Frage an Florian Pronold von Andreas F. bezüglich Gesundheit
Hallo Herr Pronold,
in Ihrer Antwort an Herrn Burkard schreiben Sie, dass Sie "keinen Grund zu der Annahme (sehen), dass die Versicherungsbeiträge in Folge der Gesundheitsreform deutlich ansteigen - weder für freiwillig Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung, noch in der Privatversicherung."
Durch die Gesundheitsreform wird der Steuerzuschuss des Bundes an die GKV von 4,2 auf 2,5 Milliarden Euro reduziert. Die verringerten Zuschüsse müssen c.p. über Beitragserhöhungen ausgeglichen werden. Prof. Rürup hat dies im Tagesspiegel als "eine Art Sondersteuer der Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen zur Sanierung des Bundeshaushaltes" bezeichnet.
http://www.presseportal.de/story.htx?nr=906336&search=sondersteuer
Auch bei den Privatversicherungen darf man Grund zu der Annahme sehen, dass die Versicherungsbeiträge in Folge der Gesundheitsreform deutlich ansteigen.
Private Krankenversicherer kalkulieren die Beiträge heute unter Erwartung sog. Stornogewinne. Wenn ein Privatversicherter seine Police kündigt, verliert der Versicherte alles, was bisher für seine Gesundheitsversorgung im Alter angespart wurde. Das zwingt die Versicherten zeitlebens bei der gleichen Versicherung zu bleiben.
Die Gesundheitsreform beseitigt diese Wettbewerbsbeschränkung innerhalb der PKV wenigstens teilweise. Aus Sicht der PKV reduzieren sich dadurch die erwarteten Stornogewinne deutlich. Das muss c.p. über Beitragserhöhungen ausgeglichen werden.
Können Sie mir bitte erläutern, wie Sie zur Auffassung gelangen, dass die Beitragssteigerungen nicht im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform stehen würden?
Herr Pronold, Sie schreiben: "In der PKV wären - ähnlich dem Verfahren das heute in der GKV gilt - die Beitragsausfälle durch die anderen PKV-Versicherten im Basistarif auszugleichen." Würden Sie bitte anschaulich - vielleicht anhand eines Beispiels - erläutern, wie die neue Solidarität in der PKV ausgestaltet sein wird?
Viele Grüße
Andreas Falken
Sehr geehrter Herr Falken,
meine Antwort auf Herrn Burkard bezog sich auf die aktuelle Gesundheitsreform, also das GKV-Modernisierungsgesetz, das derzeit im Deutschen Bundestag beraten wird. Dieses Gesetz enthält keine Festlegungen über das zukünftige Ausmaß der Steuerfinanzierung des Gesundheitswesens.
Was die GKV betrifft, so wurde bereits im letzten Jahr beschlossen, den Bundeszuschuss im Haushalt 2007 zurückzufahren. Gleichzeitig gibt es Planungen, die Steuerfinanzierung in der Krankenversicherung - vor allem für die Kindermitversicherung und andere gesamtgesellschaftliche Aufgaben - zukünftig wieder auszuweiten. Beides hat natürlich Einfluss auf die Beitragsentwicklung in der gesetzlichen Krankenversicherung, steht aber in keinem direkten Zusammenhang mit dem GKV-Modernisierungsgesetz. Kassenbeiträge, die vollständig in das Gesundheitswesen fließen, als Sondersteuer zu bezeichnen, halte ich für Unsinn.
Was die PKV betrifft, bin ich sicher, dass selbst die privaten Krankenversicherer ihre Argumentation nicht teilen. Es wäre auch ein sehr fragwürdiges Geschäftsmodell, Altersrückstellungen aufzubauen, die den Kunden letztlich nicht zu Gute kommen sollen. Tatsächlich gibt es Fälle, in denen privat Versicherte sich die steigenden Beiträge nicht mehr leisten können und deshalb den Versicherungsschutz und ihre Altersrückstellungen verlieren. Eine Kündigung ohne Not ist dagegen gerade wegen der fehlenden Portabilität der Altersrückstellungen im bisherigen System extrem unattraktiv und kommt entsprechend selten vor.
Es handelt sich bei der von Ihnen beschriebenen Problematik also nicht um ein Massenphänomen, das große Auswirkungen auf die Beiträge haben könnte. Die Belastungen für die Privatversicherungen durch das GKV-Modernisierungsgesetz sind äußerst gering, was die Versicherungskonzerne aber nicht davon abhält, die Verantwortung für ihre steigenden Beiträge zu Unrecht auf die Politik abzuwälzen.
Zum Basistarif in der PKV: Würde die Bezahlung des Beitrags Hilfebedürftigkeit im Sinne von SGB II (Grundsicherung für Arbeit Suchende) oder SGB XII (Sozialhilfe) auslösen, gilt ein ermäßigter Tarif von 250 Euro. Eine mögliche Unterdeckung muss die PKV aus anderen Tarifen subventionieren. Ist auch dieser Beitrag noch zu hoch, wird der Versicherte von den Trägern der Grundsicherung unterstützt. Dies entspricht dem Solidaritätsgedanken, wir er in der Gesetzlichen Krankenkasse schon immer üblich ist. Vor dem Hintergrund des Sozialstaatsgebotes des Grundgesetzes halte ich eine solche Regelung für die PKV durchaus für angemessen.
Es besteht in Zukunft eine Versicherungspflicht. Dies hat zur Folge, dass in Zukunft niemand aufgrund ausstehender Zahlungen an die Versicherung seinen Versicherungsschutz verliert. Im Falle der Bedürftigkeit greift die Überforderungsregelung. Besteht keine Bedürftigkeit, bleibt der Anspruch der Krankenversicherungen auf Bezahlung der Beiträge bestehen, ab einem dreimonatigen Zahlungsrückstand können die Leistungen der Krankenkassen auf den Leistungskatalog der dem Asylbewerberleistungsgesetz entspricht gekürzt werden.
Ich hoffe, Ihre Fragen damit beantwortet zu haben. Wenn Sie weitere Detailfragen zur Gesundheitsreform haben, würde ich Sie bitten sich damit an die Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen zu wenden, die als Mitglieder im Gesundheitsausschuss direkt mit den Beratungen der Details der Reform betraut sind.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Pronold, MdB