Frage an Ewald Schurer von Friedrich S. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Schurer,
ich bin Bürger Ihres Wahlkreises und beziehe mich auf die Gewaltereignisse der vergangenen Tage. Ich möchte Ihnen gerne folgende Frage stellen und bitte um Ihre persönliche Antwort:
Der Staat hat das Gewaltmonopol - wie beabsichtigen Sie als Vertreter der Legislative dieses Staates auf diese Ereignisse zu reagieren ?
Mit freundlichen Grüßen
Friedrich Scheuerecker
Sehr geehrter Herr Scheuerecker,
vielen Dank für Ihre Frage vom 7. Januar 2008, die Sie mir über das Internetportal: www.abgeordnetenwatch.de haben zukommen lassen.
Die Straftaten, die Anfang sich Anfang des Jahres in der Münchner U-Bahn ereignet haben sind selbstverständlich strafrechtlich zu verfolgen und mit der notwendigen Konsequenz zu bestrafen. Forderungen nach einer Verschärfung des Jugendstrafrechts, nach Warnschussarresten, längeren Haftstrafen oder sogar Gefängnis für Kinder sind meines Erachtens nicht zielführend. Auch Strafrechtsexperten und Juristen stimmen darin überein, dass bei spontanen oder impulsgeleiteten Taten härtere oder längere Strafen keine Wirkung entfalten. Wer zieht schon in Erwägung, bevor er (oder sie) zuschlägt, wie hoch denn die Strafe für diese Tat ist? Wäre eine Verschärfung des Strafrechts allein eine Lösung des Problems, so müssten die Vereinigten Staaten eine Insel der Seeligen sein, mit Todesstrafe und insgesamt sehr scharfen Strafen.
Unser aktuell geltendes Jugendstrafrecht bietet weitreichende Spielräume für die Jugendrichter um sozialpräventiv, auch mit kreativen Maßnahmen tätig zu werden. Jugendstrafen oder Freizeitarreste sind die äußersten Maßnahmen, allerdings meist als ultima ratio angewandt. Weit häufiger werden unentgeltliche Arbeitsstunden angeordnet, eine Betreuung von einer Jugendhilfeeinrichtung, regelmäßige Meldepflichten, Putzdienst oder andere Maßnahmen.
Da von den zu Jugendstrafen verurteilten Jugendlichen ca. 80 % wieder straffällig werden, zeigt sich, dass Haftstrafen kein effektives Mittel sind.
Resozialisierung von Straftätern, aber auch die Prävention von Jugendgewalt hängt vielmehr am politischen Willen, vor Ort Bildungs-, Freizeit- und soziale Angebote bereitszustellen. Da viele der straffällig gewordenen Jugendlichen aus sozial schwächeren Haushalten stammen und auch selbst oft eine niedrige Schulbildung haben oder arbeitslos sind muss gerade das Bildungssystem so ausgestaltet werden, dass diese Jugendlichen nicht auf der Strecke bleiben.
Diejenigen, die jetzt nach härteren Strafen rufen, haben allerdings selbst in den letzten Jahren an Ausgaben im Sozialbereich gespart, bei Polizei und Justiz Stellen gestrichen und vor allem die Träger von Jugendarbeit finanziell ausbluten lassen. Roland Kochs Hessen braucht von allen deutschen Bundesländern am längsten, bis ein gefasster Straftäter auch verurteilt wird. Das unsägliche Plakat des Münchner Bürgermeisterkandidaten der CSU, das schamlos aus dem Leid des Opfers Kapital schlagen will zeugt nur von der Hilflosigkeit der örtlichen CSU. Gerade die CSU ist ja seit Jahrzehnten für die innere Sicherheit in Bayern und damit auch in München verantwortlich.
Nichtsdestotrotz konnten die Gewalttäter rasch gefasst und der Strafverfolgung zugeführt werden.
Als Angehöriger der Legislative des Bundes sehe ich keine Notwendigkeit, das Jugendstrafrecht, das seit seiner Einführung sehr erfolgreich angewendet wurde und von Juristen als qualitativ hochwertig bewertet wird, zu ändern. Viel notwendiger ist es meiner Ansicht nach, dass die Legislative in Bayern (oder auf Länderebene generell) tätig wird und Jugend- und Sozialarbeit nach den Stoiber´schen Kürzungen wieder anständig fördert.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Ewald Schurer, MdB