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Frage von Marianne F. •

Frage an Florian Pronold von Marianne F. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Pronold,

in zunehmendem Maße werden Kinder mit Unterhaltszahlungen für ihre pflegebedürftigen Eltern in Pflegeheimen belastet, deren Renten zusammen mit den Leistungen der Pflegekassen selten ausreichen, um die hohen Heimkosten zu decken.

Die "Eintreibung" des Elternunterhalts durch die Sozialhilfeträger führt zu sehr viel Ungerechtigkeit und verursacht immensen Verwaltungsaufwand. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass die Rechtslage zum Elternunterhalt sehr unklar ist. Selbst Fachanwälte für Familienrecht sind beim Elternunterhalt oft überfordert - ebenso wie die Sachbearbeiter bei den Sozialhilfeträgern. Letztere verfügen i.d.R. nicht über die erforderliche Ausbildung im Unterhaltsrecht und sie besitzen nicht die richterliche Unabhängigkeit, die für tatrichterliche Entscheidungen im Unterhaltsrecht notwendig wäre. Vielmehr unterliegen sie dem Zwang, für ihre Dienstherren möglichst hohe Einnahmen aus dem Elternunterhalt zu erzielen. Es verwundert insofern nicht, dass viele Unterhaltsberechnungen falsch sind und vom Familiengericht korrigiert werden.

Trotz des hohen Verwaltungsaufwands nahmen die Sozialhilfeträger laut Sozialhilfestatistik des Stat. Bundesamts im Jahre 2004 nur etwa 1,3% ihrer Ausgaben über den Elternunterhalt ein. Letztlich finanzieren die Elternunterhaltspflichtigen allenfalls den Verwaltungsaufwand, es kommt aber kein Cent tatsächlich bei den pflegebedürftigen Eltern an.

Nach § 8 SGB XI ist die pflegerische Versorgung der Bevölkerung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, denn Pflegebedürftigkeit kann JEDEN treffen.
Warum kommt die Allgemeinheit nur für die Pflegekosten von bedürftigen Kinderlosen und von Eltern auf, die wegen eigener Verfehlungen keinen Unterhalt von ihren Kindern fordern können?
Warum bestraft man gute Eltern, die leistungsfähige Kinder für die Gesellschaft herangezogen haben, mit der Unterhaltspflicht ihrer Kinder?
Ist das familienfreundlich?
Motiviert das zu Leistung?
Wie ist Ihre Meinung?

Portrait von Florian Pronold
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Fruhmann,

in der Tat ist die Erhebung des Unterhalts von Kindern pflegebedürftiger Eltern relativ aufwendig. Wie bei allen Prüfungen der Leistungsfähigkeit oder der Bedürftigkeit in unserem Sozialsystem ist es auch hier außerordentlich schwierig, der tatsächlichen finanziellen Lage der Betroffenen im Einzelfall gerecht zu werden. Zusammen mit dem insgesamt relativ geringen Aufkommen des Elternunterhalts, sprechen diese Probleme eher gegen die Unterhaltsverpflichtung.

Auch Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass Eltern und Kinder ab einem gewissen Zeitpunkt als von einander ökonomisch unabhängig betrachtet werden sollten. Das gilt auch für die Unterhaltspflicht in beiden Richtungen. Unser Sozialsystem basiert darauf, dass außergewöhnliche Belastung auf eine möglichst große Solidargemeinschaft verteilt werden. Damit ist die Belastung für den Einzelnen viel niedriger als bei der traditionellen Unterstützung im Familienkreis. Ich halte es für richtig, dieses Prinzip konsequent anzuwenden und auf den Rückgriff auf Einkommen und Vermögen der Kinder bei Pflegebedürftigen zu verzichten. Leider wird das bei den aktuellen politischen Mehrheitsverhältnissen nicht durchzusetzen sein. CDU und CSU haben wiederholt gefordert, den Rückgriff auf die Kinder auch auf andere Bereiche des Sozialstaats auszuweiten. Wenn es nach CDU-Generalsekretär Profalla geht, sollen Kinder auch für arbeitslose Eltern zahlen, bevor der Sozialstaat einspringt.

Wie Sie vielleicht wissen, steht eine Reform der Pflegeversicherung auf der Tagesordnung der Koalition. Dabei muss es gelingen, eine langfristig tragfähige und finanzierbare Absicherung für das Risiko der Pflegebedürftigkeit zu schaffen. Ich hoffe, dass damit auch der Rückgriff auf das Vermögen der Kinder zumindest eingeschränkt werden kann. Aber auch hier stehen wir bei der Frage der Ausweitung des Solidarprinzips vor schwierigen Auseinandersetzungen mit der Union.

Mit freundlichen Grüßen

Florian Pronold, MdB