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Florian Bernschneider
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Frage von Lucas K. •

Frage an Florian Bernschneider von Lucas K. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Bernschneider,

wie schätzen sie die Forderungen der Initiative www.monetative.de ein? Meiner Ansicht nach ist es dringend an der Zeit eine öffentliche Diskussion über das heute Geldystem und Alternativen anzustoßen! Das Folgende Zitat wurde der Website www.monetative.de entnommen.

"Die Wurzel der jüngsten Finanzkrisen liegt im heutigen Geldsystem. Es erzeugt überschießend Kredit und fördert damit Spekulationsblasen ebenso wie Inflation und die maßlose Überschuldung vieler Beteiligter. Finanz- und Realwirtschaft können nur funktionieren auf der Grundlage einer stabilen und gerechten Geldordnung. Deshalb setzen wir uns ein für

1. die Wiederherstellung des staatlichen Vorrechts der Geldschöpfung

2. die Beendigung jeglicher Bankengeldschöpfung

3. die schuldenfreie Inumlaufbringung neu geschöpften Geldes durch öffentliche Ausgaben.

Lesen Sie hier die vollständige Initiativerklärung." ( www.monetative.org )

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Kuhn,

vielen Dank für Ihre Frage mit der Sie ohne jeden Zweifel eine spannende Diskussion eröffnen, die wohl kaum mit einigen Zeilen beantwortet werden kann, über die man wohl ganze Arbeiten verfassen könnten. Allerdings kann ich die Bedenken der Initiative nicht gänzlich teilen.

Völlig richtig ist, dass wir eine vollkommene Unabhängigkeit der Zentralbank von politischen Einflüssen brauchen. Ich sehe keinen Grund diese Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank zu bezweifeln, zahlreiche Entscheidungen aus der Vergangenheit zeigen dies deutlich, zahlreiche Regelungen der EZB machen diese Unabhängigkeit außerdem klar. Wie zum Beispiel die Tatsache, dass das Direktorium eine lange Amtszeit (8 Jahre) hat, aber eben auch nicht die Möglichkeit einer Wiederernennung besteht. Gerade in Hinblick auf die Inflation ist diese Unabhängigkeit der EZB zur Politik enorm wichtig.

Ich kann allerdings auch nicht die Bedenken teilen, dass die Geschäftsbanken unkontrolliert Giralgeld in Umlauf bringen könnten. Die Geldmenge und natürlich auch das Giralgeld werden nämlich durch zahlreiche Stellschrauben durch die Europäische Zentralbank kontrolliert. Zum Beispiel durch die Mindestreserve, die Geschäftsbanken bei der EZB hinterlegen müssen. Allein dieser Faktor sorgt dafür, dass Giralgeld entsprechend mit Geld der Zentralbank hinterlegt werden muss. Damit nimmt die EZB direkten Einfluss auf die Menge an Giralgeld, die sich im Umlauf befindet.

Die Ursachen der Finanzmarktkrise sind sicherlich vielschichtig, eine ist aber sicherlich die mangelhafte nationale aber auch internationale Bankenaufsicht. Es darf eben nicht passieren, dass die Banken durch außerbilanzielle Geschäfte Risiken eingehen oder besser gesagt in großem Umfang auslagern, die nicht mehr überschaubar sind und eine Hinterlegung mit Eigenkapital (auch ein Instrument um die Kreditvergabe zu steuern; Stichwort Basel) umgehen. Auch die Tatsache, dass amerikanische Ratingagenturen in der Konstruktion von Finanzprodukten tätig waren, die sie später selbst auf das Risiko bewerteten, halte ich für einen kritischen Punkt. Es hätte einer Bankenaufsicht auch auffallen müssen, dass langfristige Verbindlichkeiten kurzfristig refinanziert wurden. Auch hier könnte man wohl über weitere Gründe der Finanzmarktkrise ganze Bücher schreiben, deswegen belasse ich es bei diesen Punkten.

Mit den Alternativen, die in Ihrer Frage angesprochen werden kann ich wenig anfangen. Ich halte die Unabhängigkeit der Geldpolitik bei einem "staatlichen Vorrecht der Geldschöpfung" für sehr fragwürdig. Auch die „alleinige Inumlaufbringung“ durch öffentliche Ausgaben sehe ich sehr kritisch, weil das zwangsläufig dazu führt, die Ausgaben des Bundes an dem Geldbedarf der Gesamtwirtschaft auszurichten. Eine solche Koppelung hielte ich für sehr fragwürdig und ich glaube, dass dieses Konstrukt auch zu fragwürdigen Investitionen des Bundes führen würde.

Ich bitte Sie um Verzeihung, dass Sie etwas auf diese Antwort warten mussten und freue mich auf die eventuell weitere Diskussion; gerne auch über die Wahl hinaus.

Mit freundlichen Grüßen

Florian Bernschneider