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Florian Bernschneider
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Frage von Wolfgang S. •

Frage an Florian Bernschneider von Wolfgang S. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Bernschneider,

die FDP-Bundestagsfraktion hat beschlossen, zum Jahr 2013 die Steuern für die unteren und mittleren Einkommen zu senken, sogar für diesen Personenkreis die Sozialabgaben zu senken.

Wie ist dieser Beschluß mit der Pflicht zu vereinbaren, die Schulden des Bundes zu verringern?

Wäre es nicht sinnvoller und sozialer, für die Kinder dieses Personenkreises Kinderkrippe, Kindergärten, Schulbesuche und Lehrmittel kostenfrei zur Verfügung zu stellen?

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Surkau

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Surkau,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne und ausführlich beantworten
möchte.

Derzeit stehen einige Vorschläge zur Abgabenentlastung der Bürgerinnen und Bürger im Raum. Diese sind in ihren konkreten Forderungen durchaus unterschiedlich, ihnen sind jedoch zwei Punkte gemeinsam: Im Hinblick auf die steuerliche Belastung der Bürgerinnen und Bürger geht es der FDP in erster Linie um eine Entschärfung der besonders ungerechten „kalten Progression“ in der Einkommensteuer. Diese tritt immer dann auf, wenn Lohnsteigerungen lediglich in Höhe eines Inflationsausgleichs erfolgen. Da der Einkommensteuertarif nach dem nominalen Einkommen, also der „Zahl auf dem Papier“, bemessen wird, rutscht ein Verdiener bei einer Lohnsteigerung automatisch in einen höheren Steuersatz. Die reale Kaufkraft dieser Lohnsteigerung ergibt sich aber erst, wenn man sie der Inflationsrate gegenüber stellt. Ist die Lohnsteigerung nur genauso hoch oder sogar geringer als die Inflationsrate, hat sich die Kaufkraft nicht gesteigert - sehr wohl aber die steuerliche Belastung!

Faktisch kommt es bei der kalten Progression also zu einer Steuererhöhung. Obwohl dieses Problem schon lange bekannt ist, hat sich bisher keine Regierung wirklich ernsthaft an dessen Entschärfung getraut. Im Gegenteil: Die sich daraus ergebenden Steuermehreinnahmen wurden gerne hingenommen, denn sie konnten gut hinter unserem ohnehin schon komplexen Steuersystem versteckt und für neue Ausgabenversprechen benutzt werden. Mit dieser Politik will die FDP nun Schluss machen. Dies ist jedoch nur die eine Seite derselben Medaille.

Denn natürlich wäre eine Reform der Einkommensteuer nicht einfach so möglich, wenn die Bundesregierung nicht ihre haushaltpolitischen Hausaufgaben gemacht hätte. Gerade dies hat sie aber getan - selbst Kritiker bezweifeln nicht, dass wir trotz der immensen Ausgaben im Zuge der zurückliegenden Finanz- und Wirtschaftskrise bereits 2014 wieder einen ausgeglichenen Staatshaushalt vorlegen können. Dass der Konsolidierungskurs derart erfolgreich verläuft, ist aber nicht zuletzt auf die überaus positive wirtschaftliche Entwicklung zurückzuführen. Dahinter steht eine langjährige Lohnzurückhaltung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die damit einen maßgeblichen Anteil an dieser Entwicklung haben. Es ist ein Gebot der Fairness, den Menschen nun etwas davon zurückzugeben. Dabei schließen sich moderate Steuersenkungen und der Konsolidierungskurs keineswegs aus. Ein Großteil der Entlastungen wird sich sogar von selbst tragen können. Denn mit den Entlastungen kleiner und mittlerer Einkommen wird in erster Linie die Kaufkraft und damit die Binnennachfrage gestärkt. Dies ist wichtig, um den Aufschwung auch in den kommenden Jahren zu stabilisieren.

Ich bitte Sie allerdings, die steuerpolitischen Vorschläge der FDP nicht auf niedrigere Steuern zu reduzieren. Es geht uns um ein einfaches und gerechtes Steuersystem. "Einfach" heißt dabei auch Schlupflöcher zu schließen, so dass nicht derjenige am meisten profitiert, der den größten Stab an Steuerberatern beschäftigt. Einen ersten Schritt dahin haben wir mit dem Steuervereinfachungsgesetz gemacht, was aber ausgerechnet von Rot-Grün im Bundesrat zunächst abgelehnt wurde.

Sie werfen in Ihrem Schreiben die Frage auf, ob es nicht sinnvoller und sozialer sei, für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen die Kinderbetreuung oder die schulische Ausbildung völlig kostenfrei anzubieten. Sofern der Bund die nötige Zuständigkeit hat, tun wir auch genau dies. So wird es bis 2013 einen Rechtanspruch auf einen Kitaplatz ab dem ersten Lebensjahr geben. Für dieses Ziel wurden in den vergangenen 3 Jahren bereits 1,5 Milliarden Euro ausgegeben. Allein 400 Millionen davon entfallen auf die Sprachförderung in sogenannten Schwerpunktkitas. Insgesamt gibt die Bundesregierung im Jahr 2011 rund 13 Milliarden Euro für Bildung aus - so viel wie keine Regierung zuvor. Viele Leistungen liegen jedoch in den Händen der Länder, so auch die von ihnen angesprochene Lernmittelfreiheit. Der Bund kann hier also nur mittelbar auf eine Verbesserung drängen.

Darüber hinaus möchte ich noch einen Aspekt der aktuellen Steuerdebatte ansprechen, der in der aktuellen Diskussion bis jetzt zu kurz gekommen ist. Die Liberalen stehen seit jeher für einen Staat ein, der seine Kernaufgaben wahrnimmt, aber nicht ausufert. Dieses Ziel lässt sich zum einen durch Ausgabenbeschränkungen erreichen. Wenn aber im Aufschwung die Steuereinnahmen sprudeln, werden von zahlreichen Seiten sofort neue Ausgabenforderungen gestellt - frei nach dem Motto „Ihr habt doch das Geld!“. Im Abschwung lassen sich diese Ausgaben jedoch bei Weitem nicht so schnell reduzieren, wie sie geschaffen worden sind, was regelmäßig zu Haushaltsdefiziten und Neuverschuldungen auf allen föderalen Ebenen führt.

Daher beschreitet die FDP in der christlich-liberalen Koalition einen anderen Weg - die Selbstbeschränkung bei den Einnahmen. Auf diese Weise schaffen wir nicht nur einen schlanken, sondern vor allem einen krisenfesten Staat, der seinen Bürgern dann in Zeiten, in denen es wirklich nötig ist, tatkräftig zur Seite stehen kann.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Florian Bernschneider