Frage an Eva Bulling-Schröter von Stefan S. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Bulling-Schröter,
wie stehen Sie bzw. DIE LINKE dem so genannten Quotenmodell zur Förderung der erneuerbaren Energien gegenüber. Dieses Modell wird unter anderem von der Monopolkommission und dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Wirtschaftsweisen) progagiert.
Dabei soll jedem Energieversorger über eine feste Quote vorgeschrieben werden wie viel Strom er mindestens aus erneuerbaren Energien erzeugen muss. Um die unter anderem in Großbritannien aufgetretenen negativen Wirkungen einer Ignoranz der Energieversorger gegenüber der Quote zu verhindern, sollen die Sanktionen bei Nichterfüllung in jedem Fall so ausgestaltet sein, dass eine Nichterfüllung der Quote wirtschaftlich erheblich nachteiliger ist als die Erfüllung der Quote.
Durch das Modell müssen sich die erneuerbaren Energien endlich dem Wettbewerb untereinander stellen, da die Versorger logischerweise die günstigste Technologie wählen werden.
Auch ist eine Diskussion über Ausnahmeregelungen bei der EEG-Umlage, die derzeit geführt wird, obsolet, da diese ja nicht mehr existiert.
Mittlerweile ist es ja weitgehend gesellschaftlicher Konsens die Energiewende zu vollziehen. Jedoch sind wir uns doch denke ich auch einig, dass man ein Ziel mit möglichst wenig finanziellen Mitteln erreichen sollte. Sonst wird man uns in den Geschichtsbüchern bis in alle Ewigkeit vorwerfen für die Energiewende mehr Geld als wirklich nötig ausgegeben zu haben. Dies fehlt dann wieder an anderer wichtiger Stelle, wie z. B. der Bildung. Zusammenfassend kann also konstatiert werden, dass man finanzielle Mittel immer effizient einsetzen muss.
Wenn Sie das Quotenmodell nicht für zielführend halten sollten, würde mich im Weiteren interessieren, welchen Weg Sie gehen würden, um die Energiewende effizient anzugehen.
Ich freue mich auf eine Antwort und verbleibe bis dahin
mit freundlichen Grüßen
Stefan Schedel
Sehr geehrter Herr Schedel,
Die LINKE lehnt ein Quotenmodell aus folgenden Gründen ab:
Eine Quote würde nur die preislich günstigsten Erzeugungsoptionen fördern und ermöglichen. Das klingt zunächst gut, ist aber keine Strategie für einen zukunftsfähigen Umbau des Energiesystems. Denn das EEG hat ja die Funktion, anfangs teuren, aber zukunftsfähigen Technologien zu ermöglichen, einen Massenmarkt zu bedienen, was zwei Folgen hat: Zum einen werden Lernkurven ermöglicht, die Technologie kann sich also schnell weiter entwickeln, wodurch sie billiger wird. Zum anderen sind durch einen hohen Absatz Skaleneffekte möglich, die ebenfalls preissenkend wirken.
Das EEG schafft also mit seinen drei Säulen - Einspeisevorrang für Erneuerbare, 20 Jahre garantierte Vergütungen für getätigte Investitionen sowie Degression der Vergütungssätze - Rahmenbedingungen, die ansonsten chancenlose Technologien zur Marktfähigkeit führen können. Dies gilt insbesondere für Photovoltaik (PV), deren Preise heute nur noch einen Bruchteil derjenigen ausmachen, die noch vor 10 Jahren zu zahlen waren.
Zu berücksichtigen bei der Kostendebatte ist auch, dass sich fossile Energien beim Einkauf und Investition ständig verteuern. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums sind die Preise für Steinkohlekraftwerke von 2005 bis 2010 um mehr als 40 Prozent gestiegen. Photovoltaik-Anlagen wurden laut Bundesverband Solarwirtschaft hingegen von 2006 bis 2012 um 66 Prozent günstiger.
