Frage an Florian Streibl von Ralph L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Streibl
Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinen Entscheidungen vom 21.7.2000 und 27.11.2007 den Kreis von Fraktionsfunktionsträgern, die Zulagen aus dem Fraktionshaushalt erhalten dürfen, sehr eng gezogen und auf die Fraktionsvorsitzenden und DEN Parlamentarischen Geschäftsführer, also einen, beschränkt. In der Rechnungslegung 2017 für die Landtagsfraktionen (Drs. 17/23044) wurde erstmals der Kreis der Empfänger von Fraktionszulagen näher bezeichnet. Insgesamt gibt Ihre Fraktion 93.000 EUR oder 2.1 Prozent hierfür aus.
Dabei fällt auf, dass 5 Funktionsträger (29.4% der Fraktionsmitglieder) Zulagen durch Ihre Fraktion erhalten. Darunter befinden sich auch Stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden.
Wie lässt sich diese Praxis Ihrer Fraktion mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts vereinbaren und planen Sie hier, diese Praxis zu ändern?
Darüber hinaus fällt auf, dass der Fraktionsvorsitzende eine Fraktionszulage in Höhe von fast 63 Prozent der regulären Diät erhält. Wonach berechnet sich diese Zulage wie auch die anderen Zulagen, die Ihre Fraktion zahlt?
Sehr geehrter Herr L.,
Wir halten die derzeitige Praxis für zulässig. Zur Frage, ob Zulagen für Abgeordnete in Führungspositionen zulässig sind, hat der Landtag bereits 2012 ein Rechtsgutachten des früheren Bundesverfassungsrichters Professor Dr. Udo Steiner aus Regensburg eingeholt. In diesem Gutachten kommt Prof. Steiner zu dem Schluss, Funktionszulagen seien ein legitimer Ausgleich für den höheren Zeitaufwand, den Zuwachs an Pflichten und eine gesteigerte politische Verantwortung in der Fraktion, zwischen den Fraktionen sowie innerhalb und außerhalb des Parlaments. Zulagen seien außerdem geeignet, Nachteile auszugleichen, die sich für Abgeordnete in hervorgehobener Position ergeben könnten: geringere Präsenz in den Wahlkreisen zum Beispiel oder der Wegfall von Einkünften aus erlaubter Berufstätigkeit. Die Zulagen erleichterten es der Fraktion außerdem, diejenigen Abgeordneten in besondere Positionen zu wählen, die sie für diese Aufgabe gewinnen möchten. Eine Fraktion brauche Funktionsträger, um eine effektive und sachgerechte parlamentarische Arbeit unter den politischen Gegebenheiten der Gegenwart leisten zu können. Das sei für die Funktionsfähigkeit der Fraktionen und damit des Parlaments unabweisbar. Im Rahmen der Fraktionsautonomie könnten sie ihre Aufgaben und ihre Arbeit funktionsgerecht organisieren und die jeweiligen Besonderheiten berücksichtigen. Das Gutachten finden Sie auf der Seite des Landtags.
Die Zulagen der Fraktion wurden seit 2008 nicht mehr erhöht. Sie betragen seitdem für den Fraktionsvorsitzenden 3.000 € (1/2 Diät Stand 2008 abgerundet auf 1.000erBeträge), den Parlamentarischen Geschäftsführer 2.000 € (1/3 Diät Stand 2008 abgerundet auf 1.000er Beträge) und die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden 1.000 € (1/6 Diät Stand 2008 abgerundet auf 1.000er Beträge).
Insofern halten wir es derzeit für nicht erforderlich, die Höhe der Zulagen (insbesondere im Vergleich zu den anderen Fraktionen des Bayerischen Landtags) abzuändern.
Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Streibl, MdL