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Florian Bernschneider
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Frage von Raban H. •

Frage an Florian Bernschneider von Raban H. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Bernschneider,

seit einiger Zeit verfolge ich mit Interesse die Debatte um die steuerliche Gleichstellung eingetragener homosexueller Lebenspartnerschaften. Die Haltung Ihrer Partei begruesse ich, obwohl ich selbst kein Homosexueller bin. Stattdessen hoffe ich, dass eine Liberalisierung des Eherechts auch mein Problem loesen kann.

Vor 10 Jahren bin ich mit meinen beiden Frauen und meinem Sohn aus Irak immigriert. In Irak habe ich Medizin studiert und als Arzt gearbeitet. Aufgrund der Verfolgung der kurdischen Minderheit bin ich nach Deutschland gegangen und arbeite auch hier als Chirurg. Die deutschen Behoerden haben aber nur meine erste Ehe anerkannt. Mit beiden Frauen habe ich inzwischen je 2 Kinder. Ich kann mir vorstellen, dass es für Sie merkwuerdig klingt. Ich bin kein Islamist, lebe im Gegenteil einen sehr liberalen Islam. Mehrere Frauen haben ist in meinem Heimatland nunmal nicht ungewoehnlich.

In Ihrem Deutschlandprogramm schreiben Sie: „Für Liberale sind alle Lebensgemeinschaften wertvoll, in denen Menschen Verantwortung füreinander übernehmen. Verantwortungsgemeinschaften dürfen nicht diskriminiert werden. Wer gleiche Pflichten hat, verdient auch gleiche Rechte.“ Als Liberaler kennen Sie sicher auch das Zitat von John Stuart Mill: „der einzige Grund, aus dem die Menschheit, einzeln oder vereint, sich in die Handlungsfreiheit eines ihrer Mitglieder einzumischen befugt ist: sich selbst zu schützen.“

Ich schaetze die vielen Freiheiten, die mir in Deutschland gewaehrt werden, den Schutz vor Diskriminierung und die Freiheit der Religion. Ich liebe meine beiden Frauen und verstehe nicht, warum ich nicht mit beiden verheiratet sein darf. Wem schade ich damit? Ich faende es richtig, dass der Staat nicht darueber richten darf, welche Form des Zusammenlebens die Richtige ist.

Ich frage Sie: Wenn Sie fuer die Gleichstellung aller Lebensgemeinschaften kaempfen, warum erlauben Sie dann nicht auch die Mehrehe?

Mit freundlichen Gruessen,
Raban Hamed

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Hamed,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur Haltung der FDP in Bezug auf die Vielehe.

Die FDP begrüßt es, wenn Menschen füreinander Verantwortung übernehmen. Deswegen liegt es mir persönlich und als Liberalen fern, die von Ihnen gewählte Form einer Verantwortungsgemeinschaft zu kritisieren. Allerdings muss in dieser Frage berücksichtigt werden, dass der deutsche Ehebegriff Ausdruck der in Deutschland und in Europa vorherrschenden Kultur ist, in der die Monogamie als Basis von Partnerschaften und Familie gilt. Diese Definition von Ehe und der in Artikel 6 des Grundgesetzes verankerte besondere Schutz der Ehe hat im deutschen Rechtssystem weitreichende Folgen, die es zu berücksichtigen gilt. So gehen aus der Ehe bestimmte Rechtsfolgen hervor, die beispielsweise Ansprüche im Sozialversicherungssystem betreffen. Demnach erhalten Ehepartner z.B. eine kostenlose Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung oder im Todesfall des Ehepartners eine Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Müssten beispielsweise die Rentenansprüche auf mehrere Ehepartner verteilt werden, wäre deren Existenzminimum nicht gesichert und sie müssten durch die Grundsicherung aufgefangen werden. Die Zulassung der Vielehe hätte also eine nicht einschätzbare Belastung für die öffentlichen Haushalte und die sozialen Sicherungssysteme zur Folge.

Grundlage unseres Rechtssystems ist also die gesellschaftliche und kulturell geprägte Haltung, dass eine Ehe auf Monogamie beruht. Die Zulassung von Vielehen würde diese Rechtsfolgen und damit auch den im Grundgesetz festgeschriebenen besonderen Schutz der Ehe in Frage stellen bzw. eine grundsätzliche Reform erforderlich machen. Eine Öffnung der Ehe für mehr als zwei Partner würde in der Gesellschaft folglich nicht auf Akzeptanz stoßen.

Die Jungen Liberalen (JuLis) haben sich in einem Beschluss zur Familienpolitik auf dem letzten Bundeskongress für die „eingetragene Verantwortungsgemeinschaft“ statt der klassischen Ehe ausgesprochen, die auch von mehr als zwei Menschen eingegangen werden kann. Ich persönlich stehe diesem Beschluss kritisch gegenüber, weil eben die Rechtsfolgen noch völlig undurchdacht sind. Den Beschluss können Sie unter dem folgenden Link einsehen: http://inhalte.julis.de/beschluesse/1fce07d465fccd37000001288411c25c.html Ich möchte Sie allerdings darauf hinweisen, dass dies nicht Familienbegriff der FDP, sondern der JuLis ist. Auch wenn ich dem Beschluss in der jetzigen Fassung nicht zustimmen kann, zeigt er eine Zukunftsversion auf, wie eine sich wandelnde Gesellschaft mit dem Begriff der Familie umgehen könnte. Was ich mir vorstellen kann, sind Regelungen, die die Stellung nichtverheirateter Partner verbessern ohne die Gemeinschaft der Steuerzahler zu belasten, wie beispielsweise Auskunftsrechte im Krankenhaus.

Mit freundlichen Grüßen

Florian Bernschneider