Wie stehen Sie zur ungerechten neuen Grundsteuer? Halten Sie diese Grundsteuer für gerecht?
S. g. H. Gramling,
vorneweg, ich war ca. 15 Jahre beruflich mit der alten Grundsteuer beschäftigt! Diese war reformbedürftig, aber meines Erachtens in den alten Bundesländern gerechter als das neue Recht!
Weil, das neue Recht begünstigt Multimillionäre und Milliardäre mit ihren Protzbauten. Diese Bauten wurden ehemals zutreffend im Sachwertverfahren bewertet mit einem hohen Wert für das Gebäude!
Das neue Verfahren begünstigt auch die reichen Unternehmer, weil der Gebäudewert wegfällt und der niedrige Bodenrichtwert im Industriegebiet zum Ansatz kommt. Die zahlen ca. die Hälfte als bisher! Treffen tut es in BW den alten Rentner/Rentnerin, die noch ihren Kochgarten am Haus haben. Es gäbe noch manch weiteres Beispiel.
Doch auch die vielen unterschiedlichen Regelungen in den anderen Bundesländern führen zu grotesken Unterschieden bei Bürgern an den Landesgrenzen (z.B. Bodenseeregion).
Ich sehe auch eine Willkür bei den Hebesätzen A und B. Stuttgart vorher 520 jetzt 160. Und umgekehrt!

Sehr geehrter Herr L.,
danke für Ihre Frage zur Grundsteuer.
Die Grundsteuerreform wurde notwendig, weil das Bundesverfassungsgericht 2018 die bisherigen Einheitswerte für verfassungswidrig erklärt hat. Seit 2025 gilt daher ein neues Berechnungsverfahren. Ziel der Reform ist es, eine verfassungskonforme, transparente und faire Bewertung von Grundstücken und Immobilien zu gewährleisten. Dabei wurde den Bundesländern durch eine Öffnungsklausel die Möglichkeit eingeräumt, eigene Modelle zu entwickeln, um regionalen Besonderheiten gerecht zu werden. Baden-Württemberg hat sich für das einfache Bodenwertmodell entschieden, bei dem ausschließlich die Grundstücksfläche und der Bodenrichtwert zählen – Gebäude oder deren Nutzung spielen keine Rolle. Die Grundsteuer berechnet sich nach der Formel: Grundstücksfläche × Bodenrichtwert × Steuermesszahl (1,3 ‰) × Hebesatz der Kommune. Der Hebesatz wird von der Kommune dabei selbst festgelegt. Dadurch kann es zu Veränderungen kommen, insbesondere für große Grundstücke in teuren Lagen. Ziel ist und bleibt jedoch eine transparente und rechtssichere Besteuerung.
Ich halte das Bodenwertmodell grundsätzlich für einen sinnvollen Ansatz, weil es einfach, transparent und verlässlich ist. Anders als im Bundesmodell gibt es keine komplizierten Berechnungen auf Basis von Gebäudewerten oder Mietniveaus, die zu unnötigen Bürokratiekosten führen würden. Und dennoch sehe ich natürlich die Problematik, dass die Person mit einem kleinen Haus auf einem großen Grundstück möglicherweise mehr zahlt als jemand mit einem großen Mehrfamilienhaus auf kleiner Fläche. Deswegen muss sich das Modell nun in der Praxis bewähren. Sollte sich zeigen, dass es zu unverhältnismäßig hohen Belastungen für bestimmte Gruppen kommt, dann muss über eine Anpassung des Modells gesprochen und vorgenommen werden.
Die Einnahmen aus der Grundsteuer sind für die Kommunen eine essenzielle und aufkommensstabile Finanzierungsquelle und tragen etwa 20 Prozent zu deren Haushaltsaufkommen bei. Ihre Abschaffung, wie sie von einigen politischen Kräften gefordert wird, würde die finanzielle Grundlage vieler Gemeinden erheblich gefährden. Eine Abschaffung der Grundsteuer ist daher nicht nur unverantwortlich, sondern würde die Kommunen in eine finanzielle Krise stürzen.
Für mich ist es entscheidend, dass die Kommunen ihre Hebesätze so gestalten, dass keine übermäßigen Belastungen für die Bürger entstehen. Hier sind vor allem die kommunalen Entscheidungsträger gefragt. Ich werde die Entwicklung genau beobachten.
Mit freundlichen Grüßen
Fabian Gramling