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Florian Bernschneider
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Frage von Joachim H. •

Frage an Florian Bernschneider von Joachim H. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Bundestagsabgeordneter Bernschneider,

erst heute stolpere ich über den Vorschlag des EZB Direktors Asmussen, übrigens SPD Mitglied, den ESM zu bevollmächtigen, über die Haushalte souveräner Staaten zu entscheiden. Unglaublich! Noch liegt über der heutigen, äußerst verfassungsrechtlich bedenklichen, Konstruktion des ESM noch keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vor und schon will dieser oberster Buchhalter und Gelddrucker Europas (MdB Pronold, auch SPD: Wenn die EZB 1 Billion auf den Finanzmarkt wirft, dann ist das nur Buchwert – auf gut Deutsch gesagt, es wird Geld gedruckt ohne tatsächlichen Gegenwert) den ESM zur allmächtigen Bank machen, die alle Haushalte (Steuereinnahmen) der Euroländer im Griff hat. http://www.handelsblatt.com/politik/international/ezb-direktor-fordert-euro-staaten-sollen-souveraenitaet-abgeben/6890288.html

Sind diese Machtgelüste den deutschen Abgeordneten eigentlich bekannt sind? Können Sie dann noch guten Gewissens für einen Rettungsschirm nach dem andern stimmen (wieviel waren es bisher?), die diesen Finanzjongleuren nur in die Hände spielen. Was ist eigentlich ihre letzte rote Linie, die nicht mehr berschritten werden darf? Die Vorstellungen von Asmussen? Müßte man nach dieser Aussage diesem Asmussen nicht den Stuhl vor die Tür setzen, oder ist der auch schon immun und unanstastbar?

Zusatzfrage, über was darf eigentlich das ESM Geheimgremium, zusammengesetzt mit 9 Abgeordneten, entscheiden?

Mit freundlichen Grüßen
Joachim Hahn

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Hahn,

die Unabhängigkeit der nationalen Zentralbanken als auch der europäischen Zentralbank EZB ist ein hohes Gut, denn sie stellt sicher, dass zur Fiskalpolitik der Nationalstaaten stets ein geldpolitisches Korrektiv besteht. Bitte haben Sie daher Verständnis, dass ich - zumal als fachlich nicht zuständiger Abgeordneter meiner Fraktion - nicht zu jeder Presseäußerung in dieser Frage eingehend Stellung nehme. Darum vielleicht nur soviel: Über die Ausgestaltung des ESM und des Fiskalpakts entscheiden die Abgeordneten in den nationalen Parlamenten und nicht Herr Asmussen - und die derzeitige Ausgestaltung der zugrundeliegenden Verträge sieht ein direktes Durchgriffsrecht auf nationale Haushalte weder vor, noch ist etwas in diese Richtung geplant.

Meine persönliche rote Linie in der Euro-Schuldenkrise ist zum einen die Vergemeinschaftung von Schulden - sei es in Form von Eurobonds, eines gemeinsamen „Restschuldentilgungsfonds“ oder irgendwelcher anderer Zwischen- und Mischformen, die derzeit als Oppositionsvorschläge kursieren. Diese Vorschläge sind nicht nur allesamt unsozial und Ausdruck falsch verstandener Solidarität, sie setzen auch einen der wichtigsten marktwirtschaftlichen Mechanismen außer Kraft, nämlich den Zins als Indikator für die individuelle Risikobewertung. Ich kann mir als Liberaler keine Umstände vorstellen, unter denen ich einem solchen Vorhaben zustimmen könnte.

Zum anderen ist für mich ebenfalls eine rote Linie überschritten, wenn Staaten die mit Finanzhilfen verknüpften Auflagen nicht erfüllen. Deutschland hat wie kein anderes Land in Europa vom Euro profitiert und steht darum in schlechteren Zeiten auch in der Verantwortung, seinen Teil zur Stabilisierung beizutragen. Dies kann jedoch nur für einen begrenzten Zeitraum gelten, in dem sichtbare Anstrengungen zur Restrukturierung in dem betreffenden Land unternommen werden müssen. Bleiben diese aus, ist dies nicht nur unfair den Helfern gegenüber, sondern vor allem gegenüber jenen Ländern, die in vergleichbarer Situation bereits deutlich weiter in der Behebung ihrer Probleme sind.

Zu Ihrer Zusatzfrage: Das sogenannte 9er-Gremium sollte ursprünglich vom Deutschen Bundestag bevollmächtigt sein, schnell über die Vergabe von ESM-Mitteln entscheiden zu können. Das Bundesverfassungsgericht hat im November 2011 jedoch angemahnt, dieses Gremium nur für sensible Bereiche wie etwa Sekundärmarktankäufe von Staatsanleihen zu nutzen, bei denen höchste Vertraulichkeit gewährleistet sein muss. Daher ist im ESM-Umsetzungsgesetz nun - nicht zuletzt auf Druck der FDP - für die meisten Handlungen des ESM auf die Nutzung dieses Gremiums verzichtet und stattdessen ein umfassender Parlamentsvorbehalt implementiert worden, der in den meisten Fällen eine Bundestagsabstimmung über jede einzelne Hilfszahlung erforderlich macht.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Florian Bernschneider