Die PV ist für eine zukunftsfähige Energieversorgung deshalb so wichtig, weil sie die am wenigsten konfliktbeladene Erzeugungsform ist. So ist ihre Präsenz in der Landschaft deutlich unauffälliger als bei der Windkraft. Eine Konflikt „Tank oder Teller“, wie bei der Biomasse, existiert auch nicht. Zudem ist die PV im Betrieb praktisch wartungsfrei und darüber hinaus auch sehr kleinteilig zu produzieren. Beides macht die Windkraft für „normale Haushalte“ erschwinglich und handhabbar. Da der Umstieg auf eine regenerative Energieversorgung alternativlos ist, ist es also eine konsequente Entscheidung, diese Art der Erzeugung über das EEG entsprechende Entwicklungschancen einzuräumen.
Ein Quotenmodell führt darüber hinaus zu deutlich weniger Sicherheit für Investoren als eine garantierte Einspeisevergütung, da nie klar ist, ob eine mit hohem Aufwand entwickelte Technologie überhaupt zum Zuge kommt. Darum werden Risikomargen fällig, die am Ende die Kunden bezahlen müssen. Unter dem Strich ist am Beispiel Großbritannien zu sehen, dass dort der Ausbau weniger dynamisch erfolgt und die Windkraft je kWh teurer ist als in Deutschland.
Die Strategie der LINKEN, dem Anstieg des Strompreises zu begegnen können sie dem Sieben-Punkte-Programm unserer Fraktion entnehmen, welches Sie unter http://www.nachhaltig-links.de/index.php/wirtschaft-und-politik/energiepreise/1200-wie-die-energiewende-sozial-wird finden. Im Kern geht es dort um folgende Punkte:
Zunächst sind jene Privilegien der Industrie abzubauen die unberechtigt sind. So kann nicht sein, dass große Stromverbraucher mit dem EEG Geld verdienen. Etwa weil sie von dem sinkenden Börsenpreis durch die Vorrangreglung des EEG profitieren, aber kaum EEG-Umlage zahlen. Einige Ausnahmen sind natürlich berechtigt, die LINKE will nicht leichtfertig Arbeitsplätze aufs Spiel setzen. Das können sie in unserem Antrag vom Frühsommer lesen, der unter http://dokumente.linksfraktion.net/drucksachen/25656_1708608.pdf zu finden ist.
Dann brauchen wir eine effektive Strompreisaufsicht im Endkundenbereich. Denn der Großhandelsmarkt und die Netze werden mehrfach überwacht – kein Wunder, die Industrie hat Interesse an niedrigen Strompreisen. Die Preisbildung für Endverbraucher interessiert dagegen offensichtlich Niemanden. Ebenfalls kein Wunder, denn da geht’s ja nur um die privaten Haushalte, und nicht um Konzerne. Die Preise für Haushaltsstrom liegen daher rund zwei Cent über dem Wert, der aus Marktdaten erklärbar wäre. Das muss ein Ende haben.
Darüber hinaus müssen die asozialen Stromsperren verboten werden. Über eine Abwrackprämie für Stromfresser sowie durch ein neues Stromtarifmodell wollen wir Effizienz und soziale Gerechtigkeit miteinander verbinden. Mehr Geld muss auch in die energetische Gebäudesanierung fließen. Nicht zuletzt muss die Stromsteuer gesenkt werden; ihre Lenkungswirkung ist marginal. Und als indirekte Steuer belastet sie übermäßig ärmere Haushalte. Das macht zwar die EEG-Umlage auch. Aber sie ist beim Umbau des Energiesystems das zielsicherste was es weltweit gibt. Die Vergütung geht direkt in mehr Klimaschutz durch Ökostrom. Denn vom Ziel her gedacht, ist das EEG im Strombereich die neue Ökosteuer.
Mit vielen Grüßen
Eva Bulling-Schröter MdB