Frage an Felix Martin von Margot A. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Martin,
ist es zutreffend, daß die Fraktion der Grünen im hessischen Landtag gegen einen Antrag der Fraktion Die Linke, Kurzstreckenflüge für hessische Landesbedienstete einzuschränken, gestimmt hat?
Wenn ja, wie begründen Sie vor dem Hintergrund einer notwendigen Verkehrswende eine solche Entscheidung?
mit freundlichen Grüßen,
M. A. u. H. G.
Liebe Frau Arabin,
lieber Herr Grundler,
vielen Dank für Ihre Frage. Lassen Sie mich zunächst versichern, dass
der Klimaschutz für uns Grüne – und auch für mich persönlich – neben der
Bewältigung der Corona-Krise das zentrale Thema unserer Zeit ist. Wir
setzen deshalb in der Landesregierung vielfältige Klimaschutz-Maßnahmen
um.
Im hessischen Landtag haben wir am 24.09.2019 den Gesetzesentwurf der
Linken mit dem Titel „Hessisches Gesetz für ein Gesetz zur Beschränkung
von dienstlichen Kurzstreckenflügen im Rahmen des Hessischen
Reisekostengesetzes“ beraten, in der Zwischenzeit hat sich der Ausschuss
für Inneres und Sport damit auseinandergesetzt und eine schriftliche
Anhörung von Expert*innen durchgeführt. In unserer Plenardebatte am 06.
Mai 2020 haben wir erneut darüber diskutiert. Das Gesetz wurde letztlich
mit den Stimmen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen, SPD, AfD und FDP
abgelehnt. Es haben also alle Fraktionen – außer der Linken – gegen das
Gesetz gestimmt. Ich möchte Ihnen dafür kurz unsere Gründe erläutern:
• Der Gesetzestitel suggeriert, mit dem Gesetz würden dienstliche
Kurzstreckenflüge beschränkt. Richtig ist aber, dass mit dem Gesetz
dienstliche Flüge innerhalb Deutschlands für Mitarbeiter*innen der
Landtagsverwaltung sowie Mitgliedern der Landesregierung komplett
ausgeschlossen wären. Sie würden nicht mehr genehmigt bzw. nicht mehr
erstattet werden. Außer Acht gelassen wird dabei, dass es auch
zahlreiche Kurzstreckenflüge ins Ausland gibt.
• In der Landesverwaltung gilt der Grundsatz: Reisen, die gar nicht erst
angetreten werden müssen, sind aus Aspekten des Klimaschutzes die
Besten. Bei Reisetätigkeiten schreibt das Reisekostengesetz kein
Verkehrsmittel vor. Vielmehr überprüft die reisende Person, welches
Verkehrsmittel aus wirtschaftlichen und ökologischen Aspekten heraus die
geeignete Wahl ist. In der geltenden Verwaltungsvorschrift ist
verankert, dass bei der Wahl des Verkehrsmittels explizit Umwelt- und
Klimaschutzaspekte in die Betrachtung einzubeziehen sind, so dass also
keine rein preisliche Betrachtung vorliegt.
• In der Realität sind Flugreisen durch Landesverwaltung oder
Landesregierung die absolute Ausnahme. Die große Mehrheit der
Reisetätigkeiten wird mit dem Zug, dem ÖPNV oder dem PKW durchgeführt.
• Sollte es dennoch mal zu einer dienstlichen innerdeutschen Flugreise
kommen, so braucht es dafür nachvollziehbare Gründe. Ein komplettes
Verbot kann dabei auch in Konkurrenz zu anderen wichtigen Zielen wie
etwa der Vereinbarkeit von Familie und Beruf stehen. Zum Beispiel dann,
wenn ein Elternteil die Dienstreise nur dann mit dem Zug absolvieren
kann, wenn dafür eine Übernachtung notwendig wird. Etwa ein Termin um
10:00 Uhr in Berlin etwa kann von Wiesbaden aus nicht mit der Bahn
erreicht werden, ohne dass die reisende Person bereits am Vortag
anreist.
• Darüber hinaus werden solche Flugreisen ab diesem Jahr durch das Land
Hessen kompensiert. Damit nehmen wir eine Vorreiterrolle unter den
Ländern ein. Zum Ausgleich der CO2-Emissionen hat Hessen Zertifikate für
60.000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr erworben. Bis 2024 werden dafür 7,2
Millionen Euro investiert, die wiederum weltweit für den Klimaschutz
eingesetzt werden. Wir folgen damit konsequent dem Prinzip: Minimieren,
substituieren und kompensieren.
• Transparenz ist wichtig. Wenn Sie die Debatte im Wortlaut verfolgen
möchten können Sie das über den YouTube-Kanal des Hessischen Landtags
tun. Hier finden Sie die Debatte vom 24.09.2019, die jüngste Debatte
sollte in wenigen Tagen verfügbar sein:
https://www.youtube.com/watch?v=2VP1ZgtRZiA&list=PL7ZmRauy0CgUzpWcwHkqWKkWTnBaRrBo4&index=5
Lassen Sie mich abschließend noch erwähnen, dass wie Grüne uns im Bund
und auch in Hessen vielfältig für die notwendige Verkehrswende
einsetzen. Bahn fahren muss günstiger und attraktiver werden. Wir setzen
uns daher für die Reaktivierung aller Strecken ein und haben dies, z.B.
im Landkreis Waldeck-Frankenberg, auch erfolgreich umgesetzt. Hessen ist
Vorreiter bei Flatrate-Tickets für Bus und Bahn. Aktuell können
Schüler*innen, Auszubildende, Freiwilligendienstleistende,
Landesbedienstete und Menschen über 65 Jahren das attraktive hessenweit
gültige ÖPNV-Ticket nutzen. Student*innen verfügen über ein
Studententicket. Das sind ca. 50% der hessischen Bevölkerung. Und wir
wollen weiter daran arbeiten und planen gerade an einem Ehrenamtsticket.
Wir haben noch eine Menge Arbeit vor uns, aber die Weichen sind in die
richtige Richtung gestellt.
Beste Grüße
Felix Martin