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Erwin Rüddel
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Frage von Felix T. •

Frage an Erwin Rüddel von Felix T. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Rüddel,

Sie vertreten als direkt gewählter Abgeordneter Ihrer Partei den Wahlkreis Neuwied im Bundestag. Aktuell wird berichtet, dass die Bundesregierung plant, die Autobahnen zu privatisieren. http://www.tagesschau.de/wirtschaft/autobahn-137.html
Hat man aus den bisherigen Privatisierungen nicht gelernt? Privatisierung öffentlicher Aufgaben findet nur dort statt, wo private Investoren Gewinne erwarten. Grundsätzlich entstehen die dazu erforderlichen Umsätze entweder aus Steuermitteln (z.B. frühere Privatisierungen im Bereich der Bundeswehr) oder von Gebühren, die von Nutzern erhoben werden. Oftmals erwachsen daraus Bezüge von Top-Managern, die mit den erheblich niedrigeren Beamtenbezügen nicht zu vergleichen sind und Jobs im Niedrig-Lohnbereich, hauptsächlich durch Leiharbeit oder Werkverträge (z.B. Post) Grundsätzlich gilt bei Privatisierung öffentlicher Aufgaben: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren.

Geht denn die Rechnung eines privaten Investors nicht auf, muß der Öffentliche Auftraggeber die Anteile des Privatiers teuer zurückkaufen... (wie z.B. bei der LH Bundeswehr). Die öffentliche Aufgabe fällt ja durch die Privatisierung nicht weg! Und Ihr Kollege, Herr Dobrindt, generiert jetzt durch die PKW-Maut mit "ökolgischen Komponenten" zusätzlich Belasungen für Autofahrer. Wie wollen Sie das dem Steuerzahler erklären und wie schützen Sie den Steuerzahler vor negativen Auswirkungen?

MfG Transfeld

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Sehr geehrter Herr Transfeld,

vielen Dank für Ihre Nachricht zum Thema Verkehr und Infrastruktur.

Ich persönlich sehe keine Notwendigkeit, private Unternehmen an der Bundesautobahngesellschaft zu beteiligen. Es ist auch falsch, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zu unterstellen, er wolle die Autobahnen privatisieren. Eine Bundesautobahngesellschaft ist sinnvoll, damit Planung und Bau der Autobahnen besser und schneller funktioniere als heute. Allerdings dürfen wir dabei nicht den Fehler machen wie bei der Deutschen Bahn, dass der Bund als Eigentümer nur schwer an relevante Informationen kommen kann. Bund und Länder hatten sich Mitte Oktober darauf geeinigt, dass künftig nur der Bund für den Bau und Betrieb der Autobahnen zuständig sein soll. Dazu soll eine privatrechtlich organisierte Infrastrukturgesellschaft des Bundes gegründet werden. Zuvor muss aber noch das Grundgesetz geändert werden, was nur mit Zustimmung der Bundesländer geschehen kann.

Ich habe in Berlin erfolgreich dafür gekämpft, dass der Bund 160 Millionen für Investitionen in den Straßenbau meines Wahlkreises zur Verfügung stellt. Im neuen Bundesverkehrswegeplan sind unsere Anliegen (Straßenhaus, Gierenderhöhe, Leutesdorf, Willroth, Helmenzen, Weyerbusch, Hasselbach und Mudersbach) in Neuwied und in Altenkirchen optimal berücksichtigt. Das gilt für zahlreiche Ortsumgehungen in beiden Kreisen und insbesondere auch für die berechtigten Interessen von ‚Anschluss Zukunft‘ in Altenkirchen. Jetzt muss ich aber befürchten, dass das Land wieder nicht in der Lage ist, diese enormen Mittel sachgerecht zu verplanen und in konkrete Projekte umzusetzen. Das Mainzer Verkehrsministerium hat jetzt zu verstehen gegeben, dass es wohl keine Planungskapazitäten hat, um die Bundesmittel entsprechend einzusetzen, und das, obwohl die Planungskosten vom Bund refinanziert werden.

Es handelt sich eindeutig um ein Organisationsversagen. Dabei arbeitet der Landesbetrieb Mobilität (LBM) über seine Kapazitätsgrenzen hinaus. Seine Arbeit verdient ausdrücklich Lob. Es gibt einfach zu wenige Mitarbeiter, und statt aufzustocken, soll der LBM noch Mitarbeiter abbauen. Das Ganze ist ein Desaster - und das nicht erst seit gestern. Ursache ist letztlich der mangelnde Wille der Landesregierung in Mainz, sich mit Nachdruck, mit Überzeugung und mit voller Kraft für eine gute Infrastruktur in unserem ländlichen Raum einzusetzen.

Ich werde deshalb in Berlin energisch die Vorhaben unterstützen, die Zuständigkeiten der Länder in diesem Bereich deutlich zu beschneiden und dafür zu sorgen, dass der Bund das künftig selbst in die Hand nehmen kann.

Weil etliche Bundesländer - und das gilt in besonderem Maße auch für Rheinland-Pfalz - seit Jahren scheitern, wenn es um die zügige Sanierung und den Ausbau der Infrastruktur geht, obwohl der Bund die dafür notwendigen Mittel zur Verfügung stellt, soll der Bund künftig diese Aufgabe selbst übernehmen.

Derzeit gibt der Bund das Geld für Sanierung und Ausbau der Autobahnen und Bundesstraßen, die Länder sind für Planung, Bauen und Betrieb zuständig. In Artikel 90 des Grundgesetzes ist diese „Auftragsverwaltung“ verankert. Doch in den letzten Jahren konnten die Bundesmittel immer häufiger nicht abfließen, weil die Länder nicht in der Lage waren, rechtzeitig Planungen und baureife Vorhaben zu präsentieren.

Sanierung und Ausbau der Infrastruktur scheitern also nicht am Geld, sondern an der Fähigkeit, es auszugeben - zum Ärger des Bundes, der den Investitionsetat deutlich steigert, aber zur Kenntnis nehmen muss, dass die Länder unfähig sind, baureife Straßenprojekte vorzulegen.

Jetzt endlich gibt es eine Grundsatzeinigung über Planung und Bau von Fernstraßen: Künftig soll dafür zentral der Bund sorgen. Im Zuge der Neuordnung des Finanzausgleichs und der jüngsten Einigung über die künftigen Bund-Länder-Finanzbeziehungen wurde für die Verkehrswege in Deutschland die Schaffung einer Infrastrukturgesellschaft des Bundes beschlossen.

Dabei geht es um knapp 13.000 Kilometer Autobahn und ggfl. auch um die Einbeziehung von 39.000 Kilometern Bundesstraßen.

Bund und Länder haben eine „Reform der Bundesauftragsverwaltung mit Fokus auf Bundesautobahnen und Übernahme in die Bundesverwaltung“ vereinbart. Dazu soll eine „unter staatlicher Regelung stehende privatrechtlich organisierte Infrastrukturgesellschaft Verkehr“ eingesetzt werden.

Mit freundlichen Grüßen
Erwin Rüddel

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