Portrait von Ewald Schurer
Ewald Schurer
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Ewald Schurer zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Josef R. •

Frage an Ewald Schurer von Josef R. bezüglich Wirtschaft

Guten Tag Herr Schurer,

ich möchte mich am obigen Thema beteiligen. Ich könnte noch akzeptieren, wenn man Veräußerungsgewinne bei Aktien besteuert. Es müssen aber auch Gewinne sein. Ein Beispiel: Wenn ich für 10.000 € Aktien kaufe und sie 5 Jahre halte und sie dann für 10.500 € verkaufe, will der Staat zukünftig rd. 150 € Steuern auf den Buchgewinn von 500 €. Möglicherweise war aber die Inflation in den 5 Jahren 5 % und meine 10.500 € von heute haben die Kaufkraft wie vor 5 Jahren die 10.000 €. Zahle ich nun Steuern auf den vermeintlichen Gewinn, dann ist dies nur eine Enteignungssteuer. Richtigerweise müssten Sie als Gesetzgeber begleitend zum Steuerbeschluss ein Gewinnermittlungsverfahren beschließen, dass die Inflation berücksichtigt.
Was meinen Sie dazu? Und was meinen Sie, was evtl. das Verfassungsgericht dazu meint beim obigen Beispiel?

Viele Grüße
J.Rebmann

Portrait von Ewald Schurer
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Rebmann,

vielen Dank für Ihre E-Mail, in der Sie sich kritisch zur Unternehmenssteuerreform äußern.

Einkünfte aus Kapitalvermögen werden ebenso wie alle übrigen Einkünfte nach Maßgabe ihrer Nennbeträge (Nominalbeträge) besteuert. Einen Inflationsabschlag vom Nennbetrag der Kapitalzinsen sieht das Gesetz nicht vor. Vielmehr geht der Gesetzgeber auch im Rahmen der (Ertrags-)Besteuerung vom Nominalwertprinzip (Grundsatz Euro = Euro) als tragendem Ordnungsprinzip der geltenden Währungsordnung aus. Dementsprechend hat der Bundesfinanzhof (BFH) in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass Zinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen in ihrer nominellen Höhe zu versteuern sind und nicht um einen Inflationsabschlag nach Maßgabe der eingetretenen Kapitalentwertung gekürzt werden dürften. In gleicher Weise hat der BFH auch bei der Vermögensteuer einen Wertabschlag vom Geldvermögen abgelehnt.

Denselben Rechtsstandpunkt hat auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingenommen. In seinem grundlegenden Beschluss vom 19. Dezember 1978 1 BvR 335, 427, 811/76 (BStBl II 1979, 308) hat es eingehend und unter sorgfältiger Auseinandersetzung mit den Argumenten der Gegner die Nominalwertbesteuerung begründet, dass die Besteuerung der Kapitaleinnahmen nach ihrem Nennwert für die Jahre 1971 bis 1974 nicht gegen das Grundgesetz --GG-- (Art.3 Abs.1 und Art.14 GG) verstieß. Auch in seiner jüngeren Rechtsprechung hat das BVerfG betont, dass das Nominalwertprinzip ein tragendes Ordnungsprinzip der geltenden Währungsordnung und Wirtschaftspolitik darstelle (vgl. BVerfG-Beschluss vom 15. Dezember 1989 2 BvR 436/88).

Das Nominalwertprinzip entspricht dem Erfordernis der Steuergesetze, die typisieren und pauschalieren müssen, um Massenvorgänge des Wirtschaftslebens zu bewältigen. Die Berücksichtigung der Inflationsrate bei der steuerlichen Bemessungsgrundlage würde zu einer Vielzahl kaum lösbarer Folgefragen führen. Beispielsweise wäre zu klären, ob bei einer Deflation (Senkung des allgemeinen Preisniveaus) Zuschläge zur steuerlichen Bemessungsgrundlage zu machen sind.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Wirkungen der Inflation nicht zwangsläufig alle Steuerpflichtigen gleich treffen, sondern dass sie von der Höhe des Einkommens abhängen können. Wenn z.B. die ermittelte Inflation nahezu ausschließlich auf den Preisanstieg bei der Primärenergie (Öl, Gas, etc.) zurückzuführen ist, dann sind Personen mit niedrigem Einkommen hiervon stärker betroffen. Der Bezieher eines relativ hohen Einkommens, der mit einem (geringen) Teil seines Einkommens die Preissteigerungen der Primärenergie auffangen kann, unterliegt mit dem „Resteinkommen“ nicht der „allgemeinen“ Teuerung.

Schließlich möchte ich darauf hinweisen, dass Regelungen zur Berücksichtigung der Inflation (sog. Indexklauseln) die Gefahr in sich bergen, dass sie den allgemeinen Preisanstieg sogar noch beschleunigen. Sie können in der Praxis als Schwungrad einer Inflation wirken und die Inflationsbekämpfung erschweren. Das Festhalten am Nominalwertprinzip verpflichtet hingegen die wirtschaftspolitischen Instanzen, alles zu versuchen, um den Geldwert stabil zu halten. Auch deshalb sehe ich keinen Grund, vom Nominalwertprinzip abzuweichen.

Mit freundlichen Grüßen
gez.

Ewald Schurer, MdB