Portrait von Eva Lettenbauer
Eva Lettenbauer
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Finn H. •

Warum wird der von Wilfrid Schreiber bereits in den 50ern bemängelte finanzielle Anreiz zu Kinderlosigkeit im Sozialversicherungssystem politisch nicht diskutiert? Dieser geht zu Lasten von Familien.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr H.,

vielen Dank für Ihre Frage.

  • Als Grüne setze ich mich für eine zeitgemäße Familienpolitik ein, die die Vielfalt der Familien in Deutschland anerkennt und unterstützt. Besonders im Hinblick auf Alleinerziehende, die oft mit erheblichen finanziellen und sozialen Herausforderungen konfrontiert sind, muss das Sozialsystem reformiert werden, um Chancengleichheit zu schaffen. Jedes fünfte Kind wächst in Armut auf. Das ist ein inakzeptabler Zustand in einem wohlhabenden Land. 
  • Wir wissen, dass finanzielle Anreize und Entlastungen für Familiengründungen von zentraler Bedeutung sind. Eine Kindergrundsicherung, die wir einführen wollen, sorgt dafür, dass alle Kinder unabhängig von ihrer sozialen Herkunft das erhalten, was sie für ein gutes Aufwachsen brauchen. Uns ist es wichtig, dass wir in unserer Familienpolitik alle Lebensrealitäten berücksichtigen und respektieren und auf faire Chancen für alle abzielen. Wir wissen darum, welche wichtige Rolle Familien in Zeiten des Demographischen Wandels spielen.  
  • Alle Menschen sollen selbstbestimmt entscheiden können, ob sie Kinder möchten. Ein von ihnen angesprochener Anreiz zu Kinderlosigkeit im Sozialversicherungssystem sollte nicht bestehen und was getan werden soll, um dies zu verhindern, wird durchaus politisch diskutiert. Zum Beispiel im Rahmen unserer Idee das Ehegattensplitting bei künftigen neuen Ehen abzuschaffen und expliziter Eltern mit Kindern zu fördern (Mehr hier: https://www.gruene-bundestag.de/parlament/bundestagsreden/steuern-10). Gleichzeitig zahlen kinderlose Menschen schon heute beispielsweise höhere Beträge in die Pflegeversicherung ein. 
  • Ein zentraler Aspekt unserer politischen Agenda ist auch die gerechte Besteuerung von Arbeit und Kapital. In Deutschland wird Kapital deutlich günstiger besteuert als Arbeit, was zu einer wachsenden Ungleichheit in unserer Gesellschaft führt. Während ein typischer Arbeitnehmer etwa 36 Prozent seines Einkommens an Steuern und Sozialabgaben abführt, zahlt jemand, der sein Geld an der Börse anlegt, oft nur rund 27 Prozent. Diese Ungleichheit führt dazu, dass vor allem reiche Menschen von den steuerlichen Vorteilen profitieren, während viele Arbeitnehmer und deren Familien unverhältnismäßig belastet werden. 
  • Wir halten es daher für sinnvoll, dass Kapitaleinkünfte wie Einkünfte aus Arbeit behandelt werden (Papier zum Zukunftskongress: https://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/fraktion/Zukunftskongress/pdf/Steuergerechtigkeit.pdf). Auch eine gerechtere Erbschaftsteuer, die hohe Erbschaften gerechter besteuert, sowie die Wiedereinführung der Vermögensteuer für Millionen-Vermögen würden nicht nur eine fairere Steuerlast schaffen, sondern auch zusätzliche Einnahmen generieren, die gezielt zur Entlastung von Familien verwendet werden könnten. 
  • Darüber hinaus streben wir eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie an, was wiederum mehr Anreize zur Familiengründung bietet. Wir wollen die Elternzeit erweitern, den Kündigungsschutz nach der Rückkehr aus der Elternzeit verlängern und die Kinderkrankentage erhöhen. Denn unser Ziel ist es, dass alle Kinder in einem Umfeld aufwachsen, das ihre Potenziale entfaltet und sie bestmöglich fördert. Es ist Zeit, dass wir die Herausforderungen, die Familien in Deutschland begegnen, ernst nehmen und aktiv angehen. 

Mit freundlichen Grüßen

Eva Lettenbauer

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