder Menschen, die gesellschaftswichtige Arbeiten (Soziales, Kultur, Landschaft) anbieten, mangels Finanzierung aber nicht ausüben können.

Eine Arbeitszeitverkürzung ist im Moment nicht in der öffentlichen Diskussion. Seit einigen Jahren geht der Trend leider in die andere Richtung und dann bekanntlich allzu oft auch noch unbezahlt. Ich bin davon überzeugt, dass wir zumindest wieder zu den Standards der 35-Stunden-Woche zurückkehren müssen. Meine persönliche Unterstützung dafür hätten Sie.

Eine Anmerkung noch zu Jessica: Ich glaube nicht, dass der Fall jenfeldtypisch ist. Die Eltern sind m.E. wegen Totschlag oder Mord verurteilt worden. Dies hätte in jedem anderen Stadtteil Hamburgs passieren können. Zugegeben, die Abstumpfung und Gleichgültigkeit gegenüber eigenen Kindern oder Familienangehörigen geht allzu oft her mit einer fehlenden Lebensperspektive der Menschen. Und diese fehlt in benachteiligten Stadtteilen zunehmend.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Frank Hiemer