Frage an Florian Bernschneider von Joel K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Bernschneider,
als ich erfahren habe, dass nicht ein*e einzige*r Abgeordnete*r der FDP-Fraktion im Bundestag für die Öffnung der Ehe respektive für die Gleichstellung der Ehe mit den Lebenspartner*innenschaten gestimmt haben war ich überaus schockiert.
Meines Wissens nach stand die FDP doch immer schon für die Gleichstellung aller Partner*innenschaften und es gab auch schon Beschlüsse dahingehend.
Wurde nur aus koalitionstechnischen Gründen dagegen gestimmt, oder war das Ganze Überzeugung und "liberal" heißt nicht mehr das, was ich dachte, das es heißt.
Mit enttäuschten Grüßen
Joel Keilhauer
Sehr geehrter Herr Keilhauer,
Sie können sicher sein: Wo liberal draufsteht, ist auch weiterhin liberal drin - auch im Bereich der Gleichstellungspolitik. Und die FDP hat in der Koalition mit der Union bereits zahlreiche Schritte zur Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften durchgesetzt, so etwa die volle Gleichstellung im Beamten-, Richter- und Soldatenrecht, bei der Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuer sowie beim BAföG. Der Großteil dieser Gesetze wurde entgegen der landläufigen Meinung bereits vor entsprechenden Verfassungsgerichtsurteilen verabschiedet.
Auf Initiative des Bundeswirtschaftsministers ist im aktuellen Entwurf des Jahressteuergesetzes zudem die Gleichstellung bei den vermögensbildenden Leistungen vorgesehen. Die Bundesjustizministerin bereitet gleichzeitig ein Rechtsbereinigungsgesetz für das Recht eingetragener Lebenspartnerschaften vor, mit dem die Gleichstellung in einer Reihe von weiteren Rechtsbereichen umgesetzt werden soll.
Anders als im Koalitionsvertrag angelegt, ist die steuerliche Gleichstellung der Lebenspartner mit der Ehe allerdings immer noch nicht umgesetzt. Insbesondere im Einkommensteuerrecht gibt es aus unserer Sicht ein verfassungsgemäßes Gebot, angesichts der gleichen Unterhalts- und Einstandspflichten die Lebenspartner auch in der Einkommensteuer wie Ehegatten zu behandeln. Einige Kollegen meiner Fraktion haben daher auch dem Entschließungsantrag der Grünen zugestimmt, in dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, die Lebenspartnerschaft in sämtlichen Rechtsbereichen der Ehe gleichzustellen.
Koalitionsverträge sehen allerdings auch vor, bei Gesetzesvorhaben und Entschließungsanträgen nicht mit wechselnden Mehrheiten zu stimmen. Daran fühle ich mich gebunden. Meine Ablehnung des Gesetzentwurfs und des Entschließungsantrags der Grünen zur Gleichstellung von Lebenspartnerschaften mit der Ehe geht daher - wie Sie bereits richtig vermutet haben - zum Teil auf „koalitionstechnische Gründe“ zurück. Im Falle des Entschließungsantrages habe daher mit zahlreichen anderen Kollegen meiner Fraktion eine entsprechende Erklärung nach § 31 GO abgegeben, die Sie im Plenarprotokoll auf der Internetseite des Bundestages nachlesen können.
Im Falle des konkreten Gesetzentwurfs hat unsere Ablehnung aber überdies vor allem inhaltliche Gründe, insbesondere was die notwendige Verfassungsprüfung des Gesetzentwurfs angeht. Daher werden wir uns nun dafür einsetzen, dass das Finanzministerium zeitnah einen eigenen Gesetzentwurf vorlegt, der - im Gegensatz zum Gesetzentwurf der Grünen - die Anforderungen an rechtssichere Formulierung und Verfassungskonformität erfüllt. Sie können also sicher sein, dass die FDP auf diesem Feld auch weiterhin für Bewegung sorgen wird.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Florian Bernschneider