Frage an Falko Mohrs von Johannes H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Setzen Sie sich dafür ein, dass das Lieferkettengesetz diese Punkt enthält:
Unternehmen verpflichtet werden, proaktiv entlang ihrer gesamten Lieferkette Menschenrechts-Risiken zu analysieren;
die Rechte von Betroffenen durch eine zivilrechtliche Haftungsregelung stärkt werden und es zum effektiven Schutz der Umwelt beiträgt;
alle großen Unternehmen ab 250 Mitarbeiter*innen erfasst werden oder wenn sie in einem Risikobereich tätig sind?
Sehr geehrter Herr Hauber,
als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen wir für den Schutz von Menschenrechten, ebenso wie für den besonderen Wert von guter Arbeit. Daher setzen wir uns für die Ächtung von Ausbeutung ein – und das weltweit. Für uns ist daher klar: Die Sorgfaltspflicht der Unternehmen endet nicht am Werkstor. Vielmehr müssen deutsche Unternehmen weltweit dafür Verantwortung übernehmen, wenn es in ihren Lieferketten und ihrer unternehmerischen Einflusssphäre zu Menschenrechtsverletzungen kommt.
Auf Grund dieser humanitären Überzeugung haben wir das Lieferkettengesetz seinerzeit in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt und ich bin deshalb sehr froh, dass es uns nach zähem und langem Ringen mit unserem Koalitionspartner gelungen ist, ein gutes und durchsetzungsstarkes Gesetz zu verabschieden.
Unternehmen wissen künftig verlässlich und genau, was sie zu tun haben, um ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Die Regeln sind gut handhabbar, angemessen und zumutbar. Diese Rechtssicherheit stärkt Unternehmen auch den Rücken, wenn sie in Ländern mit schwieriger Menschenrechtslage unterwegs sind. Und wer schon etwas für Menschenrechte tut, wird künftig nicht mehr benachteiligt. Das sorgt für fairen Wettbewerb. Damit haben wir ein starkes Instrument geschaffen, das Unternehmen dazu bringen wird proaktiv ihre eigene Lieferkette auf Menschenrechtsverletzungen und umweltbezogene Risiken hin zu analysieren.
Wichtig ist mir insbesondere, dass es umfassende Pflichten im Sinne der UN-Leitprinzipien und den ILO-Konventionen gibt, die die gesamte Lieferkette in den Blick nehmen. Sollten hierbei Missstande festgestellt werden, beispielsweise Kinderarbeit, Sklaverei, Zwangsarbeit oder auch die Vergiftung von Trinkwasser-Ressourcen, dann dürfen diese nicht länger ignoriert werden, sondern müssen abgestellt werden. Gleichzeitig schaffen wir mit einer behördlichen Überwachung und einem durchaus hohen Bußgeldrahmen ein Regelwerk, das effektiv und durchsetzungsstark ist.
Mit dem Lieferkettengesetz etablieren wir harte Sanktionsmechanismen. So müssen Unternehmen bei Verstößen gegen Sorgfaltspflichten etwa mit Bußgeldern bis zu acht Millionen Euro rechnen oder können ab einer Bußgeldhöhe von 175.000 Euro bis zu drei Jahren von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden.
Mit der neu eingeführten Prozessstandschaft bekommen NGOs und Gewerkschaften zukünftig eine effektive und praktikable Möglichkeit, Betroffene in Deutschland gegen zurechenbare und nicht abgestellte Verletzungen durch deutsche Unternehmen vor deutschen Gerichten vorzugehen. Eine staatliche Kontrollbehörde, das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, muss auf Antrag eines Betroffenen tätig werden und gemeldeten Sorgfaltsverletzungen von Unternehmen nachgehen. Damit schlagen wir ein neues Kapitel auf und werden insgesamt eines der effektivsten Lieferkettengesetze in Europa haben.
Das Lieferkettengesetz gilt ab 2023 und die Zahl der Unternehmen, für die das Gesetz verbindlich gilt, wächst an - beginnend bei den großen mit mehr als 3.000 Beschäftigten ab 2023, Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten folgen dann ab 2024. Das betrifft darüber hinaus auch eine sehr große Zahl weiterer und kleinerer Unternehmen, die dadurch als deren Zulieferer dann ebenfalls zur Einhaltung von Menschenrechten verpflichtet werden. Auch Unternehmen, die nicht im Inland ansässig sind, werden vom Gesetz erfasst, wenn sie eine Zweigniederlassung in Deutschland haben, in der mindestens 3.000 (im Jahr 2023) bzw. 1.000 (im Jahr 2024) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt sind. Somit sind ab 2023 bereits über 600 Unternehmen von dem Anwendungsbereich des Lieferkettengesetzes betroffen, ab 2024 beläuft sich die Anzahl auf 2.891 Unternehmen.
Als SPD hätten wir uns bei den zivilrechtlichen Haftungsregelungen sowie beim Geltungsbereich entlang der gesamten Lieferkette durchaus noch weitergehende, eindeutigere Regelungen gewünscht. Auch im Bereich des Umweltschutzes hätten wir uns nachhaltigere Regelungen vorstellen können. Dennoch will ich darauf hinweisen, dass der Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form insbesondere auch im offiziellen Begründungsteil viele Durchsetzungsmöglichkeiten entlang der gesamten Lieferkette eröffnet. Mit diesem Gesetz können wir einen historischen Schritt von der freiwilligen zur rechtlich verbindlichen Einhaltung von Menschenrechten machen. Zwangsarbeit, Kinderarbeit, Hungerlöhne und Ausbeutung müssen gestoppt werden und dürfen kein Wettbewerbsvorteil mehr sein.
Das Lieferkettengesetz ist ein Meilenstein, mit dem der Schutz von Menschenrechten und Umwelt in deutschen Unternehmen zum Standard wird. Gleichzeitig verleihen wir damit den Bemühungen auf EU-Ebene Nachdruck, ein europaweites Lieferkettengesetz auf den Weg zu bringen.
Mit freundlichen Grüßen
Falko Mohrs