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Ewald Schurer
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Frage von Thomas D. •

Frage an Ewald Schurer von Thomas D. bezüglich Kultur

Sehr geehrter Herr Schurer,

der Entwurf der zweiten Stufe der Urherberrechtsnovelle sieht weiterhin vor, daß die Erzeugung von Privatkopien zugunsten von Digital Restriction Management der Urheber verboten werden soll. Dafür wird allerdings die Abgabe auf Geräte und Medien, mit denen (dann illegal) Privatkopien erstellt und gespeichert werden können, nicht gestrichen. Können Sie mir bitte mit einfachen Worten die Logik dahinter erklären?
Ob die Novelle insgesamt noch zeitgemäß ist, wäre eine weitere Frage. Die Schweizer haben sie inzwischen verneint, und auch mindestens ein großes Plattenlabel ist zu dem Entschluß gekommen, daß die Gängelung des Kunden nicht wirklich für den Umsatz förderlich ist. Wie stehen Sie zu der Novelle, ist Ihre Meinungsfindung bereits abgeschlossen, und wenn ja, wie werden Sie abstimmen?

Mit freundlichen Grüßen,
Dr.Ing. Thomas Demmer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Demmer,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 22. Juni 2007, die Sie mir über die Internetplattform www.abgeordnetenwatch.de haben zu kommen lassen. In Ihrer E-Mail äußern Sie sich kritisch zur Zweiten Stufe der Urheberrechtsnovelle. Gerne gehe ich auf Ihre Bedenken ein.

Das Thema "Privatkopie" ist bei der Vorbereitung des Gesetzentwurfs ausführlich mit allen Beteiligten erörtert worden. Dabei hat sich die Bundesregierung gerade mit den Erwartungen der Verbraucherinnen und Verbraucher intensiv auseinandergesetzt. Die Regelungen zur Privatkopie lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die Privatkopie ist und bleibt zulässig, egal ob analog oder digital kopiert wird. Daran soll sich durch die Urheberrechtsnovelle auch nichts ändern. Nach wie vor dürfen Sie zum privaten Gebrauch einzelne Vervielfältigungen von Musikstücken, Filmen oder sonstigen Vorlagen herstellen. Dies gilt sowohl für Kopien von CDs als auch anderen Speichermedien. Sie dürfen auch Kopien für den engen Familien- oder Freundeskreis anfertigen. Da es sich um einzelne Vervielfältigungen für den privaten Gebrauch handeln muss, liegt die erlaubte Zahl der Kopien im einstelligen Bereich. Ihre Eingangsfrage, ob Sie für eine Privatkopie „in das Gefängnis“ müssten, lässt sich daher eindeutig mit „Nein“ beantworten.

Für die Privatkopie gibt es allerdings zwei wichtige Einschränkungen: Sie dürfen dann keine Kopie herstellen, wenn die Vorlage, die Sie verwenden, offensichtlich rechtswidrig hergestellt worden ist. Das ist bereits jetzt geltendes Urheberrecht. Künftig wird es auch verboten sein, Dateien, die offensichtlich rechtswidrig im Internet angeboten werden, herunter zu laden. Dies betrifft sogenannte Peer-to-Peer-Tauschbörsen. Wenn dort wenige Tage nach dem Kinostart ein aktueller Kinofilm von einem privaten Nutzer zum Download angeboten wird, ist es offensichtlich, dass es sich hierbei um ein illegales Angebot handelt. Denn kein Privater verfügt über die Rechte zum Angebot eines fremden Kinofilms im Internet. Klar ist auch, dass private Nutzer in Tauschbörsen nicht das Recht haben, kommerziell vertriebene Musik zum Download anzubieten. Sie dürfen also solche Filme und Musik nicht aus Tauschbörsen herunterladen. Nutzen Sie bitte stattdessen die legalen Download-Möglichkeiten, die es inzwischen im Internet gibt.

