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Florian Bernschneider
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Frage von Wolfgang S. •

Frage an Florian Bernschneider von Wolfgang S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Bernschneider,

die von Frau Merkel und Herrn Westerwelle bekannt gegebenen Sparvorschläge gehen tatsächlich überwiegend zu Lasten kleinerer Einkommen. Auch aus psychologischen Gründen wäre es sinnvoller, die Spitzenverdiener stärker zu belasten. Das bringt nicht sehr viel mehr Einnahmen, aber der psychologische Aspekt darf nicht vergessen werden. Daneben müssen sich die Spitzenpolitiker stärker Gedanken machen, in welchem Umfang in der Politik selbst eingespart werden kann. Ein immer mehr übertriebener Föderalismus kostet Unsummen. Reduziert endlich die 16 Bundesländer, bestimmte Aufgaben wie z.B. innere Sicherheit und Bildung gehören in eine Hand (Bund).

Wann will die FDP anfangen, im Bereich der Politik zu sparen?

Mit freundlichen Grüße
Wolfgang Surkau

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Surkau,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 8. Juni 2010 zum Thema Haushaltskonsolidierung, auf die ich hiermit Bezug nehme.

Ich teile Ihre Einschätzung nicht, dass die Vorschläge für Einsparmaßnamen im Bundeshaushalt vorrangig kleinere Einkommen treffen. Geringverdiener werden gar explizit geschont, beispielsweise beim Elterngeld. Hier greift die Absenkung der Lohnersatzquote von 67 auf 65 Prozent erst ab einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.220 Euro. Weiteren Belastungen, die diese Gruppe überproportional treffen würden, wie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer oder der Einkommenssteuersätze, hat die FDP eine klare Absage erteilt. Richtig ist, dass im Sozialbereich Einschnitte vorgesehen sind. Dies ist für eine ernsthafte Sparanstrengung aber auch unabdingbar, wenn man bedenkt, dass die Hälfte des Bundeshaushaltes hierfür ausgegeben wird. Da sich nur rund ein Drittel der Einsparsumme aus dem Sozialetat speist, kann von einer Überbelastung aber keine Rede sein – vor allem wenn man bedenkt, dass sich das Volumen des Sozialstaates in den letzten 20 Jahren verdoppelt hat, nun aber weniger als 3 Prozent daraus eingespart werden. Auch das zeigt, dass die Vorwürfe eines „sozialen Kahlschlages“ fehllaufen. Vielmehr wird z.B. mit dem Elterngeld für ALG II-Empfänger eine systemwidrige Leistung abgeschafft, denn „Hartz IV“ ist als so genannte Grundsicherung konzipiert, die alle übrigen Sozialleistungen ersetzt. Schließlich wird auch das Kindergeld als steuerfinanzierte Leistung auf die ALG II-Bezüge angerechnet.
Nichts desto trotz will ich natürlich die Tatsache nicht kleinreden, dass die Sparmaßnahmen eine erhebliche Belastung für Gesellschaft, Wirtschaft und Staat darstellen. Es ist allerdings enorm wichtig, dass wir nun die Rückführung des riesigen staatlichen Schuldenberges in Angriff nehmen. Andernfalls würden nicht nur künftige Generationen ihrer Handlungsspielräume beraubt. Zugleich zeigen die dramatischen Entwicklungen anderer europäischer Staaten der letzten Monate, wie akut eine immense Staatsverschuldung wirken kann.

Der Reflex der Opposition, nun allerdings nach Steuererhöhungen zu rufen, ist absolut Fehl am Platze. Schon heute muss ein Durchschnittsverdiener rund 52 Prozent seines Einkommens über
Steuern und Sozialabgaben an den Fiskus abführen. Der Spitzensteuersatz betrifft heute längst nicht mehr die Einkommensspitze unseres Landes, da er schon ab einem zu versteuernden Einkommen von 52.000 Euro p.a. fällig wird. Das bedeutet, dass man im Jahr 2010 den Spitzensteuersatz zahlt, wenn man das 1,5 Fache des Durchschnittslohnes in Deutschland bezieht. Zum Vergleich: Im Jahre 1960 hat man den Spitzensteuersatz erst gezahlt, wenn man das 17-Fache des Durchschnittseinkommens erzielte.

Früher galt der Spitzensteuersatz für Manager und Vorstände, heute trifft er bereits Angestellte und Facharbeiter. Wer also nach höheren Spitzensteuersätzen ruft, belastet die Mitte. Hinzu kommt, dass dem Spitzensteuersatz nicht nur Privatpersonen unterliegen. Auch Unternehmen wie Handwerksbetriebe und alle Personengesellschaften mit einem Einkommen ab 52.882 Euro müssen höhere Abgaben zahlen. Ein höherer Spitzensteuersatz ist deshalb eine Wachstumsbremse für das Handwerk und viele mittelständische Betriebe. Eine solche Politik geht zu Lasten der Arbeitsplätze in
Deutschland und ist mit der FDP nicht zu machen. Wir haben uns aus gutem Grund gegen Steuererhöhungen eingesetzt und haben dafür gesorgt, dass ein Sparpaket von historischen Ausmaßen auf die Beine gestellt wurde, ohne dass erneut an der Steuerschraube gedreht wurde. Sie werten eine zusätzliche Belastung als notwendiges Zeichen. Ich glaube aber, dass es vor allem genau die Logik der Umverteilungspolitik der letzten Jahre war, die weder Ärmeren noch Reicheren gerecht wurde und in diese Situation geführt hat.

Der Etat der staatlichen Verwaltung ist übrigens keine heilige Kuh. Bis zum Jahr 2014 sollen 10.000 Stellen im öffentlichen Dienst abgebaut werden. Zudem werden bereits im nächsten Jahr die Löhne um 2,5% abgesenkt. Einsparungen durch die Reform der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern, wie Sie sie fordern, können weiterhin ein probates Mittel sein, wenn dadurch effizientere Verwaltungsstrukturen entstehen. Ich halte allerdings nichts von einer Einbahnstraßenpolitik des Föderalismus, bei der immer mehr Aufgaben an den Bund übertragen werden, ohne die Länder zu berücksichtigen. Der Föderalismus hat auch in Deutschland seine Verdienste, denn die Länder sind ein Garant für die politische Vielfalt und den Wettbewerb um gute Politik. Sie schaffen kulturelle und wirtschaftliche Zentren außerhalb der Hauptstadt, wie es in zentralistischeren Ländern wie beispielsweise Frankreich nicht der Fall ist. Eine Neueinteilung der Länder ist eine Idee, die diskutiert werden muss. Es wird allerdings aufgrund der historischen Entwicklung der Länder schwierig sein, sich hier auf eine Reform zu einigen.

Mit freundlichen Grüßen

Florian Bernschneider