Frage an Florian Pronold von Florian P. bezüglich Senioren
Sehr geehrter Herr Pronold,
Sie wollen die Rente mit 67 wieder abschaffen. Sind Sie der Meinung, dass in einer schrumpfenden Bevölkerung wie wir sie in Deutschland erleben, und bei einer gleichzeitigen stetigen Zunahme der Lebenszeit es volkswirtschaftlich vertretbar ist, die Lebensarbeitszeit nicht anzupassen? Weniger Beitragszahler müssen mehr Senioren finanzieren, die zudem immer länger ihre Rente beziehen. Sind Sie nicht der Meinung, dass es möglich sein sollte, individuelle Modelle zu entwickeln, anstatt eine für alle gültige starre Regelung zu treffen, unabhängig vom Gesundheitszustand oder Finanzstatus?
Ich selber bin 37 Jahre alt und habe einen Schreibtischjob. Selbstverständlich wäre es nett, früh in Rente zu gehen. Ist aber nicht machbar. Warum wollen Sie entgegen jeder ökonomischen Vernunft diese Notwendigkeit wieder zurücknehmen? Wie bereits angedeutet: sollte die SPD nicht lieber intelligente und flexible Modelle entwickeln? Damit würde sie ihrer Verantwortung gegenüber den Sozialsystemen gerecht.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Pollmann
Sehr geehrter Herr Pollmann,
vielen Dank für ihre Anfrage zum Thema Rente, die ich gerne beantworte.
Prinzipiell ist nichts dagegen einzuwenden, dass angesichts zunehmender Lebenserwartung und künftig sinkendem Erwerbspersonenpotentials das Renteneintrittsalter erhöht wird. Die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters ist nicht notwendigerweise eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Diese heutige Generationen steigen deutlich später ins Erwerbsleben ein als Menschen, die vor 40 Jahren zu arbeiten begannen. Trotz späteren Renteneintritts ist die Lebensarbeitszeit oft kürzer als bei den Leuten, die mit 65 in Rente gehen können.
Eine Anhebung macht aber nur dann Sinn, wenn die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch eine Chance auf eine Beschäftigung bis dahin auf dem Arbeitsmarkt haben. Ansonsten verkommt diese Regelung zu einem Rentenkürzungsprogramm. Bei der Rente mit 67 hat der Gesetzgeber explizit eine Überprüfung bzgl. älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorgesehen. Angesichts der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung, die sich zwangsläufig auch auf den Arbeitsmarkt niederschlagen wird (die erweiterte Kurzarbeiterregelung ist keine dauerhafte Einrichtung), halte ich eine solche Überprüfung für geboten.
Die Aufgliederung der deutschen Sozialsysteme nach unterschiedlichen Formen der Erwerbstätigkeit wirft an verschiedenen Stellen Probleme auf. Generell halte ich deshalb eine Ausweitung der gesetzlichen Systeme vor allem bei Gesundheits- und Altersvorsorge für sinnvoll. Die zunehmende Zahl unterversicherter Selbstständiger ist ebenfalls ein Argument für eine solche Ausweitung. Ich halte die Fortentwicklung der Rentenversicherung in eine Versicherung aller Erwerbstätigen deshalb für sinnvoll. Es gibt kein besseres Rentensystem als eine solidarische Umlagefinanzierung. Die interessengeleitete Propaganda gegen das Umlagesystem der gesetzlichen Rente hat sich in der öffentlichen Debatte jedoch leider weitgehend durchgesetzt. Der Kampf für den Erhalt und Ausbau der gesetzlichen Rente wird deshalb schwer und langwierig werden. Wir müssen ihn dennoch aufnehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Pronold