Können Sie Stellung nehmen zur NKV-Abwägung beim Ausbau von Bahnstrecken bezüglich Kosten von Bestandsanierung vs. Neubau?
Sehr geehrter Herr Müller,
Kosten für eine Totalsanierung einer Trasse werden vom Bund getragen. Unterlassene Instandhaltung scheint daher für die Bahn ein lohnendes Konzept.
Im Falle eines Strecken-Ausbaus kann die Bahn vorschlagen den zugehörigen Bestand in einem Umfang sanieren, der den Bund ebenfalls zum Kostenträger macht, wie zum Beispiel bei dem zur Diskussion stehenden Ausbau der Strecke Hamburg-Hannover. Dadurch fließen diese Kosten entgegen jeder Logik in den NKV des Ausbaus. Auf diese Art und Weise wird ein Neubau vergleichsweise günstiger und zu einem späteren Zeitpunkt muss der Bund dann doch den abgewirtschafteten Bestand sanieren.
Müssten nicht die notwendigen Sanierungen am Bestand allen Trassenalternativen zugerechnet werden und zusammen mit den Kosten für zusätzliche Neubaumaßnahmen in die Kosten-Nutzen Analyse einfließen?
Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Dem Bund obliegt gemäß Artikel 87e Abs. 4 GG die Verantwortung für den Ausbau und die Erhaltung des Schienennetzes der Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Bundes. Um den Verkehrsträger Schiene weiter zu stärken, bedarf es neben dem Erhalt der vorhandenen Schieneninfrastruktur und von Bahnhöfen auch des Neu- und Ausbaus der Schieneninfrastruktur.
Zur Finanzierung von Ersatzinvestitionen in das bestehende Netz haben das Ministerium und die Deutsche Bahn AG am 14. Januar 2020 mit Wirkung zum 1. Januar 2020 die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung III mit einer Laufzeit bis 2029 unterzeichnet.
Diese Neubau-, Ausbau- und Ersatzinvestitionen in die Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes werden im Rahmen der im Bundeshaushalt zur Verfügung stehenden Mittel finanziert. Neu- und Ausbaumaßnahmen erfolgen entsprechend dem Bedarfsplan für die Bundesschienenwege.
Die Verkehrsleistung im Personenverkehr in Deutschland wird bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 2010 um insgesamt 12,2 % zunehmen. Dies entspricht gemäß Verkehrsprognose 2030 einem jährlichen Wachstum von 0,6 %. Die Transportleistung im Güterverkehr soll im selben Zeitraum mit 38 % noch deutlich stärker ansteigen. An vielen Stellen der Netze besteht daher ein Bedarf für Aus- und Neubauvorhaben.
Ein zentrales Modul aller Vorhaben stellt u.a. die Nutzen-Kosten-Analyse (NKA) dar. Projekte sind dann gesamtwirtschaftlich sinnvoll, wenn die Summe aller Nutzen größer als die Investitionskosten ist. Erweisen sich Aus- und Neubaumaßnahmen als bauwürdig, werden sie als Einzelprojekte oder – wo sinnvoll – als Projektbündel in den Bundesverkehrswegeplan eingestellt.
Es fließen aber neben der monetären NKA auch nicht monetäre Auswirkungen wie umwelt- und naturschutzfachliche sowie städtebauliche in die Projektbeurteilung immer mit ein.
Freundliche Grüße
Florian Müller