Außerdem ist die Herstellung einer Privatkopie dann nicht erlaubt, wenn hierfür ein wirksamer technischer Kopierschutz umgangen werden muss. Dies ist geltendes Recht seit mehr als 2 Jahren. Das Knacken von Kopierschutz ist also in jedem Fall verboten. Rechtsinhaber dürfen ihr geistiges Eigentum durch technische Schutzmaßnahmen vor ungewollten Nutzungen schützen, denn geistiges Eigentum ist nach unserem Grundgesetz wie das Eigentum an Sachen geschützt. Kopiergeschützt sind heute die meisten DVDs und ein Teil der CDs. Die Hersteller sind verpflichtet, den Kopierschutz auf dem Produkt deutlich zu kennzeichnen. Dementsprechend können Sie als Käufer eine informierte Entscheidung darüber treffen, ob Ihnen eine kopiergeschützte CD den Preis wert ist, zu dem sie verkauft wird.

Wer das Urheberrecht verletzt, macht sich strafbar und muss mit dem Risiko einer Strafanzeige rechnen. Das ist schon nach dem geltenden Recht so. Mit dem neuen Gesetzentwurf wird somit widerrechtliches Verhalten nicht in neuer Weise kriminalisiert. Schon bisher hat sich strafbar gemacht, wer mehr als für den privaten Gebrauch kopiert oder wer von einer offensichtlich rechtswidrigen Vorlage kopiert, und - auch das war schon immer geltendes Recht - gerade auch wer fremde Filme oder Musik zum Download einstellt.

Es geht daher keineswegs darum, weite Teile der Bevölkerung zu kriminalisieren, wie dies beispielsweise in der Berichterstattung über die von der Firma Logistep initiierten Massenstrafanzeigen gegen File-Sharer vielfach zum Ausdruck kam. In der staatsanwaltschaftlichen Praxis werden bislang und in Zukunft geringfügige Fälle von Urheberrechtsverletzungen nicht verfolgt. Die Staatsanwaltschaften stellen derartige Verfahren nach den allgemeinen Vorschriften der Strafprozessordnung ein. Es bedarf also keiner ausdrücklichen Regelung, wie sie unter dem Stichwort "Bagatellklausel" bei der Vorbereitung des Regierungsentwurfs diskutiert wurde. Gerade der Logistep-Fall hat dazu geführt, dass die Generalstaatsanwaltschaften auf ihrer Arbeitstagung am 23./24. November 2005 Handlungsanweisungen beschlossen haben, die eine einheitliche Verfahrensweise gewährleisten. An dieser Praxis soll sich durch den Gesetzentwurf nichts ändern. Das ist in der Begründung zu dem Gesetz noch einmal besonders klargestellt. Im Übrigen ist auch die Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen, wenn dies ausschließlich zum eigenen Gebrauch oder für persönlich verbundene Personen (Freunde, Verwandte) erfolgt, nicht strafbar. Auch daran soll sich nichts ändern.

Auch die Belange von Bildung und Wissenschaft wurden im Vorfeld des Gesetzentwurfs ausführlich mit den Betroffenen diskutiert und finden in den Gesetzentwurf Eingang. So soll z.B. der neue § 52b UrhG die Wiedergabe von Werken an elektronischen Leseplätzen in öffentlichen Bibliotheken, Archiven und Museen erlauben. Außerdem stellt der Entwurf entgegen Ihrer Annahme den elektronischen Kopienversand erstmals auf eine gesetzliche Grundlage. Den schulischen Belangen wurde bereits mit der letzten Urheberrechtsnovelle durch § 52a UrhG Rechnung getragen, der die Einstellung von Werken in schulische und universitäre Intranets gestattet. Diese bis zum Ende des Jahres befristete Regelung hat der Deutsche Bundestag auch gerade im Rahmen einer kleinen, von der Öffentlichkeit kaum bemerkten Urheberrechtsnovelle bis zum 31.12.2008 verlängert.

Der Auskunftsanspruch gegen die Provider ist im Übrigen nicht Gegenstand der anstehenden Urheberrechtsnovelle. Allerdings wird dieses Thema im Rahmen der Umsetzung einer EU-Richtlinie zur Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums zu erörtern sein.

Schließlich darf ich Sie darauf hinweisen, dass der von Ihnen kritisierte Gesetzentwurf bislang lediglich nach der 1. Lesung im Deutschen Bundestag an den zuständigen Rechtsausschuss überwiesen wurde. Dort wird nach der Sommerpause eine umfangreiche Sachverständigenanhörung zu sämtlichen streitigen Fragen stattfinden. Aus den daran anschließenden Erörterungen wird die Regierungskoalition die sachgerechten Schlussfolgerungen ziehen.

Mit freundlichen Grüßen

gez.
Ewald Schurer, MdB