Werden Sie sich für medizinische Versorgung, Forschungsfinanzierung und Aufklärung für ME/CFS und LongCovid einsetzen?
Mehr als 500.000 Menschen in Deutschland leiden nachweislich an ME/CFS und Long COVID, die mit erheblichen Einschränkungen verbunden sind. Viele Betroffene sind arbeitsunfähig und pflegebedürftig trotz des meist jungen Alters.
Die Betroffenen stehen derzeit ohne eine einzige zugelassene Therapieoption da, Grundlagenforschung, um die Ursachen zu erkunden, wird in Deutschland nicht finanziert. Behörden und Gutachter sind nicht geschult, weshalb die Anerkennung von Pfegegrad, Grad der Behinderung, EU-Rente nicht erfolgt und jetzt über jahrelange Gerichtsprozesse eingeklagt werden muss.
Werden Sie sich im Falle einer Regierungsbeteiligung dafür einsetzen, die biomedizinische Forschung in diesen Bereichen zu fördern und somit die Grundlage für Therapieoptionen zu schaffen? Werden Sie sich für Aufklärung und Schulungen in Behörden und beim MD einsetzen, für den Aufbau medizinischer Versorgung wie im letzten Koalitionsvertrag vereinbart war? Vielen Dank
Sehr geehrte Frau E.,
vielen Dank für Ihre Frage zu Long COVID und ME/CFS.
Durch unseren kontinuierlichen Austausch mit Betroffenenorganisationen ebenso wie durch zahlreiche Schreiben von Bürger*innen wissen wir um die großen Einschnitte im Leben sowie die schwierige Lage, von der Betroffene und ihre Angehörigen durch die Einschränkungen im Alltag und den z.T. dauerhaften Pflegebedarf betroffen sind.
Der grünen Bundestagsfraktion ist es ein wichtiges Anliegen, die Versorgung von ME/CFS-Erkrankten sowie Betroffenen von allen Symptomatiken, die sich unter Long-Covid, Post-Covid und Post-Vac einordnen lassen, zu verbessern und die Forschung sowie die Therapieentwicklung zu diesen Krankheitsbildern voranzutreiben.
ME/CFS ist als neurologische Erkrankung bereits seit 1969 anerkannt. Trotzdem haben viele Vorgängerregierungen dieser Erkrankung und den Betroffenen kaum Aufmerksamkeit gewidmet, obgleich wir Grüne (beispielsweise durch eine Kleine Anfrage vom 7. August 2019, https://dserver.bundestag.de/btd/19/122/1912204.pdf?fbclid=IwAR0wrCUhCpAX8Ilf6k9RfCtPt8CeP2IfkAF67HYDezcb7cMPkjmpzRq6fko) die vorherige Regierung bereits dazu aufgefordert haben, sich dessen endlich anzunehmen.
Mit grüner Regierungsbeteiligung haben wir in dieser Legislaturperiode die mangelhafte Versorgungs- und Forschungslage auf die politische Agenda gesetzt. Wir haben in den letzten drei Jahren viele Maßnahmen auf den Weg gebracht um das Krankheitsbild Long COVID und ME/CFS besser zu verstehen und darauf aufbauend die Versorgung der Erkrankten zu optimieren.
Nachdem im Jahr 2022 und 2023 nur Haushaltsmittel in Höhe von 22,5 Millionen Euro bereitgestellt und bewirtschaftet wurden, konnten wir trotz der angespannten Haushaltsdiskussionen für 2024 bis 2028 über 200 Millionen Euro für Forschungsförderung zum Krankheitsbild selbst sowie zu Medikamenten und Therapien veranschlagen. Mit diesen Mitteln können nicht nur neue Forschungsvorhaben finanziert werden, sondern auch die Finanzierung von bereits laufenden Forschungsprojekten konnte gesichert werden. Für die Zukunft lässt sich unabhängig von der Zusammenstellung einer kommenden Bundesregierung festhalten, dass die in den vergangenen Haushaltsverhandlungen vereinbarten Mittel bis 2028 weiterhin Geltung tragen. Förderbekanntmachungen sind hierbei bereits veröffentlicht und es sind bereits Bewerbungen von verschiedenen Projekten für die Fördermittel eingegangen.
Im Jahr 2023 wurde außerdem eine Richtlinie zur standardisierten Diagnostik von Long COVID und Krankheitsbildern mit starken Erschöpfungszuständen wie etwa ME/CFS veröffentlicht, welche durch das Krankenhausentlastungsgesetz im Jahr 2022 durch die Ampel-Koalition in Auftrag gegeben wurde. Darüber hinaus auch der Runde Tisch für Long COVID und ME/CFS eingerichtet. Dort diskutieren in regelmäßigen Treffen Vertreter*innen aus der Wissenschaft, Betroffenenorganisationen, Ärzt*innenschaft, den Krankenkassen und Vertreter*innen aus der Politik insgesamt die zusammenhängenden Themen Long COVID, Post-COVID, das Post-Vac-Syndrom, sowie ME/CFS und loten Handlungsmöglichkeiten aus, um im Austausch die Versorgung zu verbessern. Für die Betroffenen hat das Bundesministerium für Gesundheit eine Website (https://www.bmg-longcovid.de/service) eingerichtet, die aktuelle Informationen zu Long Covid und Post-Covid, aber auch ME/CFS, bündelt und neben einer Liste an aktuellen Beratungs- und Unterstützungsangeboten auch mehrsprachige Informationen sowie telefonische Beratung für Erkrankte und Ärzt*innen anbietet.
Dieses alles sind sehr wichtige Maßnahmen, die ihre Wirkung teilweise erst mit der Zeit zeigen werden. Als Politik können wir weder Curricula für die Fortbildungen von Mediziner*innen selbst festlegen noch selbst Schwerpunktarztpraxen und -kliniken einrichten. Unsere Handlungsmöglichkeiten liegen insbesondere darin verschiedene Stellschrauben in Gesetzesvorhaben, in Haushaltsberatungen oder in unserer Öffentlichkeitsarbeit drehen, um in unserem vielschichtigen Gesundheitssystem Änderungen im Sinne der bestmöglichen Beratung und Behandlung Betroffener voranzubringen.
Auch in Zukunft werden wir uns weiter für die Belange der Betroffenen von Long COVID und ME/CFS einsetzen, um einen Unterschied für die Betroffenen machen zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Felix Banaszak