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Frage von Klaus-Peter F. •

Frage an Erwin Sellering von Klaus-Peter F. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Sellering,

mit Befremden nehme ich als Kriminalist im Ruhestand den "Kuhhandel" der Justiz mit einem Schwerstkriminellen aus der Rotlichtszene Rostocks auf. Jedem Strafermittler der Polizei muß es die Zornesröte ins Gesicht treiben, wenn solche Maßnahmen der Justiz in MV Schule machen. Während Kleinkriminelle "gnadenlos" verfolgt und bestraft werden, die Verfahren gegen diese sind ja so schön einfach und auch ohne "teuren" Rechtsbeistand möglich, werden hier Menschen, die ihr Vermögen mit Straftaten ergaunert haben, mit Absprachen über Strafminderungen zur Vereinfachung und Verkürzung des Ermittlungsverfahrens belohnt. Wird hier der Grundsatz unserer Strafprozeßordnung hinsichtlich der Erforschung von Straftaten der Prozeßökonomie geopfert?

Ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren, daß solche Kungeleien das Vertrauen in unseren Rechtsstaat nicht befördern sondern eher genau das Gegenteil bewirken. Damit wird auch dem politischen Gegner aus dem rechten Spektrum hervorragend in die Hände gespielt.

Nun meine Fragen: Wird dieses Vorgehen in ähnlichen Fällen der Schwerstkriminalität zur Regel werden? Wird der Grundsatz unserer Strafprozeßordnung hinsichtlich der Erforschung von Straftaten und der Strafverfolgungsanspruch und damit die Strafverfolgungspflicht des Staates der Prozeßökonomie geopfert? Wie steht der Justizminister zu diesem Vorgehen seiner nachgeordneten Behörde, der Staatsanwaltschaft?

Mit freundlichem Gruß
Klaus-Peter Feuerhahn

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Sehr geehrter Herr Feuerhahn,

Sie werden verstehen, dass ich zu dem konkreten, noch laufenden Verfahren keine Stellung nehmen kann. Grundsätzlich ist es aber nicht zu beanstanden und vom Bundesgerichtshof ausdrücklich anerkannt, dass Strafverfahren auch einvernehmlich beendet werden können, wenn dabei in einem transparenten, rechtsstaatlichen Verfahren ein gerechtes Ergebnis erzielt wird. Mit gerecht meine ich, dass die Höhe der Strafe dem entsprechen muss, was ausgehend vom Tatvorwurf als angemessen und unter Berücksichtigung der konkreten Beweislage im Prozess als noch möglich erscheint.

Wie in allen anderen Bereichen der Justiz auch, in denen Lösungen im Einvernehmen mit den Beteiligten angestrebt werden, darf gerade im Strafprozess ein solches Vorgehen nicht aus Personalnot oder gar aus Bequemlichkeit erfolgen. Richtschnur muss immer sein, ob dadurch in dem ganz konkreten Fall das größtmögliche Maß an Gerechtigkeit erreicht wird. Es hat wenig Sinn, ein Verfahren über Jahre bis zum bitteren Ende durchzuführen, wenn sich am Schluss die bereits früher erkennbaren Beweisschwierigkeiten (Zeugen können sich plötzlich an nichts mehr erinnern) bewahrheiten, so dass gegen jede Überzeugung der Staatsanwaltschaft vielleicht sogar freigesprochen werden muss.

Nicht richtig ist, dass durch solche Verfahrensabsprachen durchweg die „Großen“ besser wegkommen als die „Kleinen“. Auch bei den „Kleinen“ wird häufig der Weg beschritten, ohne aufwendiges gerichtliches Verfahren zu der gerechten Strafe zu kommen, z. B. im Strafbefehlsverfahren oder bei der Einstellung eines Verfahrens wegen geringer Schuld gegen eine Geldbuße.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Erwin Sellering