Frage an Ernst Burgbacher von Dominik D. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Burgbacher,
Warum wird in Zeiten knappester Haushaltsmittel und litaneiartiger Sparappelle an die Bürger eine seit 1998 eingeführte und zu Recht bestehende Sparvorschrift aufgehoben die besagte, dass die Häuser früher durchschnittlich 1,5 Prozent pro Jahr und zuletzt noch 0,6 Prozent ihrer Stellen einzusparen hätten ?
Warum gibt es im Regierungsentwurf für den Haushalt 2010 keinerlei Vorgaben mehr, was diese Vorschrift betrifft?
Warum wird von der FDP, die vor der Wahl den Mittelstand mit Versprechen von „verantwortungsvollerm Umgang mit Steuergeldern“, von „drastischer Reduzierung des Beamten- und Ministerialapparates“, von „Streichung unnötiger Stellen“ sprichwörtlich „geködert hat, und nun, im Besitz von Regierungs- und Budgetverantwortung, genau das Gegenteil vorgelebt?
Vor der Wahl schoß sich Herr Niebel auf das Entwicklungsmininsterium ein und postulierte, wie unnötig und verschwenderisch dieses Haus agiere. Nun, da er dieses Ressort leitet, ist es plötzlich nun gar nicht mehr so schlecht.
Warum wird in einem personell nicht schlecht ausgestatteten Ressort nach zehn externen Stellenbesetzungen nun auch noch eine zusätzliche, hochdotierte „Stabsstelle für die Reform der Entwicklungsorganisationen“ mit der dazugehörigen Unterstruktur eingerichtet ?
Als Oppositionsführer wurde von Herrn Westerwelle bis kurz vor der Wahl noch Vorschläge aus dem sogenannten „Liberalen Sparbuch“ gemacht, nach denen jede Menge Staatsdienerposten gestrichen werden sollten. Auch der von der großen Koalition geschaffene Staatssekretär für Innenpolitik wurde von ihm, nach meiner Meinung zu Recht, scharf kritisiert. Seit Herr Westerwelle selbst Minister ist, ist von dem „Liberalen Sparbuch“ zumindest in seinem Ressort keine Rede mehr.
Warum wurde die von ihm so scharf kritisierte Staatssekretärspositionnicht nur erhalten, sondern deren Bezüge etatmäßig sogar um 32.000 Euro aufgestockt?
mit enttäuschten Grüßen
ihr Ex-FDP Wähler
Dominik Daul
Sehr geehrter Herr Daul,
mit den liberalen Sparbüchern hat die FDP-Bundestagsfraktion seit 2004 alljährlich über 400 konkrete Kürzungsanträge im Volumen von jeweils über 10 Milliarden Euro gemacht. Mit diesen Anträgen haben wir in den entsprechenden Jahren das aus unserer Sicht erbringbare Sparpotential in den jeweiligen Haushaltsjahren dokumentiert. Keine Oppositionsfraktion hat dies zuvor in diesem Umfang als Alternative zur Ausgabenpolitik der Regierung geleistet. Diese parlamentarische Kritik und Alternative war und ist wichtig und richtig, um das Bewusstsein für einen maßvollen Umgang mit Steuergeldern der Bürger anzumahnen.
Auch als Regierungsfraktion im Deutschen Bundestag vollzieht die FDP- Bundestagsfraktion keine Abkehr von den vernünftigen Sparvorstellungen der vergangenen Jahre. Die möglichen Einsparungen dort zu erbringen, wo es vernünftig ist, bleibt weiterhin unser Ziel! Einige Einsparungen die wir früher vorgeschlagen haben, haben wir bereits jetzt, etwa im Haushalt des Bundesjustizministeriums, umgesetzt -- weitere Umsetzungen werden folgen. Darüber hinaus finden sich bereits im Haushaltsentwurf von Bundesfinanzminister Schäuble Anpassungen, die unsere Kürzungsanträge aus dem Jahr 2009 nachvollziehen. Auch deshalb war es möglich, die Nettokreditaufnahme im Entwurf trotz etwa der Erhöhung des Kindergeldes oder der steuerlichen Entlastung von Familien und Unternehmen nicht erhöhen zu müssen.
Mit dem Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2010 werden -- wie in der Presse zitiert - brutto rd. 1.800 neue Stellen bzw. Planstellen ausgebracht. Davon entfallen 347,3 Stellen bzw. Planstellen auf die die Ministerien bzw. sonstige Bundesoberbehörden (z.B. die Verfassungsorgane). Diesem Brutto-Aufwuchs stehen indes Einsparungen gegenüber wie z.B. der Wegfall von ca. 800 Stellen bzw. Planstellen. Mit dem Regierungsentwurf 2010 werden die gesetzlichen Stelleneinsparungen des Haushaltsgesetzes 2009 nachvollzogen: § 20 ? pauschale Einsparung in Höhe von 0,6 % der Planstellen und Stellen; § 21 ? Stelleneinsparung aufgrund der Verlängerung der Wochenarbeitszeit von Beamtinnen/Beamten: 0,4 % der Planstellen. Hieraus ergibt sich der Wegfall von insgesamt 1.566,2 Stellen bzw. Planstellen; davon 114,5 bei den Ministerien bzw. den sonstigen Bundesoberbehörden.
Nach unserer festen Überzeugung sind zur langfristigen Konsolidierung der öffentlichen Haushalte Wachstum und Sparsamkeit zwei Seiten einer Medaille. So müssen auch die notwendigen Entlastungen der Bürger und des Mittelstandes zur Stärkung von Wachstum und Beschäftigung von der Streichung unnötiger Ausgaben im Bundeshaushalt flankiert werden. Wenn wir so handeln, liegt zwischen der Reform zu einem einfacheren, niedrigeren und gerechterem Steuersystem und einer langfristigen Sanierung der Haushalte kein Widerspruch -- im Gegenteil: Mehr Wachstum und Beschäftigung sind Voraussetzung für dauerhaft gesunde Staatsfinanzen.
Mit freundlichen Grüßen
Ernst Burgbacher, MdB