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Frage von Annette R. •

Frage an Florian Pronold von Annette R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Pronold,

Ich (seit vielen Jahren in muslimisch-christlicher Ehe mit Kindern) habe davon erfahren, dass über 60 Ihrer Kolleginnen und Kollegen einen Alternativentwurf zur rechtlichen Regelung der Beschneidung von Minderjährigen vorgelegt haben, der die Legalisierung dieses mit Risiken behafteten, schmerzhaften und irreversiblen Eingriffs von der Einwilligung ab dem Alter von 14 Jahren und nur durch zugelassene Fachärzte und nach ausführlicher Aufklärung vorsieht.

Können Sie diesem Alternativentwurf zustimmen?

Mit freundlichen Grüßen, Annette Ryll

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Ryll,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Bei einer Beschneidung aus rein religiösen Gründen sind zwei grundrechtlich geschützte Rechtsgüter abzuwägen: das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit (wie in der UN-Kinderrechtskonvention beschrieben) und das Recht der Eltern auf Ausübung ihrer Religion. Die elterliche Sorge umfasst auch die Bestimmung der Religionszugehörigkeit des Kindes bis zu dessen Religionsmündigkeit.

Die nach dem Urteil des Landgerichts Köln (07.05.2012) entbrannte Debatte macht die Kompliziertheit des Themas deutlich. Menschen jüdischen und muslimischen Glaubens fürchten um die Möglichkeit, ihren Glauben in Deutschland leben zu können. Auch wird befürchtet, dass Beschneidungen in Zukunft in „Hinterzimmern“ stattfinden und von Menschen ohne Qualifikation ausgeübt werden könnten. In diesem Fall wären die Kinder die Leidtragenden.

Jüdisches und muslimisches Leben und deren Kultur sind fester Bestandteil unserer Gesellschaft. Das Grundgesetz garantiert das Recht auf freie Religionsausübung und macht keinen Unterschied zwischen den Glaubensgemeinschaften. Die Ausübung der Religionsfreiheit muss sich allerdings im Rahmen der geltenden Gesetze bewegen. Natürlich sollen jüdische und muslimische Mitbürger die Beschneidung auch in Zukunft frei von Sanktionen ausüben können. Gleichzeitig sollte aber eine mögliche gesetzliche Regelung auch den hohen Stellenwert zum Ausdruck bringen, den unser Grundgesetz dem Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit eingeräumt hat, sie muss den Schutz von Kindern als den schwächsten Mitgliedern unserer Gesellschaft garantieren. Es muss sichergestellt sein, dass eine Bescheidung von minderjährigen Jungen unter medizinischen Bedingungen und ohne unnötige Schmerzen durchzuführen ist.

Dem Deutschen Bundestag liegen zwei Gesetzentwürfe vor, die sich insbesondere bei der Altersgrenze unterscheiden. Während der Entwurf der Bundesregierung auch die Beschneidung von Neugeborenen erlauben will, fordert der - von Ihnen angesprochene - Alternativantrag, diese erst nach Vollendung des 14. Lebensjahres zu legalisieren.

Nach meiner Auffassung geht der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf in die richtige Richtung, ist aber an vielen Stellen nicht konkret genug und deswegen ergänzungsbedürftig. Ich unterstütze deswegen einen von SPD-Abgeordneten vorgelegten Änderungsantrag (Link: http://florianpronold.de/wp-content/uploads/2012/12/2012-11-21-%C3%84nderungsantrag-Beschneidung.pdf ). In diesem Antrag finden sich eine Reihe von Präzisierungen, die notwendig sind, damit es am Ende eine Lösung gibt, die sowohl das Kindeswohl und die Sicherheit des Kindes als auch die Religionsfreiheit in einem angemessenen Verhältnis berücksichtigen.

Mit freundlichen Grüßen

Florian Pronold