Frage an Florian Bernschneider von Konrad S. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Bernschneider,
Bundesfinanzminister Schäuble sagte in der Bundestagsdebatte vom 14.09.2010, dass der neue Haushalt wachstumsfördernd sei. Daher meine Frage: Wie stehen Sie zum Ziel Wirtschaftswachstum? Inwiefern führt für Sie wirtschaftliches Wachstum zu Wohlstand (auch nicht materiellen) und ist Voraussetzung für eine freie Gesellschaft? Ist Wirtschaftswachstum für die FDP in jedem Fall positiv und wünschenswert, auch wenn dieses möglicherweise Schaden anrichtet (beispielsweise durch die Abwrackprämie, wodurch einerseits die Automobilindustrie über die Krise gerettet wurde, andererseits hunderttausende zumeist fahrtüchtige Kraftfahrzeuge zerstört wurden, wobei der Umwelt immenser Schaden zugefügt wurde, da 80-90 % aller Umweltschädigungen bei der Produktion des Autos entstehen; oder durch Wettbewerbsverzerrung wegen der Senkung der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen auf Kosten anderer Wirtschaftszweige wie beispielsweise der Gastronomie)?
Vgl. Wenkel, Abwrackprämie; http://www.dw-world.de/dw/article/0,,4127985,00.html
Ist das Ziel Wachstum daher für Sie stets wünschenswert?
Mit freundlichen Grüßen
Konrad Schröder
Sehr geehrter Herr Schröder,
vielen Dank für Ihre Frage zur Kategorie des Wirtschaftswachstums, mit der Sie eine hochaktuelle Debatte ansprechen.
Wirtschaftliches Wachstum, also die Änderung des Brutto-Inlandsprodukt (BIP) als Summe aller produzierten Waren und Dienstleistungen von einem Jahr zum nächsten, ist in vielen industrialisierten Volkswirtschaften eines der Hauptziele staatlicher Wirtschaftspolitik. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass Wirtschaftswachstum in der Ökonomie als Voraussetzung gilt um einen Anstieg der Arbeitslosigkeit zu vermeiden oder deren Abbau voranzutreiben. Wirtschaftliches Wachstum ist daher auch für die FDP ein notwendiger Faktor zur Sicherung des Wohlstandes in unserem Land.
Allerdings stellt sich, wie Sie richtig bemerken, die Frage, ob der Indikator des BIP bzw. des BIP pro Kopf ausreichend ist, um den Wohlstand einer Bevölkerung umfassend abzubilden. Denn die Messung des Wirtschaftswachstums macht beispielsweise keine Angaben über Umweltschäden oder die Qualität des Bildungswesens, die sowohl die Wirtschaftentwicklung beeinflussen als auch die Lebensqualität der Menschen betreffen. Da die christlich-liberale Koalition diese Frage als essentiell für eine nachhaltige Entwicklung ansieht, haben sich die Regierungsfraktionen dazu entschieden, eine Enquete-Kommission zum Thema „Nachhaltiges Wirtschaften“ einzusetzen. Dieses parlamentarische Gremium soll damit beauftragt werden, einen umfassenden Indikator zur Messung des Wohlstandsniveaus zu erarbeiten. Des Weiteren soll die Enquete-Kommission an die Debatten um mögliche Grenzen des wirtschaftlichen Wachstums anschließen und dabei zum Beispiel die Rolle des technologischen Fortschritts untersuchen.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Bernschneider