Frage an Eva Bulling-Schröter von Fritz E. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Bulling-Schröter ,
Ich habe explizit das Thema "Soziales" gewählt - obwohl es auch um die Umwelt geht -, da, wie Herr Lafontaine in einer Antwort an mich schrieb (und damit vollkommen Tat Recht hat), auch Umweltschutz sozial verträglich sein muss.
In diesem Sinne: Was halten Sie von der Möglichkeit bzw. wie schätzen sie die Umsetzungschancen ein, für eine Art Fonds oder ähnliche Förderung, um den Leuten die Anschaffung umweltverträglicherer Technologien zu erleichtern? Also, wenn man z.B. ein Teil der Steuergelder, einer speziellen Steuer oder eines Beitrages (vielleicht ähnlich wie eine Versicherung?) in einen Fonds bzw. Topf überführt, den Menschen nutzen können, um z.B. teurere aber umweltfreundliche Geräte zu kaufen, um dann z.B. über die Energieersparnis, das Geld dann mittel- und langfristig mehr als wieder rausbekommen.
Etwas ähnliches hatte ich auch in der taz vor ein paar Tagen gelesen, in einem Kommentar. Doch dort dachte der Schreiber an ein Konjunkturprogramm. Jeder sollte z.B. 200€ bekommen, wenn er sich einen neuen umweltfreundlicheren Kühlschrank kauft, oder 5€ für eine Energiesparlampe. Was halten sie von solchen Konzepten? Könnte darüber eine soziale Verträglichkeit (und wie der Kommentator meint) sogar gleichzeitig eine Konjunkturförderung realisiert werden.
Besten Dank für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Fritz Ebert
Sehr geehrter Herr Ebert,
herzlichen Dank für Ihre interessante Anfrage,
Ein Fonds, wie von Ihnen beschrieben, ist Teil unser Forderungen zur sozialen Abfederung des rasanten Anstiegs der Energiepreisen für untere Einkommen.
Die LINKE schlägt einen Mix von fünf Instrumenten vor
1. Gezielte Energieberatungen.
Energieversorger werden verpflichtet, selbst oder besser noch über Vor-Ort-Initiativen (wie kommunale Energieberatungen, Verbraucherzentralen, Sozial- und Umweltverbände oder freie Energieberater) kostenfreie und qualifizierte Energieberatungen anzubieten bzw. zu finanzieren. Diese sollten einmal im Jahr durch Privathaushalte in Anspruch genommen werden dürfen.
2. Sozialtarife
Die Energieversorger müssen jeweils auf ihren günstigsten Tarif und ohne Zugangshemmnisse einen Sozialtarif für nachweislich einkommensarme Haushalte anbieten. Dieser soll mindestens ein Drittel günstiger sein als der Normalpreis. Das entspricht der Rücknahme des durchschnittlichen Energiepreisanstiegs gegenüber dem Jahr 2004. Die Einnahmeausfälle werden auf die anderen Verbraucherinnen und Verbraucher umgelegt und regionale Kundenunterschiede zwischen den Energieversorgern ausgeglichen. Das führt zunächst bei den anderen Kundinnen und Kunden zu moderaten Preiserhöhungen von drei bis fünf Prozent. Für die Inanspruchnahme des Sozialtarifs wird von der zuständigen Behörde ein Gutschein ausgestellt, mit dem der Energielieferant, auch ein Ökostromanbieter, weiterhin frei gewählt werden kann. Wichtig: Der Sozialtarif darf nicht auf bestehende Sozialleistungen angerechnet werden, da die bisherigen Energiepreisanstiege ohnehin nicht ausreichend berücksichtigt wurden.
3. Kostenfreie Energiekontingente
Um nun eine wirksame ökologische Lenkung zu erzielen, wird für alle Verbraucherinnen und Verbraucher eine kostenfreie Sockelversorgung, im Strombereich beispielsweise für die ersten 800 kWh Jahresverbrauch, eingeführt. Die Kosten verlagern sich auf den Stromverbrauch darüber, gemittelt über den durchschnittlichen Verbrauch aller Kundinnen und Kunden von rund 4000 kWh pro Jahr. Das führt dazu, dass Normalhaushalte mit einem Verbrauch bis 3.500 kWh trotz Umlagemehrbelastung aus dem Sozialtarif weniger zahlen, und erst Haushalte ab 4.000 kWh mehr. Bei letzteren wiederum ist zu berücksichtigen, dass sich Energieeinsparungen bei hohem Verbrauch schneller im Geldbeutel bemerkbar machen. Das bedeutet konkret: Umlagefinanzierte Sozialtarife gekoppelt mit ökologischen Instrumenten entlasten sowohl Menschen in finanzieller Not als auch Haushalte mit unteren und mittleren Einkommen.
4. Klima-Schecks für A++
Die Bundesregierung sollte einmalig Klima-Schecks, beispielsweise über 500 Euro je Erwachsenen, ausstellen, die beim Kauf von Haushaltsgeräten der jeweils höchsten Energieeffizienzklasse einlösbar wären. Dies wäre ein Konjunkturprogramm zur Förderung der Produktion energiesparender Elektrogeräte. Über den anschließenden Minderverbrauch würden auch ärmere Familien in den Genuss verringerter Stromrechnungen kommen, die sich momentan die Anschaffung von Energiespargeräten nicht leisten können. Es ist zu überlegen, ob solche Schecks an alle Einkommensgruppen, oder nur bis zu einer bestimmten Einkommensgrenze vergeben werden sollten.
5. Finanzierung von Energieeffizienz durch Robin-Hood-Steuer
Umfassende und eher langfristige Maßnahmen für Energieeffizienz und Energieeinsparung, beispielsweise durch Gebäudedämmung, Austausch von Altheizungen, erneuerbare Energien und genannte Zuschüsse für energiesparende Geräte, sollen durch eine Abschöpfung der Extraprofite bei den Energiekonzernen finanziert werden. Die Linksfraktion hat bereits 2006 die Abschöpfung der Zusatzgewinne der Energiekonzerne aus dem Emissionshandel gefordert (windfall profit tax) und dafür u.a. die Einrichtung eines Energiesparfonds gefordert, der ausgestattet mit jährlich einer Milliarde Euro den Energieverbrauch und Klimagas-Ausstoß senken und zahlreiche Arbeitsplätze schaffen würde. Auch das von der Verbraucherzentrale Bundesverband vorgeschlagene 20-Milliarden-Euro-Paket zum Energiesparen könnte voll-ständig auf diese Weise abgedeckt werden.
Mit freundlichen Grüßen,
Eva Bulling-Schröter, MdB