Frage an Ewald Schurer von Carsten A. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Schurer,
was gedenken sie als Mitglied des EU-Unterausschusses gegen die anhaltenden Verletzungen internationalen Rechtes durch Israel von Seiten der EU her zu unternehmen. Ich fordere sie auf, alle Möglichkeiten auszuschöpfen um Israel dazu zu bewegen, gültige internationale Rechtsnormen einzuhalten. Wann werden sie diesem Staat seine Handelsvergünstigungen mit der EU streichen und endlich (wie gegen Südafrika) einen umfassenden Boykott von Waren und Dienstleistungen erwägen?
Mit freundlichen Grüssen
Carsten Anders
Sehr geehrter Herr Anders,
herzlichen Dank für Ihre Email vom 28.12.2008, die Sie mir über das Internetportal www.abgeordnetenwatch.de haben zukommen lassen. Zunächst erlaube ich mir eine kleine Richtigstellung: Der Unterausschuss zu Fragen der Europäischen Union ist dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zugehörig und beschäftigt sich in der Regel mit fiskal- und budgetpolitschen Fragen auf europäischer Ebene. Gerne bin ich aber bereit auf Ihre Frage detailliert einzugehen.
Sie erheben in Ihrer Mitteilung schwere Vorwürfe gegen Israel ohne diese präzise zu begründen. In diesem Konflikt müssen meiner Meinung nach beide Seiten beachtet werden, denn der fortwährende Konflikt stellt eine nicht enden wollende Zumutung für die Bevölkerung Israels und der Palästinenser dar.
Mehr als 10000 Raketen, abgeschossen durch militante Palästinenser, sind in den letzten acht Jahren auf israelischem Territorium niedergegangen. Israel setzt in dem Konflikt auf Abschreckung und begegnet dem mit hartem militärischem Vorgehen. Beide Vorgehensweisen sehe ich sehr kritisch.
Der im Juni unter ägyptischer Vermittlung ausgehandelte Waffenstillstand zwischen Israel und zwölf militanten Palästinensergruppen für den Gazastreifen und die israelischen Grenzgemeinden hatte bereits im November begonnen zu bröckeln. Die Waffenruhe sah vor, dass die Palästinenser den Beschuss Israels komplett einstellen und Israel im Gegenzug mehr Waren in den Gazastreifen lässt. Seitdem ist es beiderseits zu zahlreichen Verstößen gegen die Feuerpause gekommen, durch israelische Militäreinsätze und den Beschuss israelischer Städte mit palästinensischen Kassam-Raketen und Mörsergranaten von palästinensischer Seite.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat nach Beginn der Waffenruhe im Februar 2009 in Gaza seinen intensiven Einsatz für einen dauerhaften Frieden in Gaza fortgesetzt. In Abstimmung mit dem Außen- und Sicherheitsbeauftragten der EU Javier Solana und dem tschechischen Außenminister Karel Schwarzenberg hat Frank-Walter Steinmeier einen Fünf-Stufen-Plan für ein abgestimmtes Vorgehen der Europäischen Union vorgelegt, der Folgendes beinhaltet:
In einem ersten Schritt wird humanitäre Hilfe für die notleidende Bevölkerung in Gaza geleistet - etwa durch die Finanzierung von Medikamenten, Lebensmitteln, Notunterkünften und Treibstoff. Für eine Stabilisierung der Waffenruhe muß zudem erreicht werden, den Waffenschmuggel nach Gaza zu unterbinden. Deutschland steht hierzu in engem Kontakt mit der ägyptischen Regierung und wird baldmöglichst ein deutsches Expertenteam in die Region entsenden, das die Kontrolle der Landgrenze zwischen Ägypten und Gaza technisch unterstützen wird. Auf Grundlage des "Agreement on Movement and Access" von 2005 sollen die Grenzübergänge wieder geöffnet werden: Dazu gehört die Wiederaufnahme der EU-Grenzmission in Rafah sowie die Prüfung der Rolle der EU bei der Öffnung weiterer Grenzübergänge.
Neben einer Wiederaufbaukonferenz schlägt der Fünf-Stufen-Plan abschließend die Aufnahme der israelisch-palästinensischen Verhandlungsprozesse vor - verbunden mit Konsultationen im Nahost-Quartett und mit der Arabischen Liga. Ziel ist einen dauerhaften Waffenstillstand zu erreichen.
Nach den Parlamentswahlen in Israel hat Frank-Walter Steinmeier seinen Appell an die neue israelische Regierung und an die palästinensische Seite wiederholt, den Friedensprozess fortzusetzen. Diesem Appell schließe ich mich einmütig an und setze auf eine friedliche und gerechte Lösung.
Mit freundlichen Grüßen
Ewald Schurer, MdB