Frage an Florian Bernschneider von Sebastian S. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Bernschneider. Meine Frage bezieht sich auf die Abschaffung der Anwendbarkeit des Kartellrechts im Gesundheitswesen durch die Änderung des § 69 SGB V im Zuge des AMNOG. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU/ CSU und FDP wurde vereinbart, die Anwendbarkeit des Kartellrechts nach GWB für das gesamte Gesundheitswesen wieder einzuführen. Warum haben Sie den Interessenvertretern der Kassenverbände und deren Sozialpolitikern aller Fraktionen so widerstandslos nachgegeben? Die Neuregelung des § 69 SGB V mit Wirkung ab 01.01.2011 stellt nicht nur einen Bruch des Koalitionsvertrages, sondern insbesondere auch eine Täuschung Ihrer Wähler dar, da die Einführung der Anwendbarkeit des Kartellrechts im Gesundheitswesen auch ein Bestandteil Ihres Wahlprogrammes zur letzten Bundestagswahl darstellt.Ich bin als Geschäftsführer eines mittelständischen Familieunternehmen im Gesundheitbereich unmittelbar von diesem Wortbruch betroffen. Ihre Wahlergebnisse zeigen, dass im Gegensatz zu der landläufig verbreiteten Meinung Wähler doch nicht so schnell vergessen. Nach den letzten Wahlniederlagen hat nun Ihr neuer Parteivorsitzender Phillip Rössler versprochen, "zu liefern". Bedeutet das, dass die FDP nun die Einführung der Anwendbarkeit des Kartellrechts im Gesundheitswesen in einem zweiten Anlauf mit Verweis auf den Koalitionsvertrag durchsetzen wird?
Sehr geehrter Herr Stegmaier,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema „Kartellrecht im Gesundheitswesen“.
Bereits im Deutschlandprogramm zur Bundestagswahl 2009 hat die FDP festgestellt: „Bürokratische, zentralistische Lösungen behindern den effizienz- und innovationssteigernden Wettbewerb, der durch einen klaren wettbewerbs- und kartellrechtlichen Rahmen flankiert werden muss.“
Im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und FDP wurde dann festgehalten: „Wir wollen, dass das allgemeine Wettbewerbsrecht als Ordnungsrahmen grundsätzlich auch im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung Anwendung findet.“
Dieses Ziel haben wir mit der Neuregelung des § 69 SGB V zum 01. Januar 2011 umgesetzt. Grundsätzlich findet das Kartellrecht nun auch in der gesetzlichen Krankenversicherung Anwendung. Dennoch sieht die Regelung Ausnahmen vor. Diese beziehen sich vornehmlich auf Verträge und sonstige Vereinbarungen, zu denen Krankenkassen und Leistungserbringer gesetzlich verpflichtet sind. Wie Sie wissen, geht es in der gesetzlichen Krankenversicherung in erster Linie darum, eine unter Effizienzgesichtspunkten bestmögliche Gesundheitsversorgung für die Versicherten zu gewährleisten.
Um dieses Ziel zu erreichen, werden Verträge und Vereinbarungen zwischen Krankenversicherungen und Leistungserbringern häufig über deren Dachverbände ausgehandelt, da durch die resultierenden Mengenrabatte die größtmöglichen Effizienzgewinne zu erzielen sind. Dies liegt im Interesse von Arbeitnehmern aber auch Arbeitgebern, weil auf diese Weise die Gesundheitskosten und damit die Lohnnebenkosten so gering wie möglich gehalten werden.
Nichts desto trotz kann ich Ihre Verärgerung in dieser Angelegenheit durchaus nachvollziehen. Ich möchte aber nochmals betonen: Die gesetzliche Krankenversicherung ist in erster Linie ein Zweig der Sozialversicherungen. Als solche soll sie ausschließlich dem Wohle der Versicherten dienen. Ich bitte Sie daher um Verständnis, dass wir dieses Wohl im konkreten Fall über die Erfordernisse des Kartellrechts stellen müssen.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Florian Bernschneider