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Ewald Schurer
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Frage von Elisabeth v. •

Frage an Ewald Schurer von Elisabeth v. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Schurer,

wie stehen Sie zum für Januar 2011 geplanten Beitritt Estlands zur Eurozone? Glauben Sie, dass die Kriterien wirklich erfüllt werden, oder ist evtl. doch die Gefahr vorhanden, dass die anderen Staaten wieder mal getäuscht werden?
Halten Sie es in der derzeit so kritischen Situation überhaupt vertretbar, ein weiteres Land in die Eurozone aufzunehmen? Ist es auch Estland gegenüber fair?

MfG
Elisabeth von Mahs

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau von Mahs,

herzlichen Dank für Ihre E-Mail zum Beitritt Estlands in die Eurozone, die Sie mir über das Internetportal www.abgeordnetenwatch.de haben zukommen lassen.

Ich verstehe sehr gut, dass Sie ob der momentanen Finanzverfassung der Europäischen Union besorgt sind, wenn es darum geht, ein neues Land in die Eurozone aufzunehmen. Gerade nach dem Beispiel Griechenland müssen Statistiken hinterfragt und doppelt geprüft werden, wenn es darum geht, die Eurozone zu erweitern.

Als Mitglied des Haushaltsausschusses sitze ich für die SPD-Bundestagsfraktion auch im Unterausschuss für Fragen der Europäischen Union. In diesem Gremium werden wir als deutsche Parlamentarier u.a. darüber informiert, wenn ein EU-Mitgliedsstaat die Kriterien zur Aufnahme in die Eurozone erfüllt bzw. nicht erfüllt und können dazu beraten und letztlich Stellungnahmen abgeben.

Im Fall Estlands kann die Einführung des Euro zum 01. Januar 2011 durchgeführt werden, weil nach Prüfung der estnischen Statistiken durch die EU-Kommission eindeutig festgestellt wurde, dass Estland einen hohen Grad an dauerhafter wirtschaftlicher Konvergenz erreicht hat. Die durchschnittliche gesamtstaatliche Verschuldung des baltischen Staates liegt bei rd. 7,5%. Auch das estnische Haushaltsdefizit liegt mit 1,7% unter dem Kriterium von 3%, sodass einer Einführung des Euro nach den Maastrichter Konvergenzkriterien zunächst rein rechtlich nichts im Wege stehen kann.

Allerdings betrachte ich Ihre Befürchtungen natürlich auch vor den Äußerungen der Europäischen Zentralbank, die anheim stellt, dass Estland trotz des umsichtigen finanzpolitischen Kurs des Landes Probleme mit der heimischen Inflationen bekommen kann und rät deshalb zur Vorsicht. Diese Empfehlung ist allerdings in die Entscheidung der EU-Kommission mit eingeflossen.

Die momentane finanzpolitische Lage fast aller Mitgliedstaaten der Eurozone und die Zurückhaltung der EZB haben mich und meine Kollegen im Unterausschuss für Fragen der Europäischen Union dazu veranlasst, das Thema Beitritt Estlands zur Eurozone erneut auf die Tagesordnung in der nächsten Sitzung am 11. Juni 2010. Diese Sitzung wird dann fraktionsübergreifend dazu genutzt, die Daten Estlands noch einmal genauer zu studieren. Dazu wird auch die Expertise von Sachverständigen in die Diskussion der Bundestagsabgeordneten einfließen. In den nächsten Wochen wird auch das Europaparlament eine Stellungnahme abgeben. Die letztendliche Entscheidung, ob Estland ab dem 01. Januar 2011 der Gemeinschaftswährung beitreten kann, treffen im Juni auf einem Gipfeltreffen die Staats- und Regierungschefs sowie der Rat der EU-Finanzminister im Juli 2010. Erst dann ist sicher, ob die Euroeinführung in Estland kommt. Bis dahin werden nach den Erfahrungen der Vergangenheit die Zahlen von allen Stellen erneut geprüft.

Sie fragen, ob ich als Parlamentarier den Zahlen, die aus den einzelnen Mitgliedsstaaten geliefert werden, trauen kann. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass hier nicht immer mit offenen Karten gespielt wurde. Damit dies in Zukunft vermieden wird, ist man zurzeit bemüht, neue Sanktionsmechanismen auf den Weg zu bringen. Dass nicht willkürlich aufgenommen wird, kann man bereits daran erkennen, dass Estland mit aller Wahrscheinlichkeit das einzige Land sein wird, was in die Eurozone im Jahr 2011 aufgenommen wird. Die Prüfung anderer EU-Mitgliedsstaaten hat ergeben, dass eine Aufnahme zurzeit nicht möglich ist. Dies betraf unter anderem Bulgarien und Rumänien sowie weitere Länder.

Dass die Eurozone wächst, war und ist stets politisches Ziel gewesen. Durch das Konvergieren der EU-Mitgliedsstaaten wird letztlich unsere gemeinsame Währung und der Wirtschaftsstandort Europa gestärkt. Insbesondere Deutschland profitiert von der Erweiterung auch des Euroraums, da wir 2/3 unseres Exportes in den EU-Nachbarstaaten umsetzen. Das sichert in Deutschland Millionen von Arbeitsplätzen.

Mit freundlichen Grüßen
gez.
Ewald Schurer, MdB