Frage an Florian Pronold von Dominik H. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Pronold,
die Geschäftspolitik der Bayerischen Landesbank hat dazu geführt, dass sich der Freistaat Bayern in ungeheurem Maß verschulden muss. Bayern hat für die Bank bereits neue Schulden in Höhe von 10 Mrd. Euro aufgenommen und darüber hinaus Garantien über rund 5 Mrd. Euro zugesichert. Es zeichnet sich ab, dass noch Generationen nach uns mit den Folgen dieser Katastrophe leben müssen.
Deshalb ist es mir als Bürger und Steuerzahler ein Anliegen, zu wissen, was die Rettung der Landesbank mittel- und langfristig kosten wird und wie die Politik in Bayern und im Bund sicherstellen möchte, dass eine finanzielle Katastrophe diesen Ausmaßes bei einer Landesbank nicht mehr passieren kann.
Konkret bitte ich Sie um die Beantwortung folgender Fragen:
- Der Freistaat gibt für die Rettungsaktion der Landesbank auf einen Schlag 20-mal mehr Geld aus, als mit den „schmerzlichen Einsparentscheidungen“ Regierungserklärung von Ministerpräsident Dr. Stoiber im November 2003) in den Jahren 2000 bis 2004 eingespart werden konnte. Wie lässt sich das rechtfertigen?
- Welche jährlichen Kosten, d.h. Zinsen und Gebühren, muss der Freistaat durch die Aufnahme von 10 Milliarden Euro Kredit tragen?
- Wie stellt die Politik auf Bundes- und Landesebene sicher, dass die Bayerische Landesbank künftig nicht mehr Verluste in Milliardenhöhe auftürmt?
- Braucht Bayern eine Landesbank?
Ich möchte Sie bitten, die Fragen zeitnah zu beantworten. Es sind maßgeblich die bayerischen Bürger und Steuerzahler, die für die milliardenschweren Fehler bei der Bayerischen Landesbank einstehen müssen – daraus entsteht auch eine Pflicht für die gewählten bayerischen Volksvertreter im Bundestag, vollständig und rasch zu informieren.
Herzlichen Dank für die Mühe.
Mit freundlichem Gruß
Dominik Heiss
Sehr geehrter Herr Heiss,
vielen Dank für Ihr Schreiben zur Bayerischen Landesbank, in dem Sie eine Reihe von konkreten Fragen stellen. Das Thema BayernLB beschäftigt sowohl die Bundespolitik als auch insbesondere die bayerische Landespolitik seit geraumer Zeit. Aus meiner Sicht stellt sich die Situation folgendermaßen dar:
1. Die BayernLB hat durch das Bayerische Landesbankgesetz einen klaren öffentlichen Auftrag. Nach dem Landesbankgesetz ist sie Staats- und Kommunalbank, Sparkassenzentralbank und sie unterstützt den Freistaat bei der Strukturpolitik. In der Realität hatte sich die BayernLB allerdings unter der Kontrolle eines Verwaltungsrates, der zur Hälfte mit Ministern der CSU-Staatsregierung besetzt war, ohne Kontrollmöglichkeit durch Oppositiuonsparteien im Bayerischen Landtag, über Jahre hinweg von diesem öffentlichen Auftrag immer weiter entfernt. Der Vorstand der BayernLB wollte mit Zustimmung des Verwaltungsrats in erster Linie eine internationale Geschäftsbank sein, die auf den wichtigen Finanzplätzen der Welt vertreten ist und sie wollte dort "das große Rad drehen".
2. Vor diesem Hintergrund hat die BayernLB seit den 90er Jahren, verstärkt ab dem Jahr 2000 in sogenannte ABS-Papiere (forderungsbesicherte Wertpapiere) investiert. Sie hatte ein Volumen von ABS-Papieren von weit über 30 Milliarden € in ihren Büchern. Diese Papiere sind folgendermaßen entstanden: US-amerikanische Hypothekenbanken haben ihre Forderungen gegenüber amerikanischen "Häuslebauern" verbrieft und an andere Institute weiterverkauft. Die amerikanischen Banken haben dabei Kredite an Schuldner vergeben, die in Deutschland nie und nimmer kreditwürdig wären. In Verbindung mit der Überhitzung und schließlich dem Zusammenbruch des US-Mobilienmarktes führte das dazu, dass diese Papiere dramatisch an Wert verloren bzw. überhaupt keinen Marktwert mehr haben.
3. Dieser Sachverhalt wurde vor allem durch den Untersuchungsausschuss zur BayernLB im Bayerischen Landtag, der auf Initiative der SPD-Fraktion eingerichtet wurde, ans Licht gebracht. Der Bericht zu diesem Untersuchungsausschuss, der im Juni 2008 vorgelegt wurde, belegt auch, dass die BayernLB es versäumt hat, sich rechtzeitig von den ABS-Papieren zu trennen, was noch bis Sommer 2007 möglich gewesen wäre. Absolut kritikwürdig, ja fast skandalös ist allerdings, dass der öffentliche Auftrag in der Geschäftspolitik der BayernLB so gut wie keine Rolle gespielt hat und die BayernLB ihr Engagement in den USA, das schließlich in die Katastrophe geführt hat, sogar noch offensiv verteidigt hat.
4. Dass eine Landesbank auf dem US-Immobilienmarkt nichts aber auch rein gar nichts verloren hat, belegt das betriebswirtschaftliche Desaster, das daraus resultiert. Für das Geschäftsjahr 2008 musste die BayernLB Verluste von 5 Milliarden Euro ausweisen. Das ist ohne Beispiel in der Geschichte der Bank. Der Vorstand der BayernLB ist nicht in der Lage eine Prognose für das Jahr 2009 zu geben, das liegt vor allem daran, dass die BayernLB nach wie vor Schrottpapiere mit einem Volumen von knapp unter 20 Milliarden Euro in den Büchern hat.
5. Die Landesbank konnte das Jahr 2008 nur durch massive öffentliche Hilfe überleben. Das Volumen öffentlicher Gelder, mit denen die Landesbank bisher gestützt wird, beträgt 30 Milliarden Euro. Davon sind vom Freistaat Bayern 10 Milliarden Euro in Form von frischem Kapitel direkt an die Bank geflossen. Der Freistaat garantiert weiterhin für Risiken der Bank in Höhe von 5 Milliarden Euro; der Bund hat Garantie von 15 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt.
6. Angesichts der katastrophalen Schieflage sind sich nun auch der von der CSU-Staatsregierung geführte Verwaltungsrat und der Vorstand der Bank klar darüber geworden, dass die Bank nur mit einem soliden und nicht mit einer von Größenwahn geprägten Casinomentalität überleben kann. Das neue Geschäftsmodell, an dem die Bank nun intensiv arbeitet und das auch die EU in Brüssel einfordert, greift Kernforderungen der SPD-Landtagsfraktion auf und orientiert sich wieder verstärkt am öffentlichen Auftrag des bayerischen Landesbankgesetzes. Die Bank will kundenorientierter werden, sieht sich als Finanzierer des bayerischen Mittelstandes, will verstärkt mit den Sparkassen kooperieren und Risikogeschäfte auf internationalen Finanzmärkten künftig nicht mehr betreiben. Der eigentliche Skandal daran ist aber, dass erst Milliarden Verluste eingefahren werden mussten, die letztlich der Steuerzahler bezahlt bis Verwaltungsrat und Management der Bank bereit waren, massive Fehler einzugestehen und die Konsequenzen daraus zu ziehen.
7. Seit 2009 gibt es im Bayerischen Landtag eine "Kommission zur parlamentarischen Begleitung der Krisenbewältigung bei der BayernLB". Diese Kommission ist de facto ein zweiter Verwaltungsrat. Meine Kolleginnen und Kollegen der SPD-Landtagsfraktion setzen sich in dieser Kommission massiv dafür ein, dass die Fehler der Vergangenheit in der Zukunft ausgeschlossen werden und die Landesbank zu einer tragfähigen Geschäftspolitik zurückfindet.
Abschließend muss ich jedoch darauf hinweisen, dass die politische Verantwortung sowohl für das aktuelle Desaster der Landesbank als auch für die Zukunft die CSU-geführte Staatsregierung hat. Gemeinsame Einsicht kann sicher dazu führen, dass die Bank in Zukunft vernünftig arbeitet. In welcher Höhe die fehlerhaften Investments der Vergangenheit in Zukunft noch auf die Bilanzen der Bank und die öffentlichen Haushalte durchschlagen werden, kann nicht prognostiziert werden. Es ist aber zu befürchten, dass die bis jetzt eingefahrenen Verluste und das öffentliche Hilfspaket in Höhe von 30 Mrd. € leider noch nicht das Ende der Fahnenstange ist. Die Verantwortung dafür tragen die, die in der Vergangenheit die Risiken bei der Landesbank angehäuft haben, der von der CSU-Staatsregierung geführte Verwaltungsrat und der Vorstand der Bank. Die SPD-Landtagsfraktion wird sich weiterhin um eine bessere Kontrolle und damit für eine solide und tragfähige Geschäftspolitik bei der BayernLB einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Pronold
Mitglied des Deutschen Bundestages