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Ewald Schurer
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Frage von Jörg D. •

Frage an Ewald Schurer von Jörg D. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Schurer,

was wissen Sie eigentich über die Taliban? Woher kommt Ihr Wissen zu diesem Thema?
Welche Sprache spricht man in Afghanistan? Gibt es dort grosse Ölvorkommen?
Haben Sie schon mal mit den Afghanen an einem Tisch Abendbrot gegessen?
Wieviel Kinder haben Ihre Väter oder Mütter verloren? Sprechen Sie englisch?
Kennen Sie die Verhältnisse in den Vereinigten Staaten? Möchten Sie Ihre Burger im
Irak bestellen? Warum wird Deutschland so teuer? Wer bezahlt das alles letztendlich?

Viele Grüße

Jörg Dütsch

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Dütsch,

vielen Dank für Ihre E-Mail, die Sie mir über das Internetportal www.abgeordnetenwatch.de haben zukommen lassen. Ihren angeführten Fragen entnehme ich, dass Sie eine kritische Haltung zur deutschen Beteiligung am Afghanistan-Einsatz im Rahmen der ISAF-Mission einnehmen.

Die Organisation der früheren Taliban, die über zwanzig Jahre lang ein Schreckensregime geführt haben, ist zwar weitgehend zerstört, doch gibt es immer wieder Anschläge auf zivile Einrichtungen, wie Schulen, Kraftwerke, Polizeieinrichtungen, mit denen die Gegner des Aufbaus versuchen, die Bevölkerung zu zermürben und erste Erfolge wieder zunichte zu machen.

Die Bundeswehr leistet vor Ort einen unverzichtbaren Dienst zur notwendigen militärischen Absicherung des Stabilisierungs- und Wiederaufbauprozesses. Die Bundeswehr sichert vor allen Dingen den Einsatz internationaler Hilfsorganisationen und die eigene humanitäre Hilfe. Leider ist dieser zivile (Wieder-)aufbau ohne eine militärische Schutzkomponente zurzeit noch nicht möglich.

Für die SPD-Bundestagsfraktion war eine Zustimmung zur jüngsten Verlängerung des Afghanistan-Mandates an klare Bedingungen geknüpft:

• Der Schutz der Zivilbevölkerung, der auch in der noch verbleibenden Zeit im Mittelpunkt unseres Engagements stehen muss,

• Eine deutliche Verstärkung der Aktivitäten im Bereich der Ausbildung und Ausstattung der afghanischen Sicherheitskräfte und eine klare Festlegung auf endgültige Zielgrößen beim Aufbau von Polizei und Armee,

• Die Erstellung eines konkreten Zeitplans für die schrittweise Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanischen Sicherheitskräfte in der Nordregion, der Beginn des Rückzugs der Bundeswehr parallel zur der von US-Präsident Obama in seiner "Westpoint"- Rede am 1. Dezember 2009 angekündigten Reduzierung der US-Truppen im Sommer 2011,

• Entwicklung und zeitliche Einordnung messbarer und qualitativer Fortschrittskriterien bei der Sicherheitssituation, der Armutsentwicklung, der Versorgung der Bevölkerung und bei weiteren Verbesserungen der afghanischen Regierungsführung;

• Übernahme der Sicherheitsverantwortung durch die afghanische Armee und Polizei bis spätestens 2015, um die Voraussetzung für die endgültige Beendigung des Einsatzes der Bundeswehr in einem zeitlichen Korridor zwischen 2013 und 2015 zu schaffen,

• Die Einbeziehung aller Kräfte des Landes in einen Waffenstillstands-, Friedens- und Versöhnungsprozess,

• Deutlicher Aufwuchs der Hilfe beim zivilen Aufbau ohne zeitliche Befristung.

Beachtung finden sollte auch die Tatsache, was die militärische Abschirmung der zivilen und humanen Aufbaumaßnahmen bis zum heutigen Tage im Stande zu leisten war.

Heute gehen wieder rd. 6,2 Mio. Kinder in Afghanistan zur Schule, davon rd. 2,4 Mio. Mädchen. Unter der Vorherrschaft der Taliban waren es nur 1 Mio. Jungen. Eine medizinische Grundversorgung steht heute 80% der afghanischen Bevölkerung zur Verfügung, statt 8% unter der Herrschaft der Taliban. Insgesamt konnten seit 2001 rd. 13.000 km Straßen gebaut werden. Es gibt große Fortschritte im Bereich der Wasser- und Energieversorgung. All dies muss fortgeführt werden.

Ich weiß, dass all diese Fortschritte im gesellschaftlichen Leben nicht das aufwerten können und dürfen, was leider auch vermehrt stattfindet. Der Anstieg der zivilen Opfer in Afghanistan ist erschreckend. Leider auch durch deutsche Befehle. Deshalb muss es jetzt darum gehen, die afghanische Polizei und Armee dahingehend zu befähigen, den Wiederaufbau und die Ordnung im eigenen Land schnell zu gewährleisten. Das neue Mandat ermöglicht dies u.a. durch die Ausweitung der Ausbildungsstrukturen.

Dies gilt insbesondere für den Umgang mit der "flexiblen Reserve", aber auch mit Blick auf die notwendige Übergabe beruhigter Regionen in afghanische Verantwortung und weitere Vorbereitungen für die jetzt auch von der Bundesregierung für 2011 in Aussicht gestellte Truppenreduzierung in Afghanistan.

Gerade die neusten Übergriffe durch die Taliban und die dadurch in den jüngsten Tagen tragischer Weise ums Leben gekommenen deutschen Soldaten zeigen, dass ein abrupter Ausstieg aus der militärischen Unterstützung zum jetzigen Zeitpunkt falsch wäre. Es zeigt aber auch, dass der mit dem neuen Mandat beschrittene Weg hin zu mehr afghanischer Eigenverantwortung konsequent weiter gegangen werden muss.

Mit freundschaftlichen Grüßen
gez.

Ewald Schurer, MdB