Die Grünen behaupten, Deutschland habe keinen Strom- sondern einen Wärmemangel. Der Weiterausbau von Windenergie und PV (also Stromquellen) soll das Problem lösen. Wie?
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse zum Thema Energie. Ihre Frage adressiert ein wichtiges Thema in der aktuellen Lage, in der wir politisch aber auch gesellschaftlich umdenken müssen – denn der russische Angriffskrieg in der Ukraine und die damit einhergehenden Problemlagen in der EU und in Deutschland führen uns vor Augen, dass wir schleunigst unabhängig werden müssen von fossilen Energieträgern.
Deutschland soll bis 2045 klimaneutral werden. Dieses im Klimaschutzgesetz verankerte Ziel setzt den Rahmen für die politischen Hebel der Ampel-Koalition. Auch im Wärmebereich ist der Ausstieg aus fossilen Energien herausfordernd. Wir wollen die Wärmeerzeugung in Deutschland durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien sicherstellen.
Deshalb führt meiner Meinung nach die Debatte über Atomkraft ins Leere. Denn wir haben, wie es im vergangenen Monat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck geäußert hat, “ein Wärme- und ein Versorgungsproblem, kein Stromproblem. ”Bei der Wärmeerzeugung stehen wir vor der Herausforderung, Erdgas als den derzeit wichtigsten Energieträger zu ersetzen. Wärme macht mehr als 50 Prozent des gesamten deutschen Endenergieverbrauchs aus – hier braucht es also einen verlässlichen Mix aus Quellen, die unseren Bedarf decken können (UBA). Im Jahr 2020 wurden in Deutschland etwa 965 Terawattstunden Erdgas verbraucht. Und genau da liegt das Problem: Wir sind aktuell noch auf erhebliche Mengen von fossilem Erdgas angewiesen.
Der Anteil erneuerbarer Energien an der Wärmeerzeugung in Deutschland lag im Jahr 2020 bei ca. 15,3%, im letzten Jahr bei 16,5% (Statista). Der Anteil von Erneuerbaren an der Wärmebereitstellung in Deutschland im Jahr 2021 zeichnet auch ein eindeutiges Bild: Ein Großteil leistet Biomasse, Solarthermie über PV bildet mit weniger als 5% das Schlusslicht (Statista). Im Jahr 2021 stieg der Verbrauch erneuerbarer Wärmeträger deutlich um fast 10 % an, zusammengenommen erzeugten Solarthermie, Geothermie und Umweltwärme einen neuen Spitzenwert erneuerbarer Wärme (UBA). Damit können Erneuerbare Energien bei der Wärmebereitstellung eine zunehmende Rolle einnehmen und es ergibt sich daraus aus unserer Sicht ein riesiges Potenzial, um mittel- bis langfristig unser Gasproblem nicht nur in den Griff zu kriegen, sondern uns mehr und mehr davon abzuwenden.
Auch die Windenergie als erneuerbare Energiequelle wird Deutschland bei der klimaneutralen Transformation helfen. Windenergie kann ebenfalls genutzt werden, um Wärme zu erzeugen - und das völlig frei von CO2. Laut Umweltbundesamt steigt die Bedeutung der Windenergie in den letzten Jahren am schnellsten unter den EE-Trägern an: Über die Hälfte des erneuerbaren Stroms wird mittlerweile durch Windenergieanlagen an Land und auf See erzeugt (Link). Das sollten wir auch für die Wärmeerzeugung nutzen.
Es braucht flexible Energiequellen, die sehr kurzfristig das Netz stabilisieren und auf erhöhte Nachfrage reagieren. Heute erfüllen diese Funktion fossile Erdgaskraftwerke - sowie Geothermie, Biogas und Speicher. In Zukunft werden es auch Kraftwerke sein, die grünen Wasserstoff verbrennen, und dadurch Wind- und Sonnenstrom ergänzen.
Weitere Informationen, vor allem zum Thema Grüne Wärme, lesen Sie zum Beispiel hier auf der Informationsseite des BMWK. Den grünen Fraktionsbeschluss zur “Fairen Wärme” können Sie hier einsehen: https://www.gruene-bundestag.de/files/beschluesse/beschluss_Faire_Waerme.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Felix Banaszak