Frage an Evelyn Dahlke von Eva-Maria und Hans D. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Dahlke,
in Ihrer Antwort zu unserer Frage zur UN-Konvention gegen Korruption haben Sie u.a. wie folgt geschrieben:
"Selbstverständlich fordert die FDP die Bekämpfung von Korruption nicht nur im Ausland, sondern legt auch in der Bundesrepublik Wert darauf, dass die entsprechenden Gesetze, die es ja durchaus gibt, eingehalten werden."
Wenn Ihre Partei so viel Wert auf die Bekämpfung von Korruption legt, warum entzieht sie sich dann den Gesprächen über die "Strafbarkeit von Abgeordnetenbestechung"?
Warum wurde dann am 12.06.2013 aufgrund der Regierungsmehrheit das Thema von der Tagesordnung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages gestrichen?
Warum hatte dann die Regierungsmehrheit am 27.06.2013 im Deutschen Bundestag einen Antrag der Opposition über die Abgeordnetenbestechung abgeblockt?
Warum muss dann die Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) des Europarates die Bundesrepublik Deutschland aufgrund eines Sonderverfahrens bereits zum dritten Mal daran erinnern, dass die "Empfehlungen ... zur Verschärfung der Parteienfinanzierung und der Abgeordnetenbestechung .. nicht fristgerecht umgesetzt" werden, wie Transparency International am 31.07.2013 berichtete.
Die Folgen der Nichteinhaltung von Gesetzen gegen Korruption und Wirtschaftskriminalität haben wir auf unserer Homepage unter "aktuelles" für die Öffentlichkeit dokumentiert.
Für die Beantwortung der Fragen bedanken wir uns im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Eva-Maria und Hans Dietrich
Sehr geehrte Eheleute Dietrich,
die FDP entzieht sich nicht den Gesprächen über die Strafbarkeit von Abgeordnetenbestechung. Es geht vielmehr bei dem Thema darum, dass die UN Konvention Amtsträger (z.B. Beamte) und Abgeordnete gleichstellt. Dies ist nach Art. 38 GG unzulässig, was durch die höchstrichterliche Rechtsprechung immer wieder bestätigt wird. Abgeordnetenbestechung ist nicht straffrei in unserem Lande, wie § 108e StGB (Überschrift: "Abgeordnetenbestechung") zeigt.
Am 12. Juni 2013 haben die Koalitionsfraktionen die Beratung über die Gesetzesentwürfe der Opposition zum Thema "Abgeordnetenbestechung" vertagt, weil wir weiteren Beratungsbedarf sehen. Die bisher im Rechtsausschuss des Bundestages vorliegenden Vorschläge zur Änderung des StGB waren Gegenstand einer Öffentlichen Anhörung. Nach Auffassung der gehörten Sachverständigen verstoßen alle Entwürfe entweder gegen Artikel 38 GG, der die Freiheit des Mandats gewährleistet, und/oder gegen Artikel 103 Abs. 2 GG, wonach gesetzliche Bestimmungen klar und eindeutig verfasst sein müssen, damit der Bürger weiß, was strafbar ist oder nicht.
Am 27. Juni 2013 waren die Gesetzentwürfe selbst nicht Gegenstand der Tagesordnung des Plenums. Die Oppositionsfraktionen brachten ihre Gesetzentwürfe - entgegen den Regelungen der Geschäftsordnung und der Gepflogenheiten im Bundestag - als Änderungsanträge in der zweiten Lesung im Plenum zu einem ganz anderen Tagesordnungspunkt, nämlich dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken, ein. Bei den Änderungsanträgen handelte es sich um die von SPD und Grünen bereits früher in den Bundestag eingebrachten Gesetzentwürfe zu Abgeordnetenbestechung. Beide waren bereits Gegenstand der Öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses im Oktober 2012. Beide Gesetzesvorschläge sind von der Mehrzahl der Sachverständigen als untauglich, zu unbestimmt und nicht verfassungskonform bewertet worden. Man kann das Verhalten von SPD und Grünen nur so werten, dass sie eine Ablehnung ihrer Gesetzentwürfe in der letzten Sitzung unbedingt erreichen wollten, um daraus politisch Kapital zu schlagen. Anders ist nicht zu erklären, dass SPD und Grüne ihre Entwürfe, denen von namhaften Verfassungsrechtlern die Verfassungswidrigkeit attestiert wird, in letzter Minute in einem solchen Verfahren im Bundestag zur Abstimmung gestellt haben.
Es ist für viele unverständlich, dass die Bundesrepublik Deutschland eine von ihr unterzeichnete Konvention der UN noch nicht ratifiziert hat. Es entsteht der Eindruck, die Abgeordneten wollten sich vor Bestrafung schützen. Das ist aber nicht der Beweggrund, warum es bisher nicht zu einer Ratifizierung gekommen ist. Bereits vor der Unterschriftsleistung der Bundesregierung haben alle Fraktionen des Deutschen Bundestages, die damals regierenden Sozialdemokraten und Grünen, aber auch CDU/CSU und FDP als Oppositionsparteien, die Bundesregierung darauf aufmerksam gemacht, dass die in der UN-Konvention vorgenommene Gleichstellung von Amtsträgern (beispielsweise Beamten) und Mandatsträgern (beispielsweise Abgeordneten) nach der Verfassungsrechtslage der Bundesrepublik Deutschland nicht möglich sei. Der Bundesgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung immer wieder darauf hingewiesen, dass Abgeordnete keine Amtsträger im Sinne der deutschen Rechtsvorschriften sind.
Der Deutsche Bundestag hat deshalb bei der Verabschiedung des Tatbestandes des § 108 e StGB u.a. ausgeführt: „Der Tatbestand der Abgeordnetenbestechung kann nicht dem der Beamten- und Richterbestechung nachgebildet werden (§§ 331, 332 StGB). Im Bereich des Öffentlichen Dienstes ist es generell verboten, einen persönlichen Vorteil für eine Diensthandlung oder im Zusammenhang mit einer dienstlichen Tätigkeit anzunehmen oder zu gewähren. Der Amtsträger soll seine Entscheidung im Rahmen der maßgeblichen Rechtsvorschriften stets unparteiisch und frei von unsachlichen Einflüssen treffen. Beim Träger eines Abgeordnetenmandats fehlt es hingegen bereits an einem genau umgrenzten Pflichtenkreis, wie er für Amtsträger existiert. Bei der Ausübung von Stimmrechten im Parlament spielen oft auch politische Gesichtspunkte und Rücksichtsmaßnahmen eine Rolle. Es ist nicht zu beanstanden, wenn bei der Stimmabgabe politische Zwecke mitverfolgt werden, die den eigenen Interessen des Stimmberechtigten entgegenkommen….Bei der Art des Aufgabenbereichs der Abgeordneten ist es jedoch nicht möglich, solche andersartigen Handlungen, die Gegenstand einer Bestechung sein könnten, begrifflich in einem klar begrenzten Tatbestand zu erfassen. Die Tätigkeit der Abgeordneten reicht über das eigentlich parlamentarische Wirken hinaus in das allgemeine politische Geschehen, wo scharf abgrenzbare Verhaltensvorschriften fehlen.“ Dies ist der Grund, warum die Große Strafrechtskommission über 15 Jahre hinweg keinen akzeptablen Vorschlag für eine weitere Fassung des Tatbestands der Abgeordnetenbestechung vorlegen konnte.
Die FDP wird jedoch weiterhin nach sachgerechten Vorschlägen suchen und sich für eine verfassungskonforme Lösung einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Evelyn Dahlke