Frage an Ewald Schurer von Heinz K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Schurer,
Sie schrieben in Ihrer Antwort hinsichtlich Ihrer Enthaltung selbst, dass ggf. ein vorläufiges Inkrafttreten von bedenklichen Vertragsbestandteilen, wie dem Investitionsschutzabkommen, nicht ausgeschlossen werden kann, diese also de facto möglicherweise für Jahre in Kraft sein werden, dank der demonstrativen Ignoranz Ihres Parteivorsitzenden.
Somit ebnet sich der Weg auch für Klagen gegen gesetzliche Sozial-, Umwelt-, Arbeitsrechtsstandards und mehr, durch Konzerne aus Drittstaaten via Kanada (und bei TTIP via USA).
Durch nämliche Freihandelsabkommen würden in erster Linie für internationale Konzerne Vorteile geschaffen, für den innovativen Mittelstand, der in Bayern (noch) stark ist, hingegen eher das Gegenteil.
Auch würde die Abschaffung von (Schutz)Zöllen insofern für eine krasse Benachteiligung lokaler Industrien und Unternehmen sorgen, als dass hierdurch konkurrierende ausländische Unternehmen, die die Kosten der o. g. Standards nicht zu tragen haben, übervorteilt werden und mittel- bis langfristig unterliegen. Ein Beispiel in jüngerer Zeit ist der Zusammenbruch der europäischen Solarunternehmen. Ceta/TTIP und andere ähnliche Verträge werden also wohl zu einem weltweiten RÜCKbau dieser Standards beitragen.
Die von Ihnen genannten (und von Gabriel stets repetierten) Zusatzvereinbarungen haben offensichtlich keinen rechtlich bindenden Mehrwert - gültig ist, was im Vertragstext steht, den Sie in seiner Form selbst, wie Sie sagen ablehnen.
Die SPD Bayern hat zu Ceta ein klares Nein geäußert und im Ihnen Grunde auch ein klares Mandat erteilt, diese Nein zu vertreten - warum also stehen Sie nicht dazu? Warum vertreten Sie nicht z. B. stattdessen eine komplette Überarbeitung des Vertragswerkes - unter Einbeziehung von bürgerrechtlichen NGO´s, und Mittelstandsverbänden, wie es sich eigentlich gehört?
Mit freundlichen Grüßen,
Heinz Kummer
Sehr geehrter Herr Kummer,
vielen Dank für Ihre Rückfrage zum Thema CETA.
Sie sprechen an, dass Konzerne durch das vorläufige Inkrafttreten des CETA-Vertrages die Möglichkeit erhalten, gegen gesetzliche Sozial-, Umwelt- und Arbeitsrechtsstandards zu klagen. Das von Ihnen beanstandete Investitionsgericht für Schadensersatzklagen von Unternehmen wird allerdings erst nach der Ratifizierung durch alle nationalen Parlamente eingerichtet werden. Konkret bedeutet das, dass es eine Investorenklage nicht in der Zeit der vorläufigen Anwendung geben darf. Über ein endgültiges Inkrafttreten werden alle nationalen Parlamente – auch der Deutsche Bundestag – zu einem späteren Zeitpunkt nochmals gesondert abstimmen.
Auch den juristischen Gehalt der Zusatzvereinbarung sprechen Sie an. Klar ist, und da gebe ich Ihnen Recht, dass der Inhalt des Vertragstextes selbst nicht mehr geändert wird. Und auch einen kompletten Neuanfang der Verhandlungen, das haben die Kanadier klar gemacht, wird es nicht geben. Die Zusatzvereinbarungen sind allerdings rechtlich verbindliche Interpretationserklärungen. Hier können sich also beide Parteien noch auf Interpretationen des Textes bei strittigen Punkten einigen, die dem Vertrag eine andere Richtung geben könnten.
Die Bayern SPD hat auf ihrem kleinen Landesparteitag im Juli kritische Punkte benannt, die für eine Ablehnung des CETA-Vertrages sprechen. Da ich hier eine – wenn auch geringe – Möglichkeit sehe, dass diese kritischen Punkte durch die Zusatzvereinbarung beseitigt werden, habe ich mich bei der letzten Abstimmung zu CETA enthalten. Sollten die strittigen Fragen nicht mit Hilfe der Zusatzvereinbarungen rechtssicher geklärt werden, werde ich bei der endgültigen Abstimmung den CETA-Vertrag jedoch ablehnen.
Mit freundlichen Grüßen
Ewald Schurer