Frage an Florian Oßner von Thomas S. bezüglich Lobbyismus & Transparenz
Guten Tag Herr Oßner,
Ein Antrag der LINKEN fordert in Zusammenhang mit den neuen Transparenzregelungen die Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestags zu ändern. Dies soll die Veröffentlichung der Nebeneinkünfte der Abgeordneten deutlich transparenter gestalten.
https://www.abgeordnetenwatch.de/abstimmungen/transparenzregelungen-fuer-abgeordnete
Sie haben am 28.03.2021 gegen diesen Antrag gestimmt.
https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/florian-ossner/abstimmungen
Frage 1:
Wie begründen Sie Ihr Abstimmungsverhalten?
Die Abgeordneten der CDU und CSU Nüsslein und Löbel haben sich an der Vermittlung beim Verkauf von Mund-Nasen-Schutz bereichert. Die Frankfurter Rundschau sieht diese Maskenaffäre als beispielhaft für das Politik-Verständnis von CDU und CSU.
Bundestagsabgeordnete mit einem Jahresgehalt von rund 121 000 € kassieren zusätzlich Provisionen in sechsstelliger Höhe (im Fall von MdB Nüsslein 600 000 €), während Pflegekräfte (die in der aktuellen Pandemie an der Front arbeiten) oft nur 1/4 des Gehaltes beziehen, das ein MdB bekommt.
Frage 2:
Finden Sie diese Einkommensunterschiede gerecht?
Frage 3:
a) Sehen Sie die Möglichkeit als legitim, dass aktuell MdBs Nebenverdienste erwerben können, die das Mehrfache der Verdienste von solide arbeitenden Normalbürgern ausmachen?
Frage b)
Wenn ja, wie würden Sie eine solch bejahende Sichtweise begründen?
Die Transparenzorganisation Abgeordnetenwatch hat einen offenen Brief initiiert, der sich an das Parlament wendet, dass dieses endlich für wirksame Transparenzregeln sorgt.
https://www.abgeordnetenwatch.de/offener-brief
Frage 4:
Was halten Sie von dem Inhalt dieses offenen Briefes?
Frage 5:
Werden Sie politisch auf diesen Brief reagieren,
wenn ja wie?
Viele Grüße Thomas Schüller
Sehr geehrter Herr Schüller,
vielen Dank für Ihre Fragen. Sich als Politiker in der Pandemie durch die Vermittlung von Maskengeschäften zu bereichern, ist absolut indiskutabel. Daher unterstütze ich auch uneingeschränkt den harten Kurs der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gegen die ehemaligen Fraktionskollegen. Eine Notsituation zum eigenen finanziellen Vorteil auszunutzen geht gar nicht. Dieses Verhalten untergräbt das Vertrauen in die Demokratie und hat in der Unionsfraktion keinen Platz. Ich denke, dies haben wir auch mehr als deutlich gemacht.
Neben einer lückenlosen Aufklärung hat die Fraktionsführung auch mehr Transparenz und die Einführung eines Verhaltenskodex initiiert. Mit diesem Kodex wird nun klar definiert, welches Verhalten von einem CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten erwartet wird und welche Nebentätigkeiten mit der Mitgliedschaft in unserer Fraktion nicht vereinbar sind. Entgeltliche Beratungs- oder Vermittlungsleistungen, die in einem direkten Zusammenhang mit dem Aufgabengebiet stehen, das in der Fraktion betreut wird, sind definitiv auszuschließen.
Darüber hinaus wurde am 25. März 2021 das Lobbyregistergesetz im Deutschen Bundestag verabschiedet. Professionelle Interessenvertreter müssen sich künftig schon vor der Kontaktaufnahme in ein Register eintragen und Angaben zu ihrem Arbeits- oder Auftraggeber machen, sowie zur Anzahl der Beschäftigten und der finanziellen Aufwendung. Verstöße sollen mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Das Lobbyregister wird digital beim Deutschen Bundestag eingerichtet und geführt. Es soll zudem öffentlich einsehbar sein. Die gesetzliche Registrierungspflicht für Interessenvertreter soll gegenüber Abgeordneten, Fraktionen sowie der Bundesregierung gelten.
Mit der Einigung machen wir einen riesigen Schritt hin zu mehr Transparenz. Dabei wird die Gesetzgebungsarbeit nicht mit unnötiger Bürokratie belastet.
Gerne möchte ich auch auf Ihre Frage und den Kommentar zu den Diäten der Bundestagsabgeordneten eingehen. Die Höhe der Diäten wird von einer unabhängigen Kommission von Sachverständigen festgelegt. Die Diäten orientieren sich an der Besoldung eines Richters an einem obersten Bundesgericht. Bundestagsabgeordnete sind wie Bundesrichter weisungsfrei und treffen Entscheidungen mit Wirkung für das gesamte Bundesgebiet, deshalb diese Analogie. Genau deshalb steht diese Orientierungsgröße auch seit 1995 im Gesetz. Beim Thema Nebeneinkünfte bitte ich zu bedenken, dass viele Bundestagsabgeordnete vor ihrer Wahl selbständig waren, beispielsweise im Mittelstand oder auch in der Landwirtschaft. Wir brauchen auch Fachexpertise im Parlament. Da ich selbst diese Nebeneinkünfte nicht beziehe und mein früheres Arbeitsverhältnis in der freien Wirtschaft unentgeltlich ruhen lasse, kann ich hier ganz offen und unbefangen sprechen.
Mit den besten Grüßen
Ihr Florian Oßner MdB