Frage an Ewald Schurer von Ernst G. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Schurer!
Derzeit fehlen bis zu 1 Million Wohnungen, auch um die Flüchtlinge aus dem nahen Osten und Afrika aufzunehmen. Wissen Sie, ob die Bundesregierung plant, dass ein Großteil dieser Wohnungen durch Investoren errichtet wird?
Diesen Investoren müsste eine einträgliche Miete in Aussicht gestellt werden. Da die Mieter sie nicht werden bezahlen können, müsste der deutsche Steuerzahler dafür aufkommen. Wer soll das schaffen? Von den Armen, werden wir keinen Beitrag erwarten können. Darüber hinaus bin ich überzeugt, dass die deutsche Regierung auch weiter an einer Politik festhält, die reichen Konzernen die legale Steuerflucht ermöglicht. So wie sie es seit der Finanzkrise nicht geschafft hat, eine Transaktionssteuer, d.h. eine Mehrwertsteuer für Finanzprodukte einzuführen.
Bitte teilen Sie mir auch mit, welche Steuererhöhungen die Bundesregierung für die kommenden Jahre plant.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ernst Grill
Sehr geehrter Herr Dr. Grill,
ich danke Ihnen sehr herzlich für Ihr Schreiben zur aktuellen Situation auf dem Wohnungsmarkt und zur Steuerpolitik.
Förderung des Wohnungsbaus:
Städte und Gemeinden tragen die Hauptlast bei der Unterbringung und Integration der Flüchtlinge. Um die zuständigen Länder und Kommunen bei der Erstunterbringung von Flüchtlingen zu unterstützen hat die Bundesregierung im Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz und in der dazu gehörenden Verordnung durch Änderungen des Baugesetzbuches, des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes (EEWärmeG) und der Energieeinsparverordnung den Rahmen für Verfahrensbeschleunigungen und für die nötige Flexibilität bei der Nutzung beziehungsweise Errichtung von Flüchtlingsunterkünften auf den Weg gebracht. Zudem wurden die Kompensationsmittel für den Sozialen Wohnungsbau für den Zeitraum 2016 bis 2019 auf eine Milliarde Euro verdoppelt.
Das waren sehr wichtige und notwendige Schritte, die allerdings vor dem Hintergrund stetig steigender Mietpreise und der hohen Anzahl an unterzubringenden Flüchtlingen noch nicht ausreichen. Gerade in Ballungsgebieten, wie der Großregion München, ist bezahlbarer Wohnraum knapp – unabhängig von der Flüchtlingssituation. Schätzungen zu folge fehlen jährlich rund 350.000 Wohnungen in Deutschland. Bundesbauministerin Barbara Hendricks hat daher kürzlich ihre Pläne zur stärkeren Förderung des sozialen Wohnungsbaus durch den Bund vorgestellt: So soll der Zuschuss des Bundes an die Länder bis 2020 um fünf Milliarden Euro erhöht und damit jährlich von einer auf zwei Milliarden Euro verdoppelt werden. Diese Investitionen kämen nicht nur Flüchtlingen, sondern allen Menschen mit geringem Einkommen, wie Studierende, allein Erziehende oder Rentnerinnen und Rentner, zu Gute.
Da jedoch auch private Investoren für den zusätzlichen Wohnungsbau gewonnen werden müssen, ist zur Förderung des privaten Wohnungsbaus geplant, dass Investoren die Baukosten in den ersten drei Jahren bis zu 35 Prozent steuerlich abschreiben können. Bereits bestehende steuerliche Anreize sollen zudem verbessert werden. Diese Pläne stoßen allerdings derzeit noch auf Widerstand innerhalb der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Steuern:
Die Verteilung der Steuerlast zur Finanzierung der öffentlichen Aufgaben wird sicher subjektiv sehr unterschiedlich gesehen. Es ist allerdings sehr deutlich, dass in mehreren Staaten Europas Konzerne durch niedrige Abgaben und auf Kosten von Steuerzahlern ins Land gelockt werden. Gegen die grassierende Steuervermeidung in der EU brauchen wir eine Reaktion und eine klare Positionierung Deutschlands.
Wichtiger Bestandteil muss dabei auch eine gemeinsame Bemessungsgrundlage bei der Unternehmenssteuer sein. In einem gemeinsamen Binnenmarkt dürfen die unterschiedlichen Standorte nicht gegeneinander ausgespielt werden. Wir brauchen Verbindlichkeit und klare Verhältnisse bei der Besteuerung von Unternehmen, wie sie auch für die Bürgerinnen und Bürger gelten. Durch die Position Deutschlands in der EU kommt uns bei der Frage der Steuergerechtigkeit eine besondere Rolle zu.
Daher habe ich mich in dieser Woche schriftlich an das Finanzministerium gewandt und konkret nachgefragt, welche Maßnahmen das deutsche Finanzministerium innerhalb der EU plant, um die Steuergerechtigkeit zu verbessern. Eine Antwort steht bisher aus.
Bezüglich möglicher Steuererhöhungen sind mir keine Vorhaben der Bundesregierung bekannt.
Mit freundlichen Grüßen
Ewald Schurer