meine Frage an Sie: in welcher Form unterstützen Sie persönlich und/oder Ihre Partei die Bürger und Bürgerinnen dabei, die vorhandenen Instrumente der direkten Demokratie zu nutzen?
Die zahlreichen aber leider erfolglosen Bürgeraktivitäten rund um den Abriss der Sternbrücke und den nun nicht mehr aufzuhaltenden Neubau oder auch die Planung und Realisierung des Bürokomplexes an der Ecke Feldstraße/Budapester Straße haben mich schwer frustriert und auch wütend gemacht.
Ich hätte mir in beiden Fällen eine/n Vertreter/in in der Bezirksversammlung gewünscht, der/die nicht bloß "im Prinzip ansprechbar" gewesen wäre, sondern die betroffenen und protestierenden Bürger*innen auch aktiv unterstützt hätte, z.B. mit Beratung zu politischen Verfahren und Instrumenten, die im Zuge des Protestes eingesetzt werden könnten.
Alle reden ständig von der Demokratie, die durch rechtsradikale Tendenzen bedroht sein soll - ich vermisse aber vielmehr politische Akteure, die den Bürger*innen aktiv dabei helfen, die vorhandenen demokratischen Verfahren und Instrumente auch zu nutzen.
Lieber Herr R.,
bitte entschuldigigen Sie meine verspätete Antwort auf Ihr Anliegen.
Erst einmal vorweg, als Bürgerschaftsabgeordneter habe ich mich immer für unsere Direkte Demokratie eingesetzt und mit dem Verein 'Mehr Demokratie' für "verbindliche Volksentscheide" in Hamburg in die Verfassung gestimmt. Auch auf bezirklicher Ebene habe ich mich immer für praktikable Verfahren für die Bürger*innen und für die Bezirksverwaltung eingesetzt und diese auch immer wieder in Zusammenarbeit mit 'Mehr Demokratie' gesetzlich verbessert.
Im Falle der Sternbrücke wäre das ein Fall für eine landesrechtliche Vorgehensweise mit dem Ziel eines Volksentscheides gewesen. Der Verein 'Mehr Demokratie' und der Landeswahlleiter informieren und beraten die Initiativen rechtlich und auch verfahrenstechnisch über die Durchführung von Volksinitiativen/Volksbegehren und am Ende Volksentscheide.
Aktuell haben wir in Hamburg zwei anstehende Volksentscheide für "Hamburgs Zukunftsentscheid" und "Hamburg testet ein Grundeinkommen". Beide Initiativen haben sich natürlich beraten lassen, die Ini für ein einkommensunabhängiges Bürgergeld musste leider ihre erste Volksnitiative wiederholen, weil sie rechtlich nicht zulässig war.
Ich teile Ihre Einschätzung, dass die Direkte Demokratie auf Komunal- und Landesebene das Vertrauen vieler Bürger*innen in die Parlamentarische Demokratie stärken kann. Warum nun die engangierten Bürger*innen im Umfeld der Sternbrücke diesen Weg der Beratung nicht gegangen sind oder zumindest mir nicht bekannt ist, ob dieser Weg erwogen wurde, kann ich Ihnen leider auch nicht erklären.
Ich hoffe aber, dass Ihnen meine Zeilen offenbart haben, dass das Instrument der Bürger- und Volksentscheide kein verstecktes Teilhaberecht ist. Hier ein Link, der alle Volksinitiativen der letzten aufführt: https://www.hamburg.de/resource/blob/890736/948e1c51a5ead863a39fa402a5f0d559/uebersicht-ueber-volksabstimmungen-in-hamburg-data.pdf
Herzliche Grüße
Farid Müller