Haben Sie wahrgenommen, dass die letzten Proteste sich generell gegen die Politik der „Ampel“ richtet und nicht nur gegen letzten Beschlüsse von Lindner/Habeck/Scholz.
Sehr geehrter Herr Banaszak,
Das Verfassungsgericht hat im letzten Momemt gesetzwidrige Vorhaben gestoppt. Nach wochenlangen Diskussionen
gab es Beschlüsse die nicht mit den Betroffenen besprochen wurde. Und dieses Land befindet sich in einer Rezession.
Und die Umfragewerte sind ja auch nicht gerade berauschend. Halten sie in diesem Konsens „ein weiter so“ für richtig?
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Frage!
Vorab: Natürlich bekomme ich mit, dass die Politik der Ampel - und ja, auch der Grünen in der Ampel - derzeit viel Gegenwind erfährt. Und natürlich mache auch ich mir Gedanken daran, was unser Anteil daran ist und was wir tun können, um dies zu wenden.
Deutschland befindet sich in einer schwierigen Lage. Wirtschaftlich erleben wir die Folgen der Abhängigkeit, die wir insbesondere in Bezug auf den Import vermeintlich billiger Energie aus dem autokratischen Russland eingegangen sind. Wir erleben auch, dass die Versäumnisse beim Ausbau der Erneuerbaren Energien, beim Netzausbau, bei der Digitalisierung, beim Bürokratieabbau und bei Investitionen in den Erhalt unserer Infrastruktur uns nun mit voller Wucht treffen.
In einer solchen Situation wäre es aus meiner und unserer Sicht klug, mehr öffentliches Geld zu mobilisieren, um zum einen staatliche Investitionen zu erhöhen und gleichzeitig privatwirtschaftliche Investitionen anzureizen. Deshalb schlagen wir einen “Deutschland-Investitionsfonds” für Bund, Länder und Kommunen vor. Dies wäre auch die richtige Antwort auf einen immer härteren globalen Standortwettbewerb um Zukunftstechnologien, energieintensive Industrien und Fachkräfte.
Für eine solche Haushaltspolitik gibt es derzeit leider im Deutschen Bundestag keine Mehrheit. Das führt auch dazu, dass wir im Haushalt 2024 - auch in Folge des Verfassungsgerichtsurteils - deutlich härtere Einsparungen erbringen mussten, als es in dieser rezessiven Lage klug und angemessen wäre. In diesem Haushaltsverfahren zeigte sich nun sehr deutlich, dass den abstrakten Rufen nach “Sparen”, “Konsolidieren” und “Priorisieren” immer konkrete Einschnitte folgen (müssen), unter denen dann auch konkrete Menschen, Branchen und politischen Ziele leiden.
Glauben Sie mir, es wäre mir lieber, wir könnten auf solche Friktionen verzichten. Aber eine Politik, die allgemein spart und trotzdem niemandem weh tut, gibt es vielleicht in der Paralellwelt des CDU-Vorsitzenden - nicht aber in der Realität, in der wir unterwegs sind.
In diesem Sinne: Nein, ein “Weiter so” wäre ein Fehler, den wir nicht begehen sollten!
Mit freundlichen Grüßen,
Felix Banaszak