Frage an Florian Pronold von Manfred S. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Pronold,
Zunächst vielen Dank für Ihre prompte Antwort.
Ich hoffe, Sie haben auch die Fernsehsendung von Frontal 21 – Dokumentation über die 4 Strommultis – am 14.08.2007 gesehen. Es belegte einige meiner Behauptungen. Alleine durch die Stromnetze und Emissionshandel verdienen die Großunternehmer EON, Vattenfall, RWE und ENBW Beträge in Milliarden Höhe.
Selbst der Bundestagsabgeordnete Dr. Hermann Scheer beanstandete die Strompolitik der SPD und kritisierte die enge Verflechtung von einigen Politikern mit den Stromerzeugern.
Anscheinend hat der Bundestagsabgeordnete Herr Reinhard Schultz von der SPD ( - auch Mitglied im Aufsichtsrat bei Vattenfall ) als Bindeglied zwischen Strommultis und SPD heute noch sehr großen Einfluss.
Wenn Sie diese Dokumentation von Frontal 21 gesehen haben, müssten Sie auch verstehen, dass Politiker wie Clement, Tacke usw, damals nicht die Interessen der Verbraucher und des kleinen Mannes bei der Privatisierung des Strommarktes vertreten haben.
Die Politik legt zwar nicht die Löhne fest, doch für die 3 jährige Nullrunden und minimalen Rentensteigerungen in diesem Jahr ist die Politik verantwortlich.
Auch bei den Mindestlöhnen wirkt die SPD sehr unglaubwürdig. Wenn die SPD wirklich den Mindestlohn durchsetzen wollte, dann hätte die SPD der Unternehmensteuerreform nur zustimmen brauchen, wenn die CDU/CSU auch dem Mindestlohn zustimmt. So einfach wäre es gewesen. Nebenbei, bei einer geplanten Bundesratsinitative in Mecklenburg Vorpommern stimmten auch SPD Landtagsabgeordnete gegen den Mindestlohn.
Auch wenn Herr Müller nicht Mitglied bei der SPD war, war er der verantwortliche Wirtschaftsminister bei der damaligen SPD/Grünen Regierung und zuständig für die neoliberale Strompolitik.
Meine Frage was unternimmt die SPD beim Zugang der übrigen Wettbewerber beim Stromnetz und beim Milliardengeschenk – Emissionshandel ?
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Sollinger
Sehr geehrter Herr Sollinger,
es steht außer Frage, dass auf dem Strommarkt derzeit kein ausreichender Wettbewerb stattfindet, der zu fairen Preisen für die Verbraucher führt. Die Behauptung, Vertreter der alten Bundesregierung hätten diesen Zustand zu Gunsten der Stromkonzerne mit Absicht herbeigeführt, halte ich jedoch für blanken Unsinn. Wo die Rahmenbedingungen geändert werden können, um einen transparenten Wettbewerb auf dem Strommarkt herzustellen, muss das selbstverständlich geschehen. Wie bereits in meiner früheren Antwort gesagt, ist dazu auch eine stärkere Bereitschaft der Verbraucher zum Wechsel des Anbieters nötig. Was den Emissionshandel betrifft möchte ich sie bitten, sich an eine Kollegin oder einen Kollegen aus dem zuständigen Umweltausschuss zu wenden, die Ihnen hierzu besser Auskunft geben können. Eine Liste der sozialdemokratischen Mitglieder finden sie hier:
http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_dok/0,,35952,00.html?wp=16&agnr=17
Bei den Mindestlöhnen hat die SPD eine sehr klare Position. Was wir mit unserem Koalitionspartner durchsetzen konnten, haben wir getan - und damit neue Mindestlohnregelungen für Millionen von Beschäftigten erreicht. Trotzdem kämpfen wir weiterhin für einen generellen gesetzlichen Mindestlohn und werden ihn einführen, sobald wir dazu eine politische Mehrheit haben. Der Verweis auf Initiativen der Linkspartei führt völlig in die Irre: Solange wir keine tragfähigen politischen Alternativen zur großen Koalition haben, können wir nicht bei einzelnen Gesetzgebungsvorhaben mit anderen Mehrheiten gegen die Union arbeiten.
Auch der Verweis auf die Unternehmensteuerreform ist in diesem Zusammenhang unpassend. Auch wenn eine rein sozialdemokratische Reform mit Sicherheit anders ausgesehen hätte, steht im Zentrum der Reform die effektive Unterbindung der Gewinnverlagerung ins Ausland. Das war und ist erklärtes Ziel der SPD. Eine Koppelung dieser Thematik mit der Frage des Mindestlohns wäre unsinnig gewesen.
Abschließend noch eine Anmerkung zur Rente: Die Politik legt die Rentenerhöhungen - oder den Verzicht darauf - nicht willkürlich fest. Vielmehr ist die Entwicklung der Renten an die Entwicklung der Löhne gekoppelt. Nur wenn angemessene Lohnsteigerungen erkämpft werden, können auch die Renten entsprechend steigen. In den vergangenen Jahren war die Entwicklung der Löhne wie der Renten völlig unzureichend. Mit dem aktuellen Wirtschaftsaufschwung gelingt es den Gewerkschaften auch, bessere Tarifabschlüsse durchzusetzen. Das wird sich in den nächsten Jahren auch auf die Renten auswirken.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Pronold, MdB