Sehr geehrter Herr Martin, wie ist Ihre persönliche Meinung bezüglich gendergerechter Sprache?

Liebe Nadine K.
vielen Dank für Ihre Frage.
Ich bin der Meinung, dass Sprache Sichtbarkeit schafft. Sprache kann integrieren, aber eben auch ausgrenzen. Und Sprache hat reale Auswirkungen: Studien zeigen uns, dass wir bei einem Feuerwehrmann eben häufig nicht an eine Frau denken, die diesen Beruf ausübt. Ebenso gibt es Untersuchungen unter jungen Menschen die zeigen, dass eine geschlechtsneutrale Darstellung von Berufen oder die Betonung von männlicher und weiblicher Form dazu beiträgt, dass sich Mädchen und junge Frauen eher angesprochen fühlen und den Beruf als erreichbarer begreifen. Die Verwendung geschlechtergerechter Sprache hat damit auch ganz konkrete positive Auswirkungen, deshalb befürworte ich sie.

Ich persönlich versuche möglichst geschlechtsneutrale Formulierungen zu benutzen, sie sind aus meiner Sicht häufig besser verständlich und es werden auch nichtbinäre Menschen angesprochen. Sollte eine geschlechtsneutrale Formulierung mal nicht gelingen, so verwende ich den Genderstar.
In der öffentlichen Diskussion störe ich mich hin und wieder an der Zuspitzung auf geschlechtergerechte Sprache. Aus meiner Sicht verkürzt das eine jahrzehntelange Debatte auf einen Teilbereich, der zwar seine Berechtigung und Relevanz hat, aber nie den Anspruch hatte alle Probleme zu lösen. Geschlechtergerechte Sprache allein schafft noch keine Gleichberechtigung. Dafür braucht es unterschiedliche Maßnahmen, die die verschiedenen Bereiche beherzt anpacken.

Beste Grüße
Felix Martin