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Frage von Reinhard L. •

Frage an Florian Pronold von Reinhard L. bezüglich Finanzen

Fragen zum Erbschaftsteuerreformgesetz

1.
Ist die SPD für den Schutz der Familie?
Wenn ja, wieso werden dann Geschwister als "entfernte" Verwandte bezeichnet und sogar wie fremde Dritte besteuert? Ist dies nicht absurd und ein Verstoß gegen Art. 6? Der Bundesrat hat dies in seiner Stellungnahme genauso gesehen, ebenso zahlreiche Experten in der Anhörung vor dem Finanzausschuss. Während der Beratungen haben sich auch wesentliche Teile der CDU/CSU für eine Besserstellung von Geschwistern ausgesprochen. Offensichtlich war nur die SPD strikt dagegen, weil sie um jeden Preis ein Steueraufkommen von 4 Milliarden pro Jahr sicherstellen wollte.
Die Folgen sind erheblich. Will z.B. ein Erblasser seinem Bruder ein Grundstücksteil im Wert von 120.000 € vererben, ohne dass dieser mit Erbschaftsteuer belastet wird, so muss er ihm zusätzlich 43.000 € hinterlassen (163.000 -20.000=143.000, davon 30%=42.900), die dieser dann als Steuer abzuführen hat.
Ist das sozialdemokratische Familienpolitik?

2.
Ist die SPD für eine gerechte Lastenverteilung?
Falls ja, wieso verschont das Gesetz dann große Erbschaften so weitgehend, dass mit hohen Steuersätzen auf kleine Erbschaften zugegriffen werden muss, um das eigentlich recht bescheidene Ziel von 4 Milliarden Aufkommen zu erreichen? Was ist daran gerecht und sozialdemokratisch?
Darf es sein, dass zu den 8% der vom Gesetz insgesamt betroffenen Erbfälle ausgerechnet die mit einem Wert von gerademal über 20.000 € gehören und diese auch noch mit einem Steuersatz von 30% belegt werden, während andererseits Millionenvermögen gänzlich außen vor bleiben?
Ist diese unerträglich ungerechte Ungleichbehandlung nicht ein derart grober Mangel des Gesetzes, dass ein Scheitern vor dem Verfassungsgericht mehr als wahrscheinlich ist? Bis zum Spitzentreffen am 06.11.2008 war doch wohl auch Ihre Partei der Meinung, die Freistellung auch noch der letzten Millionenvilla sei mit der Verfassung nicht vereinbar.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Ley,

vielen Dank für Ihre Fragen zur Erbschaftsteuer, die ich gerne beantworte.

Zu 1.)
Selbstverständlich ist die SPD für den Schutz der Familie. Geschwister werden - zumindest von mir - nicht als "entfernte " Verwandte bezeichnet. Die Entfernung oder Nähe zu seinen Geschwistern wird jedes Individuum selbst festlegen.

An der Zuordnung nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser/Schenker zu den Steuerklassen im Erbschaftsteuerrecht wurde nichts geändert. Schon bisher gab es drei Kategorien: I (Kinder, Ehegatten, Enkel,...), II (Eltern, Geschwister, andere Vewandte), III (alle übrigen Erwerber). Und zumindest darüber wurden bisher keine Klagen laut.
Gegenüber dem alten Recht haben wir aber den Freibetrag für Geschwister auf 20.000 Euro verdoppelt.

Die SPD hat in der Tat und zurecht darauf bestanden, dass die Länder weiterhin ein Aufkommen aus der Erbschaftsteuer in bisheriger Höhe von ca. 4 Mrd. Euro erhalten müssen. Wir waren auch durchaus für eine Besserstellung von Geschwistern gegenüber denjenigen Erwerbern in der Steuerklasse III. Warum wir nicht das Geld hierfür hatten, sollten Sie zuständigkeitshalber diejenigen fragen, die den Villenbesitzern am Starnberger See so vehement einen Dienst tun wollten.

Letzteres gilt auch für 2.)
Es ist unbestritten, dass die SPD alleine eine sozial gerechtere Erbschaftsteuerreform gemacht hätte. Unter den gegebenen politischen Mehrheitsverhältnissen und den Bedingungen der Großen Koalition war -leider- nur dieser Kompromiss möglich - ansonsten hätte die Erbschaftsteuer wegen Verfassungswidrigkeit nicht mehr erhoben werden können. Mit den fehlenden Einnahmen wären die Länder zu weiteren Kürzungen ihrer Ausgaben gezwungen - bei der Bildung und bei der Kinderbetreuung und vielen anderen sozialen Bereichen. Die Folgen insbesondere für sozial schwache Familien wären weitaus schwerwiegender als die Folgen der verabschiedeten Erbschaftsteuerreform.

Mit freundlichen Grüßen

Florian Pronold