Frage an Florian Bernschneider von Hans-Joachim W. bezüglich Finanzen
Abstimmung zur Griechenland-Hilfe
Sehr geehrter Herr Bernschneider,
als Bürger des Wahlkreises Braunschweig möchte ich gerne wissen, wie Sie zur geplanten Griechenland-Hilfe stehen.
Hierzu meine Meinung:
Das Haftungsverbot für die Verpflichtungen anderer Mitgliedstaaten in Art. 125 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) ist eindeutig. Ich zitiere: "Ein Mitgliedstaat haftet nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen eines anderen Mitgliedstaats und tritt nicht für derartige Verbindlichkeiten ein; dies gilt unbeschadet der gegenseitigen finanziellen Garantien für die gemeinsame Durchführung eines bestimmten Vorhabens."
siehe auch:
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2008:115:0047:0199:DE:PDF
Diese Klausel ist ein die Grundlage der Währungsunion unter Staaten, die eine Gemeinschaft auf der Grundlage eigenverantworteter Haushalte seien soll.
Der Bundestag hat, wie das Lissabon-Urteil vom 30. Juni 2009 herausgestellt hat, die Integrationsverantwortung. Wenn die Vertragsgrenzen mißachtet werden, sind die Maßnahmen nicht mehr demokratisch legitimiert. Das Gericht spricht von „ausbrechenden Rechtsakten“, die in Deutschland keine Wirkung entfalten würden (siehe hierzu auch die geplante Klage der Professoren Starbatty etc.)
So traurig es in diesem Einzelfall ist, lässt sich durch die geplanten Kredite der Bankrott Griechenlands auch nicht aufhalten. Im günstigsten Falle beträgt die Verschuldung nicht wie heute 125% vom BIP, sondern im Jahr 2013 144% vom BIP.
Ich möchte Sie daher bitten, bei der Abstimmung im Bundestag geltendes internationales und deutsches Recht zu beachten und dem Vorhaben der Regierung, durch deutsche Steuergelder abgesicherte Kredite nach Griechenland zu vergeben, nicht zuzustimmen.
MfG
H.-J. Wichmann
Sehr geehrter Herr Wichmann,
vielen Dank für Ihre Frage vom 05. Mai 2010, in der Sie mich auf die Finanzhilfen für Griechenland ansprechen.
Zuallererst möchte ich Ihnen versichern, dass ich Ihre Bedenken gegen ein milliardenschweres Hilfsprogramm gerade mit Blick auf die wachsende Staatsverschuldung Deutschlands gut nachvollziehen kann und dass ich mir die Entscheidung, bei der Abstimmung im Deutschen Bundestag für die Milliardenhilfen zu stimmen, alles andere als leicht gemacht habe. Allerdings möchte ich Sie auch darauf hinweisen, welche Folgen es gehabt hätte, wenn wir jetzt nicht entschlossen und mit internationalen Partnern gehandelt hätten: Erstens wäre die Stabilität des Euro in größter Gefahr gewesen. Zweitens befinden sich viele griechische Staatsanleihen im Besitz deutscher Banken. Durch eine Staatspleite würden diese Anleihen wertlos und damit entstünden für deutsche Banken und unser ganzes Land erneut unkalkulierbare Risiken.
Ferner hat Deutschland dem Euro, für dessen Rettung wir uns nun engagieren müssen, viel zu verdanken. Das, finde ich, sollten wir nicht vergessen. Unsere europäischen Nachbarn sind unsere besten Exportkunden. Die Wohlstandsfrage unseres Landes und unserer Bürger hängt auch am Erfolg des Euro. Nicht zu letzt garantiert die gemeinsame Währung auch politische Stabilität. Der europäischen Idee haben wir die längste Friedensperiode in Europa zu verdanken. Auch deshalb müssen wir den Brand in Griechenland unter Kontrolle bringen, damit sich in Europa kein Flächenbrand ausbreitet. Die finanzielle Stabilisierung Griechenlands ist zum heutigen Zeitpunkt alternativlos.
Trotzdem war allen Beteiligten klar, dass die Finanzhilfen für die Hellenische Republik mit klaren Auflagen verbunden werden müssen. Ein Blanko-Scheck auf Kosten der deutschen Steuerzahler - wie es z.B. die Sozialdemokraten indirekt gefordert haben - hat die christlich-liberale Koalition ganz bewusst nicht ausgestellt. Die Finanzhilfen sind an klare Auflagen gekoppelt. Auf diese Weise wollen wir sicherstellen, dass wir nicht in einigen Jahren wieder am gleichen Punkt stehen und deutsche Steuerzahler für die Fehler anderer Staaten erneut haften müssen. Die strengen Konsolidierungsauflagen für Griechenland haben zum Ziel, dafür zu sorgen, dass das Land die Kredite, für die wir nun bürgen, eines Tages tatsächlich begleichen kann. Gleichzeitig haben wir über die Bundesregierung auch Maßnahmen auf den Weg gebracht, die zukünftig diese Bedrohungen für unsere Währungsstabilität vermeiden helfen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen die Gründe für meine Zustimmung zu den Finanzhilfen darlegen. Mir ist bewusst, dass es auch viele nachvollziehbare Argumente gegen diese Hilfen gibt, nur wiegen die Konsequenzen einer Ablehnung der Hilfen für unser Land bedeutend schwerer.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Bernschneider