Frage an Eva Jähnigen von Karen D. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Jähnigen,
der thüringische Ministerpräsident wirbt seit einiger Zeit für das solidarisches Bürgergeld.
Werden Sie als künftiges Mitglied des Deutschen Bundestages diese Initiative unterstützen?
Falls nicht, warum nicht?
Ich freue mich auf Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Karen Dreikopf
Sehr geehrte Frau Dreikopf,
danke für Ihre Frage. Ich kandidiere zwar für den sächsischen Landtag und nicht für den Bundestag, habe aber als potenzielle Landtagsabgeordnete ebenso eine Position zu dieser wichtigen, sozialpolitischen Frage.
Das Althaussche Bürgergeld halte ich nicht für unterstützenswert. Die Auszahlung eines bestimmten Betrages an alle Bürgerinnen und Bürger ohne jedwedes Antragsverfahren klingt zwar auf den ersten Blick recht ansprechend. Schaut man sich jedoch die Rahmenbedingungen näher an, ist das Bürgergeld unattraktiv. Denn im Gegenzug müssen alle die finanzielle Verantwortung für ihre Kranken- und Rentenversicherung selbst übernehmen. Der in den Konzepten von Althaus tatsächlich finanzierbare Betrag ist dann so niedrig, daß die Menschen mit dem Empfang des Bürgergeldes netto tatsächlich unter der Armutsgrenze leben - weitere Leistungsansprüche gegen den Staat aber nicht mehr haben. So werden wir die mit der Einführung von Hartz IV entstandenen Armutsprobleme nicht lösen, sondern eher noch verschärfen.
Ich habe mich als Landesvorstandssprecherin der sächsischen GRÜNEN und Mitglied der Sozialkommission des GRÜNEN Bundesvorstandes für folgende sozialpolitischen Ziele eingesetzt und will das als GRÜNE Landtagsabgeordnete weiter tun:
- schnelle Erhöhung der Regelsatze (420 - 450 € pro Monat für jede Person), Entbürokratisierung und Ausweitung der Leistungen nach dem SGB II sowie Abschaffung der Bedarfsgemeinschaften für alle Leistungen nach SGB II
- deutliche Verbesserung und Entbürokratisierung der Betreuung Arbeitsloser in Sachsen; deutliche Erhöhung der Grenzen für das Altersschonvermögen
- Einführung einer Kindergrundsicherung für alle Kinder (die abhängig von den Einkommenssteuerzahlungen der Eltern ausgezahlt wird) sowie Ausweitung der Leistungen für einkommensschwache (sachsenweites Mobilitätsticket, kostenfreies Essen sowie kostenfreie Lehr- und Lernmittel für Kinder)
- die Einführung einer von allen nach ihrem Einkommen solidarisch finanzierten Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung mit garantierten Grundleistungen um dem drohenden Anstieg der Altersarmut entgegenzuwirken
Und: die soziale Situation von Menschen mit sehr wenig Geld hängt entscheidend von der Qualität staatlicher Institutionen ab. Besonders betrifft das wiederum Kinder, die überproportional von Armut betroffen sind. Wir brauchen in Sachsen eine bessere Qualität und ausreichende Finanzierung für bildungs- und sozialpolitisch wichtige Leistungen; ganz besonders eine Reform des Schulsystems zu einer echten Gemeinschafts- und Ganztagsschule, eine kostenlose und gute Berufs- und Hochschulbildung sowie eine bessere Betreuungsqualität in den Kitas. Die derzeitige Diskussion um die sächsische Kitas ist ein gutes Beispiel über die sozialpolitische Bedeutung guter Bildungseinrichtungen.Wir GRÜNEN wollen - wie alle sächsischen Wohlfahrtsverbände - , dass durch Erhöhung der Landeszuschüsse mehr Erzieherinnen in den Kitas bezahlt werden können und die Kita-Gruppen deutlich kleiner werden (sogenannter Betreuungsschlüssel). Davon profitieren alle Kinder; besonders aber die, deren Eltern wegen ihres geringen Einkommens keine Gebühr zahlen müssen (ca. 40 % aller Eltern in Sachsen!) und die für ihre Kinder keine Leistungen außerhalb der Kitas zukaufen können. Und das sind oft die Kinder, die ohnehin die schlechteren Startchancen haben. Die SPD schlägt im Unterschied dazu vor, das kostenfreie letzte Jahr in den Kitas auf drei Jahre auszuweiten. Das klingt zwar gut, dann wäre die Verbesserung der Betreuungsschlüssel aber auf absehbare Zeit nicht finanzierbar. Das nutzt dann nur denjenigen, die für ihre Kinder ohnehin Gebühren zahlen können. Und was ist eigentlich wichtiger - dass sich die Qualität der Kitas verbessert oder dass die Eltern keine Gebühren zahlen müssen die es könnten? Für mich ersteres.
Mit freundlichen Grüßen
Eva Jähnigen