Portrait von Florian Bernschneider
Florian Bernschneider
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Florian Bernschneider zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Michael L. •

Frage an Florian Bernschneider von Michael L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Bernschneider,

vor fast auf den Tag genau einem Jahr habe ich Ihnen eine Frage zum selben Thema "Hartz IV" gestellt, an dieser Stelle nochmals herzlichen Dank für Ihre Antwort. Heute, nach der Einigung im Vermittlungsausschuss, hätte ich Ihnen gerne dazu noch drei Ergänzungsfragen gestellt.

Mir geht es um das Verständnis dessen, was man aus FDP-Sicht Anreiz zur Aufnahme einer Tätigkeit nennt und Ihre persönliche Ansicht dazu.

Nach meinem Kenntnisstand versteht man unter "Aufstocker" diejenigen Arbeitnehmer, die trotz Arbeitsaufnahme unter dem Existenzminimun bleiben und daher Zusatzleistungen beziehen. Ist es richtig, dass auch bei Vollschicht diese Zusatzleistungen nur bis zur "Hartz IV - Grenze" gewährt werden?

Wenn dies so wäre, also ein Arbeitnehmer in Vollschicht nach Aufstockung den finanziellen Spielraum von Hartz IV hätte, worin läge dann nach Vorstellung der FDP überhaupt ein Anreiz zur Arbeitsaufnahme?

Wenn dies nicht so wäre, die Aufstockung also zu einen Haushaltseinkommen oberhalb von Hartz IV führte, bis zum welchem Einkommensniveau wäre dann Ihrer Meinung nach die Aufstockung vertretbar?

Vielen Dank für Ihre Mühe, gerne läse ich Ihre Antwort auf meine Fragen.
M.Langer

Portrait von Florian Bernschneider
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Langer,

gerne beantworte ich Ihre Fragen zum Thema „Aufstocker“.

Es ist richtig, dass es sich bei den sogenannten „Aufstockern“ um Personen handelt, deren Einkommen durch Arbeitslosengeld II auf das Grundsicherungsniveau aufgestockt wird. Das Aufstocken von Einkommen wird in der öffentlichen Debatte oftmals mit Niedriglöhnen in Verbindung gebracht. Ein Zusammenhang besteht aber nur zum Teil. Von den 1,3 Mio. Aufstockern in Deutschland, sind rund 280.000 Personen in einem Vollzeitjob sozialversicherungspflichtig beschäftigt. In den meisten Fällen werden also aufstockende Leistungen bezahlt, weil die betreffenden Personen zu wenige Stunden arbeiten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales weist z.B. darauf hin, dass mehr als 50 Prozent der Aufstocker einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen und weniger als 400 Euro im Monat verdienen. Der Großteil hat sogar nur ein Einkommen von rund 100 Euro.

Sie sprechen mit Ihrer Frage nach dem Arbeitsanreiz also einen zentralen Aspekt an. Die Frage ist doch, wie wir Anreize setzen, damit Menschen sich aus der Arbeitslosigkeit herausarbeiten und nicht stattdessen im Leistungsbezug verharren. Der entscheidende Hebel sind in diesem Zusammenhang die Hinzuverdienstgrenzen. Diese regeln, welchen Anteil des hinzuverdienten Einkommens jemand im ALG II-Bezug behalten darf. Die FDP setzt sich dafür ein, die Hinzuverdienstgrenzen zu erhöhen, um stärkere Anreize für eine Arbeitsaufnahme zu setzen.

Die Hinzuverdienstgrenzen sind zur Zeit folgendermaßen geregelt: Die ersten 100 Euro des Verdienstes sind anrechnungsfrei, sie verbleiben den Betroffenen voll. Von 100 Euro bis 800 Euro sind 20 Prozent (bis zu 140 Euro) anrechnungsfrei. Im höheren Einkommenssegment haben wir im letzten Jahr eine Verbesserung der Hinzuverdienstgrenzen erreicht. Vor der Neuregelung wurden bei einem Verdienst zwischen 800 Euro und 1200 Euro 90 Prozent vom ALG II abgezogen. Damit wurde der geringste Anreiz gesetzt, mehr als 800 Euro zu verdienen. Statistisch ist jedoch belegt, dass sich die Wahrscheinlichkeit, dass jemand im Leistungsbezug verbleibt mit steigendem Einkommen (über 800 Euro) verringert. Fast 90 Prozent der Betroffenen gelingt es ab einem Zuverdienst von 800 Euro binnen zwei Jahre die Bedürftigkeit zu verlassen. Nach der Neuregelung der christlich-liberalen Koalition sind in der höheren Einkommensgruppe nun 20 Prozent anrechnungsfrei.

Die FDP hatte sich für weitgehendere Hinzuverdienstmöglichkeiten eingesetzt, um stärkere Anreize zu setzen. Die von der FDP vorgeschlagenen Modelle finden Sie im Leitantrag „Für faire Finanzbeziehungen zwischen Bürger und Staat. Ob als Steuerzahler oder als Transferempfänger - Leistung muss sich immer lohnen“ (S. 15) des 61. Bundesparteitages: http://parteitag.fdp.de/files/46/AL1-2010-Steuern.pdf Unsere Vorschläge fanden in dieser Form leider nicht die Unterstützung der Koalitionspartner. Die Neuregelung ist daher ein Kompromiss. Das liberale Bürgergeld sieht sogar noch höhere Hinzuverdienstgrenzen vor. Diese finden Sie im Deutschlandprogramm der FDP: http://www.deutschlandprogramm.de/files/653/Deutschlandprogramm09_Endfassung.PDF (S. 9-10). Ich kann Ihnen versichern, dass sich die FDP auch weiterhin für Verbesserungen bei den Hinzuverdienstgrenzen einsetzen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Florian Bernschneider