Frage an Florian Bernschneider von Andreas G. bezüglich Finanzen
Hallo Herr Bernschneider,
die FPD hat erklärt, die Steuern senken, insbesondere den sogenannten Mittelstandsbauch abbauen zu wollen.
Welche konkreten Maßnahmen werden von Ihnen unterstützt bzw. umgekehrt nicht befürwortet und wie wird sichergestellt, dass dies sozialverträglich erfolgt? Wie wird die Finanzierung argumentiert und welche Belastungen werden im Umkehrschluss auf die Bürger zukommen? Werden nicht über andere Maßnahmen (z. B. Umstrukturierung der Finanzierung der Krankenversicherung/"Kopfpauschale") niedrige Einkommen verhältnismäßig höher belastet?
Sind Sie der Auffassung, dass es angesichts der immensen Verschuldung des Staates aufgrund der Wirtschaftskrise vertretbar ist, schnelle Steuersenkungen zu verlangen? Und wie soll sichergestellt werden, dass nicht mit dem Zeitpunkt, zu dem die beschlossene Verschuldungsbegrenzung greift, immenser Refinanzierungsdruck für den Staat entsteht?
Viele Grüße,
Andreas Grote
Sehr geehrter Herr Grote,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 31. Oktober 2009, in der Sie mich auf das Steuerkonzept der FDP und die im Koalitionsvertrag festgehaltenen Steuerentlastungen ansprechen.
Die FDP hat sich seit jeher dafür eingesetzt, die unteren und mittleren Einkommen zu entlasten. Schon heute muss ein Durchschnittsverdiener 52 Prozent seines Einkommens über Steuern und Abgaben an den Staat abführen. Das ist entschieden zu viel. Nur wenn die unteren und mittleren Einkommen nachhaltig entlastet werden, haben die Haushalte mehr Geld für den privaten Konsum in der Tasche und können so die Binnennachfrage stärken. Des Weiteren bin ich davon überzeugt, dass wir aus der aktuellen Wirtschaftskrise nur herauskommen werden, wenn wir zum einen das Vertrauen der Menschen in unsere Wirtschaft und den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken und zum anderen gerade für den Mittelstand die nötigen Rahmenbedingungen schaffen, um im internationalen Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können.
Deshalb hat sich die Koalition aus CDU/CSU und FDP für ein - wie ich finde - mutiges Programm entschieden. Mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 09.11.2009 (Bundestagsdrucksache 17/15) stellen wir die Weichen, um aus der schwersten Wirtschaftskrise in der Geschichte der Bundesrepublik gestärkt hervorzugehen. Bereits zum 01. Januar 2010 wird der Kinderfreibetrag von 6024 Euro auf 7008 Euro angehoben und das Kindergeld um 20 Euro je Kind erhöht. Ferner planen wir Änderungen im Bereich der Unternehmenssteuern, namentlich die Abmilderung der Zinsschranke, die Erleichterungen der Umstrukturierung von Unternehmen im Bereich der Grunderwerbssteuer sowie der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Letzteres ist für mittelständische Unternehmen sehr wichtig, da hier in den nächsten Jahren viele Unternehmensübergaben anstehen.
Ungeachtet der damit umgesetzten Entlastungen, setzen wir uns weiterhin für unser Konzept einer einfachen, verständlichen und gerechten Steuer mit den Sätzen 15, 25 und 35 Prozent sowie einem Grundfreibetrag für Kinder wie Erwachsene von 8004 Euro ein. Dieses Modell ist auch bezahlbar, da es immer noch viele Ausnahmetatbestände im Steuerrecht gibt, die mit diesem Modell wegfallen würden. Auch der Bürokratieabbau käme durch eine grundlegende Steuerreform, zu der auch die Unternehmenssteuern gehören, voran. Subventionen würden abgebaut und Leistung belohnt. Das halte ich für ein ganz wichtiges Signal.
Dass die Neuverschuldung des Bundes in diesem und im nächsten Jahr sehr hoch ausfällt, liegt zum Teil an der Wirtschaftskrise, zum Teil aber auch an der ungebremsten Ausgabepolitik der Großen Koalition. Trotz außerplanmäßigen Mehreinnahmen von rund 55 Milliarden Euro pro Jahr hat es Schwarz-Rot nicht vermocht, den Bundeshaushalt auszugleichen. Im Gegenteil, es wurden immer neue Ausgabeprogramme beschlossen. Was auch häufig vergessen wird: Trotz des Wirtschaftseinbruchs hat der Bund in diesem Jahr noch 34 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen als im Jahr 2005. Dies zeigt: Wir müssen nicht die Einnahmeseite in den Blick nehmen, sondern die Ausgabenseite des Staates. Wenn wir hier entscheidend vorankommen und sich die konjunkturelle Lage in den nächsten Jahren deutlich verbessert, wird auch der finanzpolitische Spielraum vorhanden sein, um unser Liberales Steuermodell umzusetzen und zugleich den Bundeshaushalt nachhaltig zu sanieren. Deshalb haben wir auch im Koalitionsvertrag festgehalten, dass die Ausgabensteigerung des Bundes nicht über dem jährlichen Wirtschaftswachstum liegen darf. Damit folgen wir einem einfachen aber wesentlichen Grundsatz der Haushaltspolitik. In den vergangenen Jahren lagen die Ausgabensteigerungen des Bundes bei etwa 4%, während das BIP nur um etwa 1,5% stieg.
Sie haben mich auch auf die Gesundheitspolitik angesprochen. Für uns Liberale ist klar, dass der Wettbewerb im Gesundheitssektor gestärkt werden muss. Deshalb wollen wir den gesetzlichen Krankenkassen ihre Beitragsautonomie zurückgeben und den bürokratischen und überflüssigen Gesundheitsfonds abschaffen. Die FDP ist gegen ein staatliches und zentralistisches Gesundheitswesen, das nur zu Mangelverwaltung, 2-Klassen-Medizin und längeren Wartezeiten führt. Daher sieht unser Konzept eines Prämienmodells eine Verpflichtung der Versicherer vor, die notwendige Grundversorgung ohne Risikozuschläge sicherzustellen. Diejenigen, die sich eine Krankenversicherung nicht leisten können, erhalten finanzielle Unterstützung aus dem Steuer-Transfer-System. Gerade die Bezieher niedriger Einkommen werden dadurch nicht mehr belastet. Dieser Systemwechsel ist aus meiner Sicht wichtig, um in der Krankenversicherung zu einem leistungsgerechten Prämiensystem und zu einer generationengerechten Verteilung der Lasten zu kommen. Jede Generation sollte vom Grundsatz her die von ihr verursachten Gesundheitskosten selbst tragen.
Wie Sie der Tagespresse sicherlich entnommen haben, wird eine Regierungskommission eingesetzt, die die unterschiedlichen Konzepte der Koalitionspartner zu einem Reformkonzept zusammenführen soll. Das Ergebnis dieser Kommission müssen wir alle zunächst abwarten. Vorher kann ich Ihnen zu Detailfragen keine Auskunft geben.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Bernschneider