Frage an Florian Pronold von Tobias S. bezüglich Energie
Sehr geehrter Herr Pronold,
wie werden Sie bei der beim sogenannten Kohleausstiegsgesetz abstimmen?
Vor allem unter Berücksichtigung des 1,5 Grad-Zieles von Paris, dessen Erreichung sich die Bundesregierung verpflichtet hat?
Warum schließt die Bundesregierung einen öffentlich-rechtlichen Vertrag für den schon jetzt defizitäteren Kohlestrom ab und belastet dadurch die junge Generation der BundesbürgerInnen neben dem erhöhten co2-Ausstoß auch noch finanziell?
Warum überlässt man die Kohlekonzerne nicht den Gesetzten der Marktwirtschaft wie z. B. in Spanien?
https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/klimawandel-spanien-schliesst-heute-die-haelfte-seiner-kohlekraftwerke/25962338.html
An den Arbeitsplätzen kann es der Bundesregierung ja nicht liegen.
Die spielten in der Wind- und Solarstromindustrie zuletzt ja auch keine Rolle!
Vielen Dank und freundliche Grüße
Sehr geehrter Herr Söhl,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Das Gesetz zum Kohleausstieg ist Ausdruck eines gesellschaftlichen Konsenses und ein wichtiger Baustein um das Pariser Klimaabkommen zu erfüllen. Als erstes Industrieland weltweit wird Deutschland aus Kohle und Atom aussteigen und gleichzeitig dafür sorgen, dass alle bei dieser Wende mitgenommen werden.
Der Kohleausstieg ist ein hochkomplexes Vorhaben, das sehr viele Interessen berührt. Wir haben versucht, all diesen Interessen gerecht zu werden, indem wir die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ (KWSB) eingesetzt haben. In der KWSB ist es gelungen, einen von einer breiten Mehrheit getragenen gesellschaftlichen Kompromiss unter Einbeziehung aller betroffenen gesellschaftlichen Gruppen zu erzielen. An der Erarbeitung der Empfehlungen beteiligt waren Vertreterinnen und Vertreter der Energiewirtschaft, von Industrieverbänden, Gewerkschaften, Umweltverbände und der Wissenschaft. Und wir haben es jetzt geschafft, die wesentlichen Ergebnisse der Kohlekommission mit ausschließlich kleineren Zugeständnissen umzusetzen.
Wir können den Schalter nicht einfach umlegen und die Kraftwerke von heute auf morgen abschalten: das würde zum einen sehr hohe Entschädigungen für die Betreiber bedeuten, denn diese dürfen sich natürlich auf ihre Genehmigung verlassen. Zum anderen hätten wir die Kapazitäten gar nicht auf dem Markt, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Das können wir uns als hochindustrialisiertes Land nicht leisten.
Wichtig ist, dass wir mit dem jetzt Beschlossenen allen Betroffenen größtmögliche Rechtssicherheit und Planungssicherheit geben, gleichzeitig aber auch künftigen Regierungen ausreichend Gestaltungsspielraum für die Weiterentwicklung von Energie- und Klimapolitik lassen.
In den Jahren 2026, 2029 und 2032 wird überprüft, ob das Enddatum für alle für die Zeit nach 2030 vorgesehenen Stilllegungen von Braun- und Steinkohlekraftwerken um jeweils drei Jahre vorgezogen werden und damit das Ausstiegsjahr 2035 erreicht werden kann. Erfolgt diese Entscheidung rechtzeitig – so mit den Betreibern von Braunkohlekraftwerken vereinbart – kann dieses Vorziehen des Ausstiegs ohne weitere Entschädigungen erfolgen. Auch ein Ausstieg vor 2035 bleibt möglich. Der ansteigende Emissionshandel wird zusätzlich dazu beitrage, dass einige Kraftwerke schon deutlich früher vom Netz gehen könnten.
Wichtig ist jetzt, parallel dazu, dass wir beim Ausbau der Erneuerbaren Energien schneller vorankommen und direkt nach der Sommerpause die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes beschließen. Dazu gehören insbesondere ambitionierte und gesetzlich verankerte Ausbaupfade für Wind und Photovoltaik, eine stärkere finanzielle Beteiligung der Bürgerinnen und Bürgern an den Erlösen der Windenergie, eine Reform des Mieterstroms und eine bessere Förderung großer Solar-Dachanlagen.
Wir wollen es nicht dem Markt überlassen, was mit den Beschäftigten in den Revieren und mit den Regionen passiert. Im Gegenteil unterstützen wir die Regionen umfangreich beim Strukturwandel, sichern die Beschäftigten ab und entschädigen die Unternehmen für ihre genehmigungsrechtlich gesicherten Interessen.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Pronold