Frage an Florian Bernschneider von Roland H. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Bernschneider,
trifft es zu, daß deutsche Polizisten immer öfter auf den Straßen beleidigt, angepöbelt, angegriffen und verletzt werden?
Trifft es zu, daß deutsche Polizeigewerkschaften schon länger warnen, daß irgendwann die Sicherheit der deutschen Bürger nicht mehr gewährleistet werden kann, daß es Gebiete in deutschen Städten gibt, in denen die Staatsmacht machtlos ist?
Trifft es zu, daß der NRW- Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Erich Rettinghaus, vorgeschlagen hat, daß türkische Polizisten in türkischen Uniformen in türkischen Migrantenvierteln auf Streife in NRW auf Streife gehen und das Recht durchsetzen sollen?
Wenn ja, wie ist es so weit gekommen?
Mit freundlichen Grüßen
Roland Helmert
Sehr geehrter Herr Helmert,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage, auf die ich gerne eingehe.
Richtig ist, dass statistisch eine Zunahme von verbaler wie körperlicher Gewalt gegen Polizeibeamte in Problemvierteln, die meistens in deutschen Großstädten liegen, zu verzeichnen ist. Laut der Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist die Zahl der Fälle von Gewalt gegen Polizisten in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Vor allem im Rahmen von Demonstrationen ist eine zunehmende Gewaltbereitschaft der Teilnehmer zu verzeichnen, die auch mich betroffen macht. Allerdings werden gewalttätige Ausschreitungen auf Demonstrationen gerne genutzt, um die allgemeine Sicherheitslage zu dramatisieren. Fakt ist, dass Gewalttaten und Kriminalität, laut Statistik des Bundeskriminalamtes, seit Jahren rückläufig sind. Die Kinder- und Jugendgewalt ist in den letzten Jahren ebenfalls nicht signifikant angestiegen, auch wenn einige erschütternde Fälle bundesweit für Aufsehen sorgten.
Ob der Vorschlag von Herrn Rettinghaus, türkische Polizisten mit deutschen Kollegen in Nordrhein-Westfalen auf Streife zu schicken, zielführend ist, kann ich nicht sagen. Es ist auch nicht meine Aufgabe, der Polizei bei ihrer Aufgabenwahrnehmung Ratschläge zu erteilen.
Auf jeden Fall ist die Politik nicht untätig. Eine Novelle des Strafgesetzbuches ist bereits in Ausarbeitung, nach der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB) härter bestraft werden soll. Viel wichtiger als eine Strafverschärfung ist aus meiner Sicht jedoch mehr Prävention. Kommunen und Bundesländer sind daher aufgerufen, bessere Strategien zur Gewaltprävention zu finden, beispielsweise durch ein entsprechendes Stadtteil- und Quartiersmanagement oder durch Jugendprojekte und Aufklärungsprogramme.
Damit gerade junge Menschen nicht auf die schiefe Bahn geraten oder aufgrund einer fehlenden beruflichen Perspektive sich von der Gesellschaft abwenden, ist es besonders wichtig, jedes Talent in unserem Land zu fördern. Die Bundesregierung unternimmt mit der neuen Bildungsoffensive und dem Ausbildungspakt erhebliche Anstrengungen, um ihren Teil dazu beizutragen, aus Deutschland eine Bildungsrepublik zu machen, die niemanden verloren gibt. Denn wer erfolgreich den Übergang von der Schule in die Ausbildung und von der Ausbildung in den Beruf geschafft hat, aufgrund seiner Leistungen geachtet wird und ein selbstbestimmtes Leben führt, der identifiziert sich in der Regel auch mit unserem Staat und unserer Gesellschaft. Zahlreiche Studien belegen: Bildung, Arbeit und Prävention beugen Straftaten besser vor als jede noch so gut gemeinte Gesetzesverschärfung.
Die sinkende Arbeitslosigkeit und das mittlerweile vorhandene Überangebot an Ausbildungsplätzen verdeutlicht, dass wir hier auf einem guten Weg sind. Nichts desto trotz, müssen wir uns weiter anstrengen, um möglichst allen lern- und ausbildungswilligen Jugendlichen eine Perspektive zu geben. Dann werden die von Ihnen geschilderten Beobachtungen in Zukunft, so hoffe ich, immer seltener werden.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Bernschneider