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Farid Müller
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Frage von Ingrid G. •

Frage an Farid Müller von Ingrid G. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Guten Tag, Herr Müller

Ich habe mit Schrecken (aber nicht mit Erstaunen) in der Presse gelesen, dass auf dem jetzigen real-Supermarkt-Gelände eine „music-hall“ geplant ist.
Zitat Hamburger Abendblatt: „Das letzte wirkliche Sahnegrundstück der City. Mittendrin. Wo das Leben tobt. Massenerprobt. Allerfeinste Verkehrsanbindung. Nette, bunte Nachbarn aus der Szene.“

Geht’s denn noch? Wieviel Event-Schauplätze brauchen wir denn noch? Denkt überhaupt jemand dieser Planer darüber nach, dass auf Sankt Pauli Menschen leben, die nicht mit der Masse toben wollen?
Wieviel soll den Menschen hier in den Vierteln noch zugemutet werden?
Wir sind hier schon – neben den Messehallen, die das Karoviertel verschandeln - genug gebeutelt durch rasende Autos, durch Hupkonzerte, die die Menschen aus dem Schlaf reißen und durch herumziehende betrunkene Horden, die in den Wohnvierteln an den Wochenenden nachts grölend durch die Straßen ziehen!
Wenn Dom ist oder Sankt Pauli-Spiele stattfinden (ich bin selbst Sankt Pauli-Fan) drängt sich der Autoverkehr hier durchs Viertel, dass einem Angst und Bange wird. Der Anwohnerparkschein ist dabei nur noch Makulatur, weil alles zugeparkt ist.

Wir wollen hier nicht noch mehr Events! Es reicht! Fragen Sie doch mal die Menschen, die hier wohnen, was die wollen!
Diese Stadt soll doch auch noch eine lebenswerte Stadt sein – oder etwa nicht?

Was sagen Sie dazu?

Freundliche Grüße, ingrid Gangloff

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Gangloff,

vielen Dank für Ihre Frage. Ich kann Ihren Zorn sehr gut verstehen und stehe den bisher in den Zeitungen gemachten Angaben zur Beplanung des Real-Geländes mit einer gewissen Distanz gegenüber.

Allerdings kann ich Sie insofern beruhigen, als der Vorstoß, den Real durch eine Musikhalle zu ersetzen, vom Bezirk kam. Das Gelände gehört aber dem Land. Deshalb wird darüber am Ende die Landesebene und nicht der Bezirk entscheiden. Es gibt auch, meines Wissens, derzeit keinen Investor für das Vorhaben.

Insofern ist das, was in den Medien bekannt gegeben wurde, nicht viel mehr als eine Idee.

Die einzige Tatsache ist, dass der Vertrag von Real ausläuft. Alles andere sind Spekulationen und Vermutungen.

St. Pauli droht, wie Sie richtig schreiben, eine weitere Eventisierung. Das würde für die Bewohnerinnen und Bewohnern weitere Belastungen bedeuten.

Anders als mein Kollege Andy Grote von der SPD und dem Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (ebenfalls SPD) sehe ich den Vorstoß des Bezirks daher eher kritisch.

Beim Real-Gelände, das ich gut kenne, ist für mich das Wichtigste der Erhalt einer Fläche für ein niedrigpreisiges Lebensmittelangebot. Nach meiner Erfahrung ist der Real am Neuen Kamp / Budapester Straße auch ein Ort der Armen. Würden wir dort (nur) aufwerten, würde dies die Armen verdrängen. Das ist nicht Ziel grüner Politik.

Eine Musikhalle kommt für mich erst danach und auch nur dann, wenn die Verträglichkeit hinsichtlich Verkehr und Lärm geklärt ist, in Frage.

Im Grunde haben wir hier das gleiche Problem, wie bei der von einigen geforderten Ansiedlung der Beach-Clubs an der Elbe: Einige halten es nach wie vor für eine gute Idee, noch mehr Events nach St. Pauli zu bringen. Glücklicherweise konnten wir die Ansiedlung der Beach-Clubs an dieser Stelle verhindern - was nicht heißt, dass sie an einem weniger belasteten Ort nicht sehr gut passen.

Also zusammengefasst: Erst muss die Nahversorgung auf dem Real-Gelände oder in unmittelbarer Nähe gesichert werden. Dann kann man darüber nachdenken, wo in Mitte Platz für eine mittelgroße Musikhalle ist. Das kann, wenn es lärmverträglich und verkehrlich gelöst wird, auch die Real-Fläche sein. Ob aber überhaupt eine mittelgroße Musikhalle in Hamburg gebaut wird, hängt zuallererst davon ab, ob dafür Geldgeber gefunden werden.

Daher werde ich mich, Ihrer Bitte entsprechend, dafür einsetzen, dass es nicht zu weiteren Belastungen der Bewohnerinnen und Bewohner kommt.

Übrigens veranstalte ich am Samstag, den 21. März um 16.00 Uhr wieder einen Rathaus-Kaffeetreff in St. Pauli und zwar im Kaffee Möller am Nobistor 4. Ich lade Sie dort gerne zu einer Tasse Kaffee ein, damit wir Ihre Anliegen dort weiter besprechen können. Näheres finden Sie unter www.farid-mueller.de

Herzliche Grüße
Ihr
Farid Müller